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Ich hasse dich - verlass mich nicht

Ich hasse dich - verlass mich nicht

Titel: Ich hasse dich - verlass mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Kreisman
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konnte sie hochbeglückt sein, bis ihre Laune dann ohne jede Warnung in tiefste Verzweiflung umschlug. Ihre Eltern gaben ihrer Launenhaftigkeit nach, indem sie sie wie ein rohes Ei behandelten und ihre Reizbarkeit nie herausforderten. In der Schule kamen und gingen ihre Freundinnen, weil sie durch ihr unvorhersehbares Verhalten irritiert waren. Einige nannten sie »die Manisch-Depressive« und versuchten, sie aus ihrer Verdrießlichkeit zu locken.
    Ihr Mann Bernd sagte, dass er von ihrer »Freundlichkeit« und ihrem »Sinn für Spaß« angezogen wurde. Aber Melanies Verhalten konnte auf dramatische Weise vom Spielerischen zum Selbstmörderischen umschlagen. Ähnlich änderte sich ihre Beziehung zu Bernd, sie reichte von freudigem Teilen zu düsterer Isolation. Ihre Launen waren völlig unvorhersehbar und Bernd war sich nie sicher, ob er sie am Ende des Tages bei seiner Rückkehr überhaupt noch zu Hause vorfinden würde. Bisweilen hatte er das Gefühl, dass er das Haus erst betreten sollte, nachdem er seinen Hut auf einem Stock in den Flur gesteckt hatte, um zu sehen, ob er umarmt, ignoriert oder angegriffen werden würde.
    Bernd befand sich in einem typischen Borderline-Szenario, in dem er sich drehen und wenden konnte, wie er wollte, ohne es seiner Frau je recht zu machen. Wenn er auf ihre Depressionen einging, kam es auf ihrer Seite zu weiterem Rückzug und Zorn, aber wenn er sie ignorierte, schien dies fehlende Sorge auszudrücken. Die Stützung auf die SET-UP-Grundsätze würde sein Dilemma jedoch ansprechen, da darauf bestanden wird, dass Melanie erklärt, wie er (und andere) auf ihre Launen reagieren sollen.
    Für Melanie waren diese Stimmungsschwankungen, die auf verschiedene Medikamente überhaupt nicht ansprachen, genauso störend. Ihre Aufgabe war es, derartige Schwankungen zu erkennen, die Verantwortung für sie zu übernehmen und zu lernen, sich anzupassen, indem sie sie kompensierte. Wenn sie gerade depressiv war, konnte sie die Depression anschließend identifizieren und lernen, anderen in ihrer Umgebung zu erklären, dass sie sich in einer depressiven Phase befand und ihr Bestes geben würde, so gut wie möglich zu funktionieren. Wenn sie mit Menschen zusammen war, denen sie ihre Situation nicht gut erklären konnte, konnte sie Zurückhaltung üben und aktiv versuchen, einigen Forderungen, die an sie gestellt wurden, aus dem Weg zu gehen. Ein wichtiges Ziel wäre die Etablierung von Konstanz: beständige, verlässliche Einstellungen und Verhaltensweisen – sich und anderen gegenüber.
    Mit Impulsivität umgehen
    Impulsive Handlungen können für Freunde und Verwandte von Borderline-Persönlichkeiten äußerst frustrierend sein, besonders wenn es sich um selbstzerstörerische Handlungen handelt. Impulsivität ist besonders entnervend, wenn sie (was oft der Fall ist) an einem relativ stabilen Punkt im Leben der Borderline-Persönlichkeit auftritt. Tatsächlich können impulsive Verhaltensweisen besonders zum Vorschein kommen, weil das Leben sich einrenkt und die Borderline-Persönlichkeit sich in diesem krisenfreien Zustand dann nicht mehr wohlfühlt.
    Fred beispielsweise lebte in einer Ehe, die auf bequeme Weise langweilig war. Er und Barbara waren seit über 20 Jahren miteinander verheiratet und traten nur selten in Interaktion zueinander. Sie erzog die Söhne, während Fred sich für ein großes Unternehmen abrackerte. Sein Leben war ein selbstauferlegtes Gefängnis von täglicher Routine und zwanghaften Verhaltensweisen. Er brauchte stundenlang, um sich anzuziehen, damit seine Kleidung makellos saß. Bevor er abends ins Bett ging, ging er mehrere Rituale durch, um ein Gefühl von Kontrolle aufrechtzuerhalten – die Schranktüren mussten in bestimmter Weise offen stehen, das Waschbecken im Badezimmer musste sorgfältig gereinigt und Seife und Toilettenartikel mussten in einem bestimmten Muster angeordnet sein.
    Aber innerhalb dieser stark reglementierten Routine betrank Fred sich impulsiv, begann Streit oder verließ die Stadt plötzlich ohne Warnung für den ganzen Tag. Zweimal nahm er impulsiv eine Überdosis seiner Herzmedikamente, »um zu sehen, wie das ist«. Meistens nahm er Barbaras Zorn so auf, dass er trübsinnig und still wurde, aber ab und zu schlug er sie, oft wegen Kleinigkeiten. Er blieb mehrere Monate lang trocken und betrank sich dann wieder furchtbar, wenn man ihn für seine Abstinenz lobte. Seine Frau, seine Freunde und sein Berater redeten ihm gut zu oder drohten ihm, aber es

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