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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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haben uns richtig heftig gestritten.«
    Der Obergebäudereiniger kommt zu mir und sagt, dass er und seine Leute jetzt gehen werden. Es lohne sich nicht, weiter sauber zu machen, solange die Handwerker noch im Haus seien. Ich solle mich nach dem Einzug melden, dann kämen sie noch einmal.
    »Heute werden die fertig, dafür sorge ich«, sagt Katja. »Und wenn die die ganze Nacht hier schuften. Aber eine Sache noch, die ich dir zeigen muss, bitte nicht erschrecken, ist bestimmt nichts Dramatisches.«
    Es tropft aus der Lampe über dem Küchentresen.

    Baunebenkosten inkl. MwSt.:
    Übertrag 68.307,66 €
    Bauendreinigung 696,15 €
    Zwischensumme 69.003,81 €

Teil 5

Der Einzug
    Am Abend unseres Umzuges sitzen wir zu zehnt um den Esstisch in unserer neuen Küche herum. Meine Eltern, meine Schwiegermutter, meine zwei Schwestern und meine Nichte sind gekommen. Das haben mein Mann und ich uns gewünscht: Dass abends alle kommen, jeder etwas zu es-sen mitbringt und wir in großer Familienrunde den Einzug feiern. Um uns herum stehen: unausgepackte Umzugskartons. Auf dem Tisch stehen: ein Topf Szegediner Gulasch, Salzkartoffeln, selbstgemachte Pizza, ein asiatischer Glasnudelsalat, eine Schüssel rote Grütze und viele halb leere Bierflaschen. Genau in der Mitte des Tisches steht: ein blauer Fünf-Liter-Plastikeimer mit einer Handbreit Wasser darin. In den Plastikeimer fällt alle dreißig Sekunden ein Wassertropfen.
    Es tropft jetzt nicht nur aus dem Loch in der Rohbetondecke, aus dem das Lampenkabel über dem Küchentresen ragt. Es tropft auch aus der Kabeldurchführung über dem Esstisch. Die Stimmung in der Runde ist prächtig, der Hunger ist groß.
    Ich bin, Gott sei Dank, in meinem bisherigen Leben von echten Schicksalsschlägen verschont worden. Ein paar richtig beschissene Erfahrungen habe auch ich allerdings schon machen müssen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, eine schlimme Nachricht zu erhalten: Das Herz zieht sich zusammen. In den Ohren fängt es an zu rauschen. In der Magengegend bildet sich ein Klumpen. Es wird einem abwechselnd heiß und kalt. Im Hirn ist Platz für nur einen einzigen Gedanken: Oh nein, das darf nicht wahr sein!
    Ich weiß nicht, ob das bei anderen auch so ist, aber bei mir ist es so: Wenn die ganze Wahrheit zu schlimm ist, um sie binnen zehn oder zwanzig Minuten halbwegs zu verdauen, dann weigert sich meine Psyche zunächst, ihr vollständiges Ausmaß anzuerkennen. Meine Psyche verschränkt dann die Arme und beschließt, die Wahrheit nur häppchenweise schlucken zu wollen. Damit diese Taktik aufgeht, muss die Psyche ignorieren, was der Verstand zu sagen hat.
    Der Verstand sagt zum Beispiel: »Wenn es erst aus der einen, dann auch noch aus der anderen Lampe tropft und an der Zimmerdecke ein feuchter Flecken erscheint, dann sollte man keinesfalls sehr gut gelaunt im Kreis seiner Verwandten am Tisch sitzen und das extrem leckere Szegediner Gulasch seiner Schwiegermutter in sich hineinstopfen. Man sollte stattdessen jeden Appetit verlieren, extrem beunruhigt sein und auf der Stelle alle Hebel in Bewegung setzen, damit schnellstmöglich jemand kommt, der dieses Problem behebt.«
    Meine Psyche aber antwortet: »Pah. Ich lasse mir den Einzug ins neue Haus, diesen großen Tag, auf den ich mich fast eineinhalb Jahre gefreut habe, doch nicht von ein paar blö den Wassertropfen verderben. O.k., da stimmt was nicht, das sehe ich ein. Aber Morgen ist auch noch ein Tag. Und immerhin, haha, tropft es aus der Lampe über dem Küchentresen genau in die Spüle. Praktisch, oder?«
    Gestern Mittag standen wir zu viert in der Küche herum und starrten auf die tropfende Küchentresenlampe – Katja, der Fliesenleger Herr Jacobs, ein Gebr.-Nadler-Installateur und ich.
    »Ach du Scheiße«, sagte ich und starrte. »Was ist das denn?«
    »Oh, oh«, sagte der Fliesenleger und starrte.
    »Reg dich nicht auf, Julia, es gibt für alles eine Erklärung, und die müssen wir jetzt finden«, sagte Katja und starrte. »Das ist wie Detektivarbeit. Gestern, am Mittwoch, war noch alles trocken. Was ist seitdem passiert, dass es heute plötzlich tropft?«
    Ich dachte nach. Gestern Abend waren wir mit den Kindern im Haus.
    »Gestern Abend sind wir das allererste Mal aufs Klo gegangen«, sagte ich. »Auf das Klo im Kinderbad. Das weiß ich genau, weil es ein sehr feierlicher Augenblick war. Vielleicht hängt es damit zusammen?«
    Der Installateur von Gebr. Nadler starrte auf die tropfende Küchenlampe und sagte: »Nee, am Klo

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