Ich hasse dich - verlass mich nicht
und es folgen weitere Probleme. Wenn die Borderline-Merkmale nicht erkannt werden, wird die Fortsetzung der suizidalen oder der anderen destruktiven Verhaltensweisen trotz Behandlung für den Patienten, den Arzt und alle anderen Betroffenen rätselhaft und frustrierend sein.
Andrea, ein 23-jähriges Fotomodell, wurde in einer Klinik für Suchtkranke wegen ihres Alkoholismus behandelt. Sie reagierte sehr gut auf das Behandlungsprogramm, aber als sie sich vom Alkohol fernhielt, wurde sie immer stärker zwanghaft bulimisch. Sie wurde daraufhin in einer Abteilung für Essstörungen behandelt, wo die Behandlung wiederum erfolgreich war.
Einige Wochen später erlebte sie starke Angstepisoden in Geschäften, Büros und beim Autofahren. Schließlich konnte sie vor Angst nicht mehr das Haus verlassen. Neben diesen Phobien wurde sie immer depressiver. Als sie daran dachte, sich zur Behandlung ihrer Phobien stationär einweisen zu lassen, erkannte ein Psychiater, dass all ihre Symptome charakteristisch für die Borderline-Persönlichkeitsstörung waren, und empfahl stattdessen die Einweisung in eine psychiatrische Klinik, die sich auf Borderline-Patienten spezialisiert hatte. Während man sich bei den vorhergehenden Behandlungen nur auf den Alkoholismus oder die Bulimie konzentriert hatte, wurde in diesem Krankenhaus ihr Leben und die Behandlung ganzheitlich betrachtet.
Schließlich war Andrea in der Lage, die Verbindung ihrer Probleme mit ihrer anhaltenden ambivalenten Beziehung zu ihren Eltern wahrzunehmen, die sich ihren Versuchen, sich abzulösen, zu reifen und unabhängiger zu werden, entgegengestellt hatten. Sie erkannte, dass ihre verschiedenen Krankheiten in Wirklichkeit Mittel waren, um sich den Anforderungen ihrer Eltern ohne Schuldgefühle zu entziehen. Ihre Bulimie, das übermäßige Trinken und ihre Angstattacken nahmen all ihre Energie in Anspruch und lenkten sie davon ab, sich mit den Konflikten, die sie mit ihren Eltern hatte, auseinanderzusetzen. Außerdem bewahrte ihre Rolle der »Kranken« sie davor, an dieser Beziehung zu arbeiten. Die Krankheiten führten auch dazu, dass sie weiter an die Eltern gebunden war: Da ihre Eltern ernste Eheprobleme hatten (ihre Mutter war Alkoholikerin und ihr Vater litt unter chronischen Depressionen), konnte sie ihnen nah sein, indem sie ihre pathologischen Züge nachahmte.
Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt setzte sie die Psychotherapie ambulant fort. Ihre Stimmung besserte sich und ihre Ängste und Phobien lösten sich auf. Außerdem hielt sie sich weiter von Alkohol und Abführmitteln fern.
Andreas Fall zeigt, wie ein zerstörerisches, auffälliges Verhalten eigentlich eine zugrunde liegende Borderline-Persönlichkeitsstörung repräsentieren kann, in der eine oder mehrere Eigenschaften – instabile Beziehungen, Impulsivität, Stimmungsschwankungen, starker Zorn, Selbstmorddrohungen, Identitätsstörungen, Gefühle von Leere oder verzweifelte Versuche, Trennungen zu vermeiden – sich in Symptomen niederschlagen, die fälschlicherweise zu einer unvollständigen oder sogar falschen Diagnose führen können.
Fürsorge und Hilfe
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung eine Krankheit ist und nicht der bewusste Versuch, Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Betroffene kann sich einfach nicht aus eigener Kraft ändern. Es hat keinen Sinn, böse zu werden, ihm gut zuzureden oder zu betteln, dass er sich ändert. Ohne Hilfe und Motivation kann er sein Verhalten nicht einfach ändern.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Borderline-Persönlichkeit hilflos ist und für ihr Verhalten nicht zur Verantwortung gezogen werden sollte. In der Tat trifft genau das Gegenteil zu. Der Betroffene muss die realen Konsequenzen aus seinen Handlungen akzeptieren, ohne dass sie entschuldigt werden oder dass er beschützt wird, obwohl er am Anfang scheinbar nicht die Kraft hat, sie zu ändern. Darin unterscheidet sich die Borderline-Persönlichkeitsstörung in nichts von jeder anderen Behinderung. Ein Mensch, der im Rollstuhl sitzt, löst Mitgefühl aus, aber dennoch ist er verantwortlich dafür, eine Rollstuhlrampe zu finden, wenn er Ausflüge unternehmen möchte, und seinen Rollstuhl in einem guten Zustand zu halten, sodass er stets einsatzbereit ist.
Die extremen Verhaltensweisen der Borderline-Persönlichkeit führen meistens entweder zu einer harten Reaktion, etwa: »Du fauler, nichtsnutziger Mistkerl, reiß dich endlich zusammen«, oder zu
Weitere Kostenlose Bücher