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Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Foto?«
    Traurig betrachtet sie das Bild und stellt es dann zurück auf den Tisch.
    »Ich hätte dir gern schon früher von ihm erzählt«, sagt sie leise. »Genau genommen hab ich bei unseren beiden letzten Begegnungen zweimal dazu angesetzt.«
    »Tut mir leid«, sagt er schon wieder und fühlt sich dabei so klein, dass er kaum über den Schreibtisch sehen kann. »Aber jetzt höre ich zu.«
    »Hast du mir nicht gesagt, du müsstest zum Flughafen?«, gibt sie zu bedenken.
    »Richtig«, nickt er und macht sich auf den Weg zur Tür. »Es tut mir aber ehrlich furchtbar, furchtbar leid. Die ganze Sache ist mir entsetzlich peinlich und ich bin zutiefst enttäuscht von mir selbst.« Ihm wird klar, dass er das absolut ernst meint, vom Grunde seines Herzens. »Ich mache grade eine ziemlich seltsame Phase durch.«
    »Wer nicht. Wir müssen alle mit irgendwelchem Mist zurechtkommen, Justin. Aber bitte zieh mich nicht in deinen mit rein.«
    »In Ordnung.« Wieder nickt er und lächelt sie entschuldigend und verlegen an, ehe er ihr Büro verlässt, die Treppe hinunter und ins Auto hetzt. Inzwischen kommt er sich vor wie ein Zwerg.

Fünfunddreißig
    »Was ist das denn?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wisch doch mal drüber.«
    »Nein, mach du.«
    »Hast du so was schon mal gesehen?«
    »Ja, vielleicht.«
    »Was soll das heißen, vielleicht? Entweder hast du so was schon gesehen oder nicht.«
    »Fang jetzt bloß nicht an, den Klugscheißer zu spielen.«
    »Tu ich doch gar nicht, ich versuche nur, schlau daraus zu werden. Meinst du, das geht ab?«
    »Woher soll ich das denn wissen? Fragen wir Joyce.«
    Ich höre Linda und Joe auf dem Korridor gedämpft miteinander reden. Ich habe sie sich selbst überlassen und mir in der Küche einen Kaffee gekocht. Jetzt stehe ich am Fenster, trinke ihn schwarz und starre hinaus auf den Rosenstrauch meiner Mutter ganz hinten im Garten, sehe, wie die Geister von Joyce und Conor sich an einem warmen Sommertag im Gras sonnen, und höre, wie das Radio plärrt.
    »Joyce, dürfen wir Ihnen kurz was zeigen?«
    »Aber sicher.«
    Ich stelle die Kaffeetasse ab, passiere den Geist von Conor, der in der Küche Lasagne zubereitet – seine Spezialität! –, und den Geist von Joyce, der im Schlafanzug in ihrem Lieblingssessel fläzt und ein Mars isst. Langsam gehe ich in die Halle. Linda und Joe untersuchen auf allen vieren den Fleck vor der Treppe. Meiner Treppe.
    »Könnte Wein sein«, sagt Joe und schaut zu mir empor. »Haben die Eigentümer etwas über den Fleck gesagt?«
    »Äh …« Meine Knie werden ein bisschen wacklig, und einen Moment fürchte ich, meine Beine könnten unter mir nachgeben. Aber ich halte mich am Geländer fest und tue so, als würde ich mich zu dem Fleck hinabbeugen, um ihn genauer zu betrachten. Ich schließe die Augen. »Soweit ich weiß, ist er schon ein paar Mal gereinigt worden. Wären Sie denn überhaupt daran interessiert, den Teppichboden zu behalten?«
    Linda verzieht nachdenklich das Gesicht, blickt die Treppe hinauf und hinunter, durchs Haus, studiert mein Dekor mit gerümpfter Nase. »Nein, ich glaube nicht. Ich hätte lieber Holzdielen. Du nicht auch?«, fragt sie Joe.
    »Ja«, nickt er. »Schönes helles Eichenparkett.«
    »Ja«, stimmt sie zu. »Ich glaube, den Teppich würden wir nicht behalten.« Erneut rümpft sie die Nase.
    Es lag nicht in meiner Absicht, ihnen die Identität des Eigentümers vorzuenthalten – das wäre Blödsinn, denn auf dem Vertrag sehen sie sowieso alles. Aber ich bin davon ausgegangen, dass sie wissen, wem das Haus gehört, doch dem ist offenbar nicht so. Sie jetzt darauf hinzuweisen, wo sie nun schon die Ausstattung kritisiert haben, wäre für uns alle unangenehm.
    »Ansonsten scheint es Ihnen zu gefallen«, lächle ich und sehe in ihre Gesichter, die strahlen vor Aufregung und Freude, endlich ein Haus gefunden zu haben, in dem sie sich wohlfühlen.
    »O ja«, meint Linda ebenfalls lächelnd. »Bisher waren wir immer so pingelig, wie Sie ja wissen. Aber inzwischen hat die Situation sich verändert, wir müssen aus unserer Wohnung raus und so bald wie möglich etwas Größeres finden, weil wir sozusagen expandieren – na ja, weil
ich
expandiere«, scherzt sie nervös, und erst jetzt fällt mir die kleine Beule unter ihrem Shirt auf, wo sich der Bauchnabel hart und fest nach vorn stülpt.
    »Oh, wow …« Kloß im Hals, weiche Knie, Tränen in den Augen, alles bekannt, bitte lass den Augenblick schnell vorübergehen, bitte mach, dass sie

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