Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
erstrecken, erhält man als Bauherr Abschlagsrechnungen – das heißt, nach jedem Leistungsabschnitt muss der Bauherr einen entsprechenden Teil der Gesamtsumme bezahlen. Ist der Handwerker mit der Arbeit fertig, stellt er die Schlussrechnung, die man als Bauherr tunlichst erst dann begleicht, wenn man das Resultat zusammen mit der Bauleitung abgenommen hat und alle eventuellen Mängel behoben sind. Der Tag der Abnahme gilt üblicherweise als Beginn der gesetzlichen fünfjährigen Gewährleistungsfrist: Baumängel und daraus folgende Schäden, die innerhalb dieser Frist auftreten, muss der verantwortliche Handwerksbetrieb auf eigene Kosten beheben.
Hat Katja eine Rechnung freigegeben, sorgen wir dafür, dass sie bezahlt wird: Dazu müssen wir einen ausgefüllten Überweisungsträger mit einer Kopie der dazugehörigen Rechnung an die Bank weiterleiten. Leiht man sich für den Bau oder Umbau eines Hauses zweihundertfünfzigtausend Euro, ist es nämlich nicht etwa so, dass die Bank einem die Viertelmillion aufs Girokonto überweist, damit der Bauherr nach Lust und Laune darüber verfügen kann. Die Bank möchte schließlich ganz sicher sein, dass man die zweihundertfünfzigtausend Euro für den Neu- oder Umbau eines Hauses ausgibt – und nicht für einen fetten Maserati, eine neue Identität auf einer Südseeinsel oder um die Altschulden beim Koksdealer zu begleichen. Das Haus ist der Gegenwert, mit dem die Bank die Kreditvergabe absichert, und wenn am Ende das Geld weg, aber kein neues Haus da ist, dann guckt die Bank dumm aus der Wäsche. Darum müssen alle Überweisungen samt dazugehörigen Rechnungen über den Schreibtisch des zuständigen Bankmitarbeiters laufen.
Weil mein Mann geschworen hat, sich um alle Bankangelegenheiten zu kümmern, füllt er mehrere Abende pro Woche Überweisungsträger aus und steckt sie in Briefumschläge, ich trage die Umschläge zur Post – zusammen mit den diversen anderen Formularen, die wir als Bauherren andauernd »bitte ausgefüllt zurückschicken« müssen: Wir müssen den genauen Baubeginn beim Bauamt anzeigen, wir müssen eine Bauherrenhaftpflichtversicherung abschließen, wir müssen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft regelmäßig mitteilen, welche Handwerksbetriebe welche Ar beiten auf unserer Baustelle ausführen. Außerdem müssen wir ständig irgendwelche neuen Aufträge unterschreiben. Schnell kaufen wir die Briefmarken nicht mehr im Zehnerheftchen, sondern in der »praktischen 100er-Spenderbox für Vielversender«.
Vermutlich müssten wir, das hat Katja kurz vor Baubeginn gesagt, auch noch einen SiGeKo, einen »Sicherheits- und Gesundheitskoordinator« mit dem Aufstellen eines »Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes nach §3 (2) Nr. 2, BaustellV« und dem »Überwachen der Anwendung der Sicherheitsvorschriften und sicherheitstechnischer Arbeits anweisungen bei 14-tägiger Baustellenbegehung« beauftragen.
»Was heißt hier vermutlich?«, habe ich Katja gefragt.
»Vermutlich heißt, dass man als Bauherr laut Baustellen verordnung ab einer bestimmten Baustellengröße einen SiGeKo haben muss – wenn also auf der Baustelle eine bestimmte Menge von Gesamtarbeitsstunden überschritten wird oder mehr als soundso viele Handwerker gleichzeitig auf der Baustelle arbeiten. Bei euch kann man nicht genau absehen, ob ihr einen SiGeKo braucht oder nicht – ihr liegt knapp über oder unter der Grenze. Wir sind jedenfalls verpflichtet, euch darauf hinzuweisen, dass ihr möglicherweise dazu verpflichtet seid, einen SiGeKo zu beschäftigen«, hat Katja geantwortet.
»Aha«, habe ich gesagt, »und was macht der SiGeKo so?«
»Der stellt einen Plan auf, was die Arbeiter tun müssen, damit es auf eurer Baustelle sicher ist, und dann kommt er regelmäßig vorbei und prüft, ob dieser Plan eingehalten wird«, hat Katja erklärt und die entscheidende Information unaufgefordert mitgeliefert. »Wir haben hier ein Angebot von einem Ingenieurbüro. Bei einer voraussichtlichen Baudauer von acht Monaten wollen die gut dreitausend brutto.«
»Du meinst, der SiGeKo teilt den Bauarbeitern schriftlich mit, was ihnen keiner zu sagen braucht, nämlich dass sie auf einer Baustelle einen Helm tragen müssen und so was – und alle vierzehn Tage kommt er vorbei und schimpft mit ihnen, wenn er sie ohne erwischt, und dafür sollen wir dreitausend Euro bezahlen?«
»So ähnlich«, hat Katja gesagt.
»Nö«, habe ich gesagt. »Es reicht. Wir wollen keinen SiGeKo, bei uns kann keiner tiefer
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