Ich hab dich im Gefühl
Tapeten, die bereits zum dritten Mal aus der Mode gekommen waren. Insgesamt ein ziemlich abstoßendes Gebäude, in das man eine Unmenge Geld stecken musste, aber wir verliebten uns auf Anhieb in es, als wir auf der Stelle standen, an der jetzt Linda und ihr Ehemann stehen.
Damals hatten wir alles noch vor uns, damals, als Conor noch der Conor war, den ich liebte, und ich mein altes Ich – ein perfektes Paar. Dann wurde Conor zu dem, der er heute ist, und aus mir wurde die Joyce, die er nicht mehr liebt. Während das Haus immer schöner wurde, entwickelte sich unsere Beziehung in die entgegengesetzte Richtung und wurde immer hässlicher. In unserer ersten Nacht in unserem neuen Heim wären wir auch auf einem völlig katzenhaarverseuchten Teppich glücklich gewesen, aber dann versuchten wir jedes Detail, das in unserer Ehe nicht stimmte, damit zu reparieren, dass wir eine neue Couch kauften, die Türen restaurierten oder die zugigen Fenster erneuerten. Wenn wir doch nur so viel Zeit und Mühe in uns selbst gesteckt hätten! Aber wir kamen beide nie auf die Idee, dass wir statt der zugigen Fenster lieber unsere zugige Beziehung in Ordnung bringen sollten. Und so fegte der Wind durch die immer größer werdenden Ritzen, und niemand kümmerte sich darum, bis wir eines Morgens mit eiskalten Füßen aufwachten.
»Ich führe Sie gern hier unten herum, aber … äh …« Ich blicke zur Kinderzimmertür hinauf, aber das Zimmer vibriert nicht mehr wie damals, als ich zum ersten Mal zurückgekommen bin. Jetzt ist da nur eine Tür, still und stumm. Eine Tür eben. »Oben können Sie sich dann selbst ein bisschen umsehen.«
»Wohnen die Eigentümer noch hier?«, fragt Linda.
Ich schaue mich um. »Nein. Sie sind schon lange weg.«
*
Unterwegs zur Toilette inspiziert Justin alle Namensschildchen an den Türen des Korridors und hält Ausschau nach Sarahs Büro. Er hat keine Ahnung, wo er anfangen soll, aber wenn er die Akte finden kann, die sich mit der Blutspende im Frühherbst am Trinity College befasst, kommt er der Sache vielleicht näher.
Dann entdeckt er ihren Namen und klopft leise an die Tür. Als keine Reaktion erfolgt, geht er hinein, schließt die Tür schnell und leise hinter sich und blickt sich um. Auf den Regalen türmen sich die Akten. Er saust hin und fängt an, sie durchzusehen. Kurze Zeit später dreht sich der Türknauf. Er legt die Akte in Windeseile zurück, wendet sich zur Tür um und erstarrt. Schockiert blickt Sarah ihn an.
»Justin?«
»Sarah?«
»Was machst du denn in meinem Büro?«
Du bist ein gebildeter Mensch, also lass dir was Schlagfertiges einfallen.
»Ich hab wohl die falsche Tür erwischt.«
Wieder verschränkt Sarah die Arme vor der Brust. »Warum sagst du mir jetzt nicht endlich mal die Wahrheit?«
»Ich war auf dem Rückweg und hab deinen Namen an der Tür gesehen. Da dachte ich, ich seh mich mal ein bisschen um, wie es hier so ist. Weißt du, ich finde, ein Büro sagt sehr viel über einen Menschen aus, und ich dachte, wenn wir eine gemeinsame Zuk…«
»Wir haben aber keine gemeinsame Zukunft.«
»Oh. Verstehe. Aber wenn wir eine gemeinsame Zukunft
hätten
…«
»Nein.«
Sein Blick schweift über ihren Schreibtisch und fällt auf ein Foto von Sarah, auf dem sie die Arme um ein kleines blondes Mädchen und einen Mann gelegt hat. Eine glückliche Kleinfamilie am Strand.
Sarah folgt seinem Blick.
»Das ist Molly, meine Tochter.« Ihre Lippen werden schmal. Anscheinend ärgert sie sich, dass sie etwas gesagt hat.
»Du hast eine Tochter?« Er greift nach dem Rahmen, hält inne und sieht sie an, ob sie es ihm erlaubt.
Sie nickt, ihr Mund entspannt sich, und er nimmt das Bild.
»Sie ist wunderschön.«
»Ja.«
»Wie alt ist sie?«
»Sechs.«
»Ich wusste nicht, dass du eine Tochter hast.«
»Du weißt sowieso nicht sehr viel über mich. Bei unseren Verabredungen warst du nie lang genug anwesend, um über irgendwas außer über dich zu reden.«
Justin zuckt zusammen, sein Herz wird schwer. »Sarah, es tut mir so leid.«
»Das hast du schon gesagt, direkt bevor du in mein Büro gegangen bist und angefangen hast rumzuschnüffeln.«
»Ich hab nicht geschnüffelt …«
Ein Blick von ihr reicht, und er beißt sich auf die Lippen, ehe er eine weitere Lüge erzählt. Noch immer strahlt Sarah nichts Hartes oder Aggressives aus. Nur Enttäuschung. Anscheinend ist es nicht das erste Mal, dass ein Volltrottel wie Justin sie im Stich gelassen hat.
»Der Mann auf dem
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