Ich habe mich verträumt
über meiner Schulter, Blickrichtung hinter meinen Rücken. Ich schlang meine Jacke um seinen Körper und dankte den Naturgewalten, dass mein kleiner dummer Hund, den ich bestimmt mehr liebte, als gut war, verschont geblieben war.
Den Naturgewalten und Callahan O’Shea. Er war an diesem kalten, regnerischen Abend mitgekommen und nicht eher gegangen, als bis wir meinen Hund gefunden hatten. Dabei hatte er außerdem darauf verzichtet, Floskeln von sich zu geben wie: „Ach, der kommt schon von allein zurück.“ Nein, Callahan war bei mir geblieben, hatte mich beruhigt und getröstet. Hatte den Müll aufgesammelt, den Angus ausgekippt hatte. Ich wollte etwas sagen, war aber nicht sicher, was. Als ich ihn von der Seite ansah, spürte ich mein Gesicht vor Hitze brennen.
Nun bogen wir in die Maple Street, und ich sah das Licht in meinem Haus. Ich blickte an mir hinunter. Callahan und ich waren nass bis auf die Knochen und von den Knien abwärts mit Schlamm bedeckt. Und mit seinem nassen, dreckigen Fell sah Angus mehr wie ein Wischmopp aus denn wie ein Hund.
Callahan bemerkte meinen Blick. „Warum kommt ihr nicht erst noch mit zu mir?“, schlug er vor. „Da könnt ihr euch den Dreck abwaschen. Dein Haus ist ja mehr ein Museum, stimmt’s?“
„Nein, kein Museum“, erwiderte ich. „Es ist nur sauber und aufgeräumt.“
„Sauber. Genau. Also, willst du mit zu mir kommen? Es spielt keine Rolle, wenn meine Küche schmutzig wird. Ich arbeite sowieso noch daran.“
„Gern. Danke.“ Ich hatte mich schon gefragt, wie es wohl in Callahans Haus aussah und was er dort tat. „Wie kommst du eigentlich voran? Mit der Renovierung und so?“
„Gut. Komm rein, ich führ dich rum“, bot er an, als könnte er meine Gedanken lesen.
Wir betraten das Haus durch die Hintertür. „Ich hole ein paar Handtücher“, sagte Callahan, zog seine Arbeitsstiefel aus und verschwand in ein angrenzendes Zimmer. Angus, den ichimmer noch auf der Schulter trug, gab einen Schnarchlaut von sich, und ich musste schmunzeln. Ich schlüpfte aus den dreckigen Gartenclogs, schob mir mit einer Hand das Haar aus dem Gesicht und sah mich um.
Callahans Küche war fast fertig. Vor einem neu eingesetzten Erkerfenster standen ein Tapeziertisch und drei unterschiedliche Stühle. Die Küchenschränke waren aus Walnussholz mit Glastüren, und die Thekenflächen aus grauem Speckstein. Wo die Armaturen eingesetzt werden mussten, klafften noch Löcher, aber es gab bereits einen Herd mit zwei Platten und einen Kühlschrank, groß wie ein Schlafsaal. Ich sollte ihn definitiv einmal zum Essen einladen, dachte ich. Wo er doch so nett zu mir war. Wo er so lieb meine Hand gehalten hatte. Wo ich ihn so heiß fand und mich nicht mehr erinnern konnte, warum ich ihn einst für eine schlechte Wahl gehalten hatte.
Er kam zurück. „Hier.“ Er nahm mir den schlafenden Hund ab und wickelte ihn in ein großes Handtuch. Er rubbelte ihm das Fell ab, sodass Angus den fremden Mann, der ihn da festhielt, schläfrig anblinzelte. „Nicht beißen“, warnte Callahan. Angus wedelte mit dem Schwanz. Cal schmunzelte.
Dann drückte er meinem Hund einen Kuss auf den Kopf.
Das war es. Ohne bewusst zu steuern, was ich tat, registrierte ich, wie ich meine Arme um Callahans Hals schlang, seine Baseballkappe abnahm, meine Finger in sein feuchtes Haar schob, Angus zwischen uns einquetschte und Callahan O’Shea küsste. Endlich.
„Das wurde aber auch Zeit“, murmelte er dicht an meinem Mund. Dann erwiderte er meinen Kuss.
23. KAPITEL
S ein Mund war warm und weich und hart zugleich, er fühlte sich stark an und heiß, und er leckte mein Kinn, während er mich küsste … oh, nein, Moment mal. Das war Angus, und Callahan lachte, ein tiefes, raues Lachen. „Okay, okay, warte“, murmelte Cal und wich zurück. Mit einer Hand hielt er Angus im Arm, mit der anderen umfasste er meinen Hinterkopf. Oh, Mist, mein Haar! Der Mann konnte darin einen Finger verlieren … Doch er löste sich behutsam von mir, setzte meinen kleinen feuchten Hund auf den Boden, richtete sich auf und sah mir in die Augen. Angus bellte einmal kurz, dann lief er irgendwohin davon, denn ich hörte seine Krallen über den Boden kratzen. Sehen konnte ich nichts außer dem Mann vor mir. Seinen wunderbaren, zum Küssen einladenden Mund, den leichten Schatten seines nachwachsenden Bartes, die an den äußeren Winkeln leicht abwärts geneigten, dunkelblauen Augen.
Oh, das waren Augen, in denen ich mich lange, lange Zeit
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