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Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
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verschiedenen Vorhängen, um uns umzuziehen.
    Ich hängte das Kleid an einen Haken, zog Jeans und T-Shirt aus und freute mich, dass ich neue Unterwäsche gekauft hatte, sodass ich nicht gar so schlunzig aussah. Ich schlüpfte in das Kleid, befreite mein Haar aus dem Reißverschluss und rettete meine linke Brust, die kurzfristig im Oberteil feststeckte. Bitte schön. Hier einmal ziehen, dort einmal schieben, und fertig.
    „Komm schon, lass dich ansehen!“, rief Natalie ungeduldig.
    „Ta-da!“ Bereitwillig trat ich aus meinem Umkleideabteil.
    „Oh! Fabelhaft! Das ist wirklich deine Farbe!“, rief Natalie begeistert. Sie trug inzwischen ein anderes Brautkleid aus glänzender weißer Seide mit bravem Halsausschnitt und eng anliegendem, perlenbestickten Oberteil und bauschendem Rock. Margaret, schnell und effizient wie immer, stand bereits schmollend und umwerfend in Blassrosa da und wartete.
    „Komm her, Grace“, forderte Mom mich auf. „Stell dich neben deine Schwestern und lass dich ansehen.“
    Ich gehorchte. Stellte mich auf die kleine Empore neben die blonde elegante Natalie. Auf der anderen Seite stand Margaret mit ihrem goldroten stylischen Bob, dünn wie ein Jagdhund und mit ihren unwiderstehlichen Wangenknochen auf kesse Weise attraktiv. Meine Schwestern waren, schlicht gesagt, wunderschön. Geradezu umwerfend schön.
    Und dann war da ich. Wie ich im Spiegel sah, hatte mein Haar unter dem feuchten Wetter gelitten und vollführte seinen Wildes-Tier-Trick. Unter meinen Augen zeigten sich dunkle Ringe. (Wer konnte nach dem Mitanhören des elterlichenSexvorspiels schon schlafen?) In den letzten Monaten hatte ich dank meiner Trostsuche bei Ben & Jerry’s dickere Oberarme bekommen. Ich erkannte eine erschreckende Ähnlichkeit zu dem Foto unserer Urgroßmutter mütterlicherseits, die aus Kiew ausgewandert war.
    „Ich sehe aus wie Uroma Zladova“, kommentierte ich.
    Mom hob den Kopf. „Ich habe mich schon immer gewundert, woher du diese Haare hast“, murmelte sie überrascht.
    „Tust du nicht“, erwiderte Natalie treuselig.
    „War das nicht eine Wäscherin?“, fiel Margaret ein.
    Ich verdrehte die Augen. „Na toll. Nat ist Cinderella, Margs ist Nicole Kidman, und ich bin Oma Zladova, Wäscherin der Zaren.“
    Zehn Minuten später stand Birdie mit unseren Kleidern an der Kasse, Mom stöberte zwischen Schleiern, Margaret las in ihrem BlackBerry, und ich brauchte frische Luft. „Wir sehen uns draußen, Nat“, sagte ich.
    „Grace?“ Natalie legte eine Hand auf meinen Arm. „Das mit Wyatt tut mir leid.“
    „Oh“, erwiderte ich, „danke.“
    „Du wirst noch jemanden finden“, murmelte sie. „Der Richtige wird irgendwann kommen. Bald bist auch du an der Reihe.“
    Die Worte kamen wie ein Schlag ins Gesicht. Nein, schlimmer als die Worte war … verdammt, meine Augen brannten … das Mitleid. In der ganzen Zeit, seit Andrew und ich uns getrennt hatten, war Natalie voller Mitgefühl gewesen – und Schuld und sicher auch einer Menge anderer Gefühle, aber sie hatte mich nie bemitleidet. Nein. Meine jüngere Schwester hatte immer, immer zu mir aufgesehen, auch wenn es mir mal schlecht ging. Noch nie zuvor hatte sie mich so angesehen wie eben. Jetzt war ich die arme, bedauernswerte Grace.
    „Vielleicht werde ich nie den Richtigen treffen“, entgegnete ich spitz. „Aber, hey. Du und Andrew könnt mich dann ja als Kindermädchen engagieren, richtig?“
    Sie wurde blass. „Grace … So hab ich das nicht gemeint.“
    „Sicher“, sagte ich schnell. „Ich weiß. Aber du kennst mich,Nat. Single zu sein empfinde ich nicht als das Schlimmste auf der Welt. Es ist ja nicht so, als hätte ich ein Bein oder einen Arm zu wenig.“
    „Oh, nein! Natürlich nicht. Ich weiß.“ Sie lächelte unsicher.
    Ich atmete tief durch. „Ich … ich warte draußen.“
    „Schön. Wir sehen uns am Auto.“ Damit kehrte sie zu un serer Mutter und ihrem Brautkleid zurück.
    Als ich nach dem Kleiderkauf nach Hause kam, war ich ganz schlapp von der Anstrengung, Spaß gehabt haben zu müssen. Nach Birdie’s waren wir noch essen gewesen und hatten fröhlich Einzelheiten der Hochzeit geplant. Es waren noch andere Verwandte dazugekommen – Moms Schwestern und, herrje! auch Cousine Kitty, Königin der Frischverheirateten, die strahlte und schwärmte, wie wunderbar das Eheleben doch sei. Ihr drittes, wohlgemerkt … Beim ersten und zweiten Mal war es offenbar nicht so toll gewesen, aber das lag ja in der Vergangenheit, und nun

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