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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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Kuss auf die Wange. Dann federte er fröhlich davon. Ich blieb seltsam entmutigt sitzen.

    Meine Pension hätte ich in dieser Nacht nicht gebraucht. Ich duschte und wusch mir die Haare. Alles stank nach Rauch. Frau Damter rief an und bereitete mich auf einen Anruf vor. Ein Freund Louis Kampens wollte mich treffen. Ich erhoffte mir ein wenig Aufklärung und sagte zu. Mein Handy hatte seit gestern nicht geklingelt. Selbst Willy hatte sich nicht gemeldet. Umso besser. Der Brief lag still und noch harmlos auf meinem Bett. Den würde ja wohl kaum jemand öffnen? Zur Sicherheit schaute ich nach, ob er gut verschlossen war, und machte mich auf den Weg.
    Das Café, in dem ich gestern gegessen hatte, war mir sympathisch. Ich setzte mich und wartete auf den Anruf des Mannes, der mir vielleicht etwas mehr sagen konnte als die Damter. Nachdem ich mir Louis Kampens Foto hundert Mal angeschaut hatte, musste ich es zugeben. Ich war ihm eindeutig wie aus dem Gesicht geschnitten. Aber was hieß das schon? Vielleicht hatte er einen älteren Bruder, der mit meiner Mutter zusammen durchgebrannt war. Sämtliche Möglichkeiten wollten mir plausibler erscheinen, als das, was ich bis jetzt wusste.
    Karl Molter schien schon etwas älter zu sein. Seine freundliche Stimme krächzte wie die von Rumpelstilzchen. Wir verabredeten uns in einem Café um die Ecke. Während ich wartete, versuchte ich mir vorzustellen, wie meine Mutter als Liebhaberin gewesen sein musste. Es gelang mir nicht. In meiner Erinnerung war sie weich und voller Zärtlichkeit. Aber eben mütterlich. Und sie war nicht einfach nur konservativ. Aus Scham hatte sie in ihrem Leben keinen Frauenarzt aufgesucht. Als sie mal ein Kondom in meinem Zimmer fand, fragte sie erst, was das sei, und als sie es registrierte, ließ sie es vor Schreck fallen. Wenn Sexszenen in irgendwelchen Liebesfilmen auftauchten, die wir gemeinsam anschauten, fing meine Mutter an, über das Wetter zu reden, um die Peinlichkeit zu überbrücken. Und dieselbe Frau sollte eine Affäre mit einem so viel jüngeren Mann gehabt haben? Mit ihm geschlafen haben und wer weiß was noch alles? Es fiel mir schwer, mir überhaupt jemanden beim Sex vorzustellen, aber bei meiner Mutter war es unmöglich.
    Um auf andere Gedanken zu kommen, wollte ich mit jemandem reden und rief Willy an.
    „Clara? Wie geht es dir?“
    Willy hatte eine eigene Erkennungsmelodie für meine Anrufe in seinem Handy gespeichert. Immer wenn ich ihn anrief, musste ich daran denken, dass mein Foto auf seinem Display auf und ab blinkte und dazu ein bombenalarmiger Ton schrillte.
    „Bis jetzt ganz gut. Ich habe seine Wohnung gesehen und mir die Stadt ein bisschen angeschaut. Ich bleibe bis Donnerstag. Dann ist die Beerdigung. Und bei dir?“
    Die Geschichte mit Stefan sparte ich aus.
    „Ja viel los im Laden. Zum Glück. Wie war die Wohnung so?“, fragte Willy.
    „Kann ich schwer sagen. Normal. Er hat jedenfalls gern große Bilder gemalt. Ich weiß noch nicht viel. Du hast dich gestern gar nicht gemeldet?“
    „Ich war noch unterwegs nach der Arbeit.“
    Willy druckste rum.
    „Allein?“
    „Nein, kennst du nicht, mit einer Studentin. Hilft hier öfter aus. Charlotte.“
    „Uuuund?“
    „Weiß nicht. Nichts.“
    „Wie nichts? Verknallt?“
    „Nö.“
    Er hätte es mir nie im Leben gesagt.
    „Ich würde mich für dich freuen. Zeit wird’s. Ich melde mich wieder. Ciao Willy.“
    Es verunsicherte mich ein bisschen, dass Willy abtrünnig wurde. Zumal ich nicht wusste, um wen es sich bei dieser Charlotte handelte. Einerseits würde es unserer Freundschaft vielleicht guttun. Diese ewige Stimmung aus Pergament machte mir zu schaffen. Andererseits war ich dann nicht mehr die Nummer eins. Schmeichelt es nicht immer, wenn man verehrt wird? Ich hatte Willy gern. Doch unsere Beziehung fand eben nicht auf gleicher Augenhöhe statt. Darum lag immer eine leichte Aggressivität in der Luft. Also würde es vielleicht einfacher werden, wenn er sich verliebte. Es musste ja nicht unbedingt jemand sein, der mir das Wasser reichen konnte. Ich fand mich selbst unmöglich.
    „Clara?“
    Ein kleiner buckeliger Mann um die Siebzig schaute mich mit seinen winzigen braunen Augen an. Ich stand auf und streckte ihm die Hand entgegen.
    „Sie sind Karl Molter? Danke ...“
    „Junge Frau, das ist doch klar wie Kloßbrühe. Die Damter hat mich angerufen und mir gesagt, dass die Tochter von Louis in der Stadt ist. ‚Tochter?‘, habe ich gesagt. Ich bin fast vom Glauben

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