Ich hab dich im Gefühl
mit in die Oper«, sagt er schließlich.
»Du hast mich auch mitgenommen, als du mit Delilah Jackson ausgegangen bist«, wirft Al ein, der aufgehört hat zu hämmern. »Warum soll das jetzt was anderes sein?«
»Al, damals war ich zwölf.«
»Trotzdem«, beharrt er achselzuckend und macht sich wieder ans Hämmern.
»Was, wenn sie berühmt ist?«, fängt Doris wieder an. »O mein Gott, das könnte doch sein! Ich glaube, sie ist berühmt! Womöglich sitzt Jennifer Aniston in der ersten Reihe der Oper, und neben ihr ist ein Platz frei. O mein Gott, stellt euch das mal vor!« Mit großen Augen wendet sie sich an ihren Schwager: »Justin, du musst ihr unbedingt sagen, dass ich ihr größter Fan bin.«
»Stopp, stopp, erst mal langsam, du fängst ja schon an zu hyperventilieren. Wie in aller Welt kommst du denn darauf? Wir wissen ja noch nicht mal, ob es wirklich eine Frau ist. Du bist total besessen von Promis«, seufzt Justin.
»Ja, Doris«, unterstützt Al ihn. »Wahrscheinlich ist es ein ganz normaler Mensch.«
Justin verdreht die Augen. »Ja«, ahmt er den Ton seines Bruders nach. »Weil berühmte Leute nämlich nicht normal sind, sondern Unterweltwesen mit Hörnern und drei Beinen.«
Jetzt unterbrechen Al und Doris ihre Arbeit, hören auf zu hämmern und zu malern, und starren Justin an.
»Wir fliegen morgen nach Dublin«, verkündet Doris mit großer Entschiedenheit. »Dein Bruder hat Geburtstag, Justin, und ein Wochenende in Dublin in einem hübschen Hotel wie beispielsweise dem Shelbourne wäre doch das ideale Geburtstagsgeschenk von dir für ihn. Da wollte ich – ich meine, da wollte Al schon immer mal hin.«
»Ich kann mir das Shelbourne Hotel aber nicht leisten, Doris.«
»Na, dann nehmen wir eben irgendein anderes, am besten in der Nähe einer Klinik, falls er einen Herzanfall hat. Auf jeden Fall fliegen wir zusammen!« Aufgeregt klatscht sie in die Hände.
Siebenunddreißig
Ich bin auf dem Weg in die Stadt, denn ich bin mit Kate und Frankie verabredet, um mir ein passendes Kleid für die Oper zu kaufen. Da klingelt mein Handy.
»Hallo?«
»Joyce, hier ist Steven.«
Mein Chef.
»Ich hab gerade schon wieder einen Anruf bekommen.«
»Das ist toll, aber Sie müssen mir nicht jedes Mal Bescheid sagen, wenn Sie telefonieren.«
»Es war schon wieder eine Beschwerde, Joyce.«
»Von wem und weswegen?«
»Von dem Paar, dem Sie gestern das neue Cottage gezeigt haben.«
»Ja?«
»Die sind abgesprungen.«
»Oh, das ist aber schade«, sage ich, ohne ein Wort davon ehrlich zu meinen. »Haben sie auch gesagt, warum?«
»Ja, allerdings. Anscheinend hat eine bestimmte Person unserer Firma ihnen den dringenden Rat gegeben, sie sollten das historische Cottage ganz im Stil der damaligen Zeit restaurieren lassen und dafür ruhig Mehrarbeit verlangen. Und jetzt raten Sie mal, was passiert ist. Das Bauunternehmen war nicht im Geringsten an der Liste interessiert, auf der unter anderem stand …« – ich höre Papiergeraschel, und er zitiert: »›freigelegte Dachbalken, freigelegtes Mauerwerk, Holzofen, offener Kamin …‹ Die Liste geht noch eine ganze Weile weiter. Und deshalb sind die Interessenten jetzt abgesprungen.«
»Das klingt doch ganz vernünftig. Erscheint es Ihnen etwa sinnvoll, historische Cottages ohne die historischen Besonderheiten zu renovieren?«
»Wen kümmert das denn? Joyce, Sie sollten die Leute nur reinlassen, damit sie den Platz für ihre Couch ausmessen können. Douglas hatte ihnen das Haus schon verkauft, als Sie … als Sie nicht da waren.«
»Na, offensichtlich hat er das nicht getan.«
»Joyce, ich muss Sie dringend bitten, unsere Klienten nicht zu vergraulen. Muss ich Sie denn wirklich daran erinnern, dass Ihre Aufgabe nur darin besteht, Immobilien zu verkaufen? Wenn Sie das weiterhin nicht tun, dann …«
»Dann was?«, frage ich überheblich, und mein Kopf wird ganz heiß.
»Gar nichts«, wiegelt er ab und fährt etwas ruhiger fort: »Ich weiß, Sie haben eine schwere Zeit hinter sich«, setzt er hölzern hinzu.
»Diese schwere Zeit ist aber jetzt vorbei und hat rein gar nichts mit meinen Fähigkeiten als Immobilienmaklerin zu tun!«
»Dann machen Sie gefälligst Ihren Job!«
»Gut!« Ich klappe das Handy zusammen und starre aus dem Busfenster auf die Stadt. Grade mal eine Woche arbeite ich wieder und bin schon urlaubsreif.
»Doris, ist das denn wirklich nötig?«, stöhnt Justin aus dem Badezimmer.
»Ja, unbedingt!«, ruft sie. »Dafür sind wir hier.
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