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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Schritt zu unserer heutigen Größe unternahm Owen Tudor, der Gewandmeister der Königin Katharina, der Witwe Heinrichs V. (Heinrich V. war Englands mächtigster Soldatenkönig; er hatte einen großen Teil Frankreichs erobert. Das war etwa siebzig Jahre vor meiner Geburt. Jeder gemeine Engländer weiß das heute; aber wird das immer so sein?) Heinrich und die Tochter des französischen Königs heirateten aus politischen Gründen und hatten einen Sohn, Heinrich VI ., der im Alter von neun Monaten zum König von England und Frankreich ausgerufen wurde. Aber nachdem Heinrich V. so plötzlich verstorben war, saß seine einundzwanzigjährige französische Witwe allein in England.
    Owens Aufgaben führten dazu, dass er ständig in ihrer Gesellschaft war. Er war hübsch; sie war einsam; sie heirateten, heimlich. Ja, Katharina (die Tochter eines Königs, Frau eines anderen, Mutter gar eines dritten) verunreinigte – sagen manche – ihr königliches Blut mit dem eines walisischen Buben. Sie hatten zwei Söhne, Edward und Jasper, Halbbrüder Heinrichs VI .
    Aber Katharina starb, als sie die Mitte der dreißig erreicht hatte, und Owen ward nicht länger geduldet. Der Protektorenrat Heinrichs VI . ließ »einen gewissen Owen Tudor, welcher da lebte mit besagter Königin Katharina«, vor sich rufen, da er »so anmaßend gewesen, durch Heirat mit der Königin sein Blut mit dem herrschaftlichen Geschlecht der Könige zu vermischen«. Owen weigerte sich erst, zu erscheinen; später aber kam er doch und wurde zu Newgate eingekerkert, von wo er zwei Mal entkam. Er war schwer zu fassen und mit allen Wassern gewaschen. Nach seiner zweiten Flucht begab er sich zurück nach Wales.
    Als Heinrich VI . mündig wurde und sich seiner Protektoren entledigte, behandelte er die beiden Söhne Owens freundlich. Edmund ernannte er zum Earl von Richmond, Jasper zum Earl von Pembroke. Und Heinrich VI . –
dieser arme, verrückte, liebe Mensch – fand in Lancaster sogar eine standesgemäße Braut für seinen Halbbruder Edmund: Margaret Beaufort.
    Diese historischen Begebenheiten wiederzugeben, das ist, als ziehe man einen Faden auf: Man will eigentlich nur einen kleinen Teil berichten, doch dann kommt noch einer dazu, und noch einer, denn alle sind Teil desselben Gewandes – Tudor, Lancaster, York, Plantagenet.
    Und so muss ich tun, was ich befürchtet habe: Ich muss zurück bis zu Edward III ., dem unschuldigen Ursprung all der späteren Sorgen. Ich sage unschuldig, denn welcher König wünschte sich nicht Söhne im Überfluss? Und doch rührt Edwards Kummer wie der nachfolgender Generationen just aus seiner Fruchtbarkeit.
    Edward, geboren fast zweihundert Jahre vor mir, hatte sechs Söhne. Ein Segen? Man sollte es meinen. In Wahrheit aber waren sie ein Fluch, dessen Echo bis zum heutigen Tage nachhallt. Den ältesten, Edward, nannte man den »Schwarzen Prinzen«. (Warum, das weiß ich nicht; aber ich glaube, der Grund waren die Livreen, die sein Gefolge zu tragen pflegte. Er war ein großer Soldat.) Er starb noch vor seinem Vater, und so kam sein Sohn, Edwards Enkel, als Richard II . auf den Thron.
    Die anderen Söhne Edwards waren William, der jung starb, Lionel, Herzog von Clarence, von dem letztlich das Haus York abstammt, John of Gaunt, der Herzog von Lancaster und Urahn des so benannten Hauses, Edmund, Herzog von York (Edmunds und Clarences Erben heirateten später und vereinten so ihre Ansprüche), und schließlich Thomas von Woodstock, Ahnherr des Herzogs von Buckingham.
    Folgendes trug sich nun zu: Heinrich, der Sohn des John von Gaunt, stürzte seinen Vetter Richard II . und ließ sich als Heinrich IV . krönen. Sein Sohn war Heinrich V.; er heiratete Königin Katharina Valois, die hernach Owen Tudor heiratete.
    Das findet Ihr verwirrend? Ich versichere Euch, in meiner Jugend war dieses verworrene Ahnengeflecht ebenso bekannt wie heute vielleicht die Worte einer populären Ballade oder die Reihenfolge der Fünf Schmerzensreichen Mysterien Christi. Es überschattete unser ganzes Leben und zwang uns, eine Rolle auf der einen oder anderen Seite zu übernehmen, eine Rolle, die auf geradem Wege zu Glück und Wohlstand führte … oder in den Tod.
    Aber der Sohn Heinrichs V., der zu Paris als Heinrich VI . zum König von England und Frankreich gekrönt wurde, vermochte sich sein Erbe nicht zu bewahren. Als er älter wurde, zeigte sich, dass er unfähig und halb verrückt war.
    Wenn der König aber schwach ist, finden sich andere, die sich

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