Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
im Krankenhaus oder so.«
»Wer weiß, vielleicht ist er tot«, sage ich und denke: Na, warte, Burschen wie dich durchschaue ich allmählich. »Gib mir mal seine Nummer, bitte.«
Am liebsten würde ich Herrn Jacobs sofort zur Hölle jagen. Leider jedoch wird er noch dringend auf Erden gebraucht, und zwar von uns, weil auf die Schnelle kein Ersatz für ihn zu finden wäre und ich spätestens in vierzehn Tagen gerne wenigstens eine benutzbare Dusche im Haus hätte. Ich rufe ihn von meinem Handy aus an. Die Nummer kennt er noch nicht. Herr Jacobs geht sofort ans Telefon. Er klingt, als er seinen Namen nennt, gar nicht krank, sondern sehr munter.
»Hallo Herr Jacobs«, sage ich. »Da bin ich aber froh, Ihre Stimme zu hören. Geht es Ihnen gut? Mein Gott, wir dachten schon, Ihnen ist etwas ganz Schlimmes passiert. Frau Sendler versucht seit Tagen, Sie zu erreichen.«
»Die wollte ich eben anrufen, ich war gerade dabei, ihre Nummer rauszusuchen«, sagt Herr Jacobs. Ja ja, denke ich, und ich bin die Kaiserin von China.
»Und wer sind jetzt Sie?«, will Herr Jacobs wissen. Er klingt wenig begeistert. »Wieso rufen Sie mich an?«
»Ich bin Ihre Auftraggeberin, die Bauherrin«, sage ich. »Ich dachte, ich kümmere mich mal selbst um Sie. Es eilt nämlich ein bisschen. Wir ziehen in zwei Wochen ein, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Also rufen Sie bitte bei Frau Sendler an und sagen ihr, wann Sie kommen werden, um Ihre Arbeit zu machen.«
Fünf Minuten später meldet Herr Jacobs sich bei Katja. Er beschwert sich darüber, dass sie, nachdem sie ihn ganz unnötigerweise mit Anrufen und E-Mails bombardiert habe, ihm nun auch noch die Bauherren auf den Hals hetze.
»Herr Jacobs«, antwortet Katja, »korrigieren Sie mich, wenn ich falschliege, aber ich glaube, die Bauherren sind jene Menschen, von denen Sie eine Menge Geld bekommen, sobald die Bäder fertig gefliest sind. Die werden sich doch mal ein bisschen Sorgen machen und Sie anrufen dürfen, wenn Sie tagelang unentschuldigt nicht zur Arbeit erscheinen.«
Am gleichen Tag verschickt Katja einen letzten, aktualisierten Zeitplan an alle Gewerke, die noch im Haus zu tun haben: In dem Zeitplan steht, dass die Fliesenarbeiten eine Woche vor unserem Einzug abgeschlossen sein müssen, damit am Montag und Dienstag vor dem Einzug die »Endmontage Sanitär« stattfinden kann – die Montage aller Waschbecken, Toiletten und Armaturen. Am Mittwoch soll auch der allerletzte Handwerker raus sein aus dem Haus.
»Das schreibe ich da einfach mal rein, um Druck zu machen«, sagt Katja. »Dann haben wir notfalls noch einen Tag Reserve für kleinere Arbeiten.« Am Donnerstag werden die Gebäudereiniger kommen. Der letzte Punkt des Zeitplans ist in gefetteten Buchstaben aufgeführt: »Umzug Bauherren Freitag, 24. 06.«
»Ganz schön Arsch auf Eimer«, sagt mein Mann.
Eine Woche vor dem Einzug: Nachdem der Boden im Haus verlegt worden war, hat es dort ein wahres Feuerwerk an Fortschritten gegeben. All die vielen Entscheidungen, die wir in den letzten Monaten auf dem Papier fällen mussten, sind binnen weniger Tage Wirklichkeit geworden. Es fühlt sich an wie eine Belohnung. Die Küche ist montiert und sieht fantastisch aus. Die Bücherregale und Einbauschränke sind eingebaut, ebenfalls wunderschön. Ein Regal muss aller dings später noch lackiert werden. Wir haben jetzt Zimmertüren, auch die Schiebetür zwischen Elternbad und Schlaf zimmer ist da. Herr Lütjen, der sympathische Elektriker, hat die »Endmontage Elektro« abgeschlossen, alle Lampen, Lichtschalter, Strom- und Netzwerksteckdosen funktionieren, nur die Türklingel fehlt noch. Die Maler sind später als geplant, aber rechtzeitig mit dem Streichen der Wände und Fußleisten fertig geworden.
Unzählige Kleinigkeiten – die Balkonbrüstung, die Außen leuchten, die Feuerschutzvorlage für den Kamin, die Schornsteinverkleidung, alle möglichen Fugen – fehlen allerdings noch. Außerdem fehlen noch ein paar große Sachen: Für die Abdichtung des Fundamentsockels, für sämtliche Außenanlagen inklusive Schuppen, Zaun und Gartentor, für Planung und Ausführung all dieser Arbeiten hat die Zeit nicht gereicht. Das Haus steht in einer fünfhundertsiebenundfünfzig Quadratmeter großen, mit Bausand gefüllten Sandkiste. Aber egal. Das Haus ist eine Woche vor unserem Umzug ausgestattet mit allem, was man als Familie zum Leben braucht. Nun, mit fast allem. Das Kinderbad ist immer noch nicht fertig gefliest. Es gibt weder
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