Ich haette dich geliebt
abgefallen. Der Louis hat 'ne Tochter und ich weiß nichts davon. Der Hund. So ein alter Hund.“
Er setzte sich kopfschüttelnd und bestellte ein großes Bier.
„Du siehst ihm ähnlich, dem Louis. Das ist doch verrückt. Ich würd' gern mal wissen, was er sich dabei gedacht hat, so ein hübsches Ding zu verheimlichen. Du kannst mich Karl nennen. Das wär ja noch schöner, wenn wir uns siezen.“
Karl stopfte sein Pfeifchen mit Tabak und schaute mich an wie ein außerordentliches Insekt.
„Ich weiß nichts über meinen Vater, meine Mutter war in dieser Sache nicht sehr gesprächig. Seit ein paar Tagen kenne ich seinen Namen. Und ich habe ein Foto. Ich glaube, dass da was nicht stimmt. Meine Mutter war um einiges älter als dieser Louis Kampen?“
„Das Alter spielt doch in der Liebe keine Rolle, mein Kind.“
Der kannte meine Mutter nicht.
„Waren Sie ... wart ihr gut befreundet?“
„Gut befreundet? Wir waren Blutsbrüder. Ich habe dem Louis ein paar mal aus der Scheiße geholfen und er mir auch. Er war der Jungspund und ich der große Bruder sozusagen. Ich bin bei seinen Eltern aufgewachsen. Als Pflegekind. Von einer Familie zur nächsten haben die mich buchsiert. Ich war ein Rotzbengel. Bei Louis' Eltern bin ich geblieben. Bis ich sechzehn war. Die haben's mit mir ausgehalten. Wegen Louis wahrscheinlich. Die sind beide schon tot. Sie hat der Krebs erwischt, und kurz danach ist der Alte auch übern Jordan. Das hat der nicht verkraftet. Waren nette Leute, die zwei.“
Karl zündete seine Pfeife neu an und trank sein Bier zur Hälfte aus. Dann fuhr er fort.
„Ich bin mit sechzehn weg nach Berlin. Hab 'ne Ausbildung zum Schreiner gemacht. Der Louis ging dann mit achtzehn in so ein kleines Kaff. Namen hab ich vergessen. Seine Alten wollten, dass er was Gescheites macht. Bei einer Bank, glaub ich. Er war kreuzunglücklich darüber. Er wollte ja zu mir nach Berlin. Künstler ... wollte er werden. Louis war ein gescheiter Kopf. Er hat Bücher gelesen, von denen ich nicht mal den Titel verstanden habe. Er hat es nicht geschafft, was draus zu machen. Er hat sich nix zugetraut. Ich glaube, deshalb hat er sich breitschlagen lassen. Wegen der Banklehre meine ich. Dann war er aber doch ganz schön lange dort. Drei Jahre so was. Viel weiß ich nicht aus der Zeit. Er hielt ein bisschen hinter dem Berg mit seinen Geschichten. Vielleicht hatte er da ein Mädchen. Wie gesagt, viel weiß ich nicht darüber.“
Karl schaute mich fragend an.
„Ja, aber mehr als ich wahrscheinlich. Dieses Kaff ist vielleicht meine Heimatstadt. Ich wurde dort vor siebenunddreißig Jahren geboren.“
„Muss so gewesen sein. Das kommt zeitlich mal hin.“
Karl trank sein Bier aus und schaute nachdenklich drein.
„Später ist er dann direkt nach Berlin zu mir. Ich kann dir sagen, der war komisch drauf auf einmal. Kein Wort hat er rausgebracht. Ich hab auch nicht viel gefragt. Weißt du, ich hab es immer gehasst, wenn die Leute mich ausquetschen wollten, über mein Leben. Nee nee. Und deshalb hab ich den Louis in Ruhe gelassen. Er hat dann in einer Kneipe gearbeitet. So nach und nach wurde es besser. Die Weiber hat er kirre gemacht, sag ich dir. Mit seiner verschrobenen geheimnisvollen Art. Alle hat er abblitzen lassen. Kannst du dir das vorstellen? Und unsereiner konnte sehen, wo er bleibt.“
Karl bestellte ein neues Bier. Er gluckste vor sich hin und dabei verschwanden seine winzigen Äuglein fast ganz.
„Na, eine hat er dann mal gehabt. Die Heidi. Hier bei uns war das. Kurz nachdem ich hierher gezogen bin, kam er nach. Er wollte angeblich weg von Berlin. Er hätte es nie zugegeben ... aber er hing wie eine Klette an mir. Ich war wohl seine einzige Familie irgendwie. Jedenfalls ... die Heidi hat er auf Sparflamme gehalten. Dieser Hund. Ich hätte sie ihm gern abgenommen. Lange hat sie es nicht mit ihm ausgehalten. Froh war der noch, als die Heidi sich trollte.“
Ich bestellte mir einen weiteren Espresso, obwohl ich wusste, dass mir dann schlecht werden würde. Zu viel Kaffee.
„Und wann war das? Diese Heidi, meine ich?“
„Das war kurz, nachdem er hier seine Zelte aufgeschlagen hat. Vor zehn Jahren, so was. Die Heidi ist immer noch hier. Quicklebendig. Und soweit ich weiß, hat sie sogar nochmal geheiratet. So einen alten Zausel wie mich. Stell dir vor.“
„Und hatte er denn einen Beruf oder etwas, womit er Geld verdient hat?“
„Geld ist zum Ausgeben da. Das hat er gesagt. Eine Zeit lang hat er überall und
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