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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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ist aus rotem Klinker gemauert, besitzt ein Walmdach und einen quadratischen Grundriss mit den Außenmaßen acht mal acht Meter – eine sogenannte Hamburger Kaffeemühle. Die Wohnräume sind mit Dielen ausgelegt, alte Holztreppen führen nach oben.
    An dem Haus ist seit 1932 fast nichts modernisiert worden. Im Keller steht Wasser, die Kellerwände sind überzogen mit Salpeter. Das Dach ist nie erneuert worden, an manchen Stellen regnet es durch. Auf der Rückseite sieht das Haus aus wie ein Industriegebäude, dort hat es nur zwei winzige Fenster, dafür eine braune Kunststofftür, durch die man von der Küche aus über eine kleine Balkonterrasse treppabwärts in den Garten gelangt.
    Wenn an dem Haus seit 1932 etwas modernisiert worden ist, dann nicht zu seinem Vorteil. Im Garten steht eine aus Asbestplatten und Wellblech zusammengeschusterte Doppelgarage. Zwischen Garage und Haus ist der Boden gepflastert mit den wellenförmigen Pflastersteinen, die man sonst auf Lidl- und Aldi-Parkplätzen findet. Die ursprünglich verbauten weißen Sprossenfenster sind in den Achtzigern durch Mahagonifenster ersetzt worden, über den Fenstern hängen graue, klobige Kästen, in denen sich die Außen rollläden befinden. Die Türen und Türrahmen im Innenraum sind mit Kunststofffolie in Holzoptik überklebt, die Zimmerdecken sind abgehängt, Bad, Gäste- WC und Küche sind in den Siebzigern hellblau und rosa gefliest worden. Auf dem Dachboden wurden aus Rigipsplatten zwei winzige Verschläge gezimmert, die als Kinderzimmer dienten. Alles in allem wirkt nicht nur das Haus selbst, sondern auch die Aura, die es verströmt, extrem sanierungsbedürftig. Sollte es darauf hinauslaufen, dass wir eines Tages zwischen diesen Mauern leben, würde ich darüber nachdenken, vor dem Einzug einen Exorzisten zu engagieren und ihn durch die Räume zu schicken, um Weihwasser zu verspritzen.
    Wenn Makler eine Immobilie anpreisen, indem sie ihr im menses Ideenverwirklichungspotenzial herausstreichen, dann meinen sie damit also: »Meine Fresse, damit daraus etwas halbwegs Bewohnbares wird, muss man massenhaft Fantasie, Arbeit und Geld reinstecken.«
    Dass wir das Haus trotzdem wollen, liegt daran, dass Sarah glaubt, »da könnte man schon was Schönes draus machen«.
    Sarah ist Architektin. Unsere Architektin.
    Sarah ist selbstständig, erst Anfang dreißig, trotzdem schon Chefin von sieben oder acht noch jüngeren Architektinnen, die in ihrem Büro am Hamburger Großmarkt arbeiten. Wenn sie über ihre Arbeit spricht, dann tut sie das in exakt dem gleichen Tonfall, mit dem Freundinnen mir von ihrem neuen Liebhaber erzählen. Zur Besichtigung von Frau Müllers Haus war Sarah in einem älteren schwarzen BMW vorgefahren. Sie trug eine sehr kleine schwarze Handtasche, sehr enge schwarze Hosen und sehr hohe schwarze Absätze. Auf den sehr hohen schwarzen Absätzen war sie unter abgehängten Decken durch überklebte Türrahmen in die rosa geflieste Küche gestöckelt und hatte mit einem strahlenden Lächeln zu Frau Müller gesagt:
    »Sehr schön, sehr schön, ein ganz schöner, symmetrischer Grundriss, eine tolle Bausubstanz. Ach ja, die überklebten Türrahmen, das war todschick in den Siebzigern, nicht wahr? Und hier haben Sie Ihre Kindheit verbracht?«
    In einem unbeobachteten Moment hatte sie mir zugeflüstert: »Egal wie scheußlich man ein Haus findet oder das, was daraus gemacht wurde – niemals darf man die Besitzer das spüren lassen. Mit Menschen, die einen kränken, macht man keine Geschäfte.«
    Nach der Besichtigung hatte sie gesagt: »Da könnte man schon was Schönes draus machen. Ich denke mal drüber nach, was das ungefähr kosten würde. Ihr ruft beim städtischen Gutachterausschuss an, Nummer steht im Internet, und findet heraus, was Grundstücke in dieser Gegend ungefähr wert sind. Dann würde ich das Haus noch mal grob von einem Baugutachter schätzen lassen, den kann ich euch vermitteln. Am Ende haben wir dann einen Preis, den ihr bieten könnt.«
    »Keinen Cent extra bezahle ich dafür, dass ich jetzt eine Maklerin anrufe, die uns ein Haus verkaufen will, das sie uns nicht mal mehr zeigen muss!«, sagt mein Mann.
    Er ruft die Maklerin an. Er macht ein neues Angebot, das weit unter dem liegt, was wir Frau Müller Monate zuvor geboten haben.
    Er sagt: »Und zwar inklusive Courtage. Letztes Angebot. Mehr zahlen wir nicht.«
    Er klingt freundlich, aber bestimmt, so als hätte er nie im Leben etwas anderes getan, als über Hauspreise zu

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