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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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wartete, dass er sein Gespräch beendete. Man unterbricht den König nämlich nicht, selbst wenn man des Königs Sohn ist.
    Einzelne Worte wehten zu mir herüber. Die Königin … krank …
    Wurde meine Mutter etwa durch eine Krankheit am Kommen gehindert? Ich schob mich näher heran und spitzte die Ohren.
    »Aber sie muss diesen Schmerz begraben«, sagte Morton eben. »Doch jeder Prätendent reißt die Wunde von neuem auf …«
    »Deshalb war es notwendig, dies heute zu tun. Es musste ein Ende gemacht werden mit all diesen falschen Herzögen von York. Wenn sie nur sehen könnten, wie es Ihre Gnaden schmerzt. Jeder von ihnen … Sie weiß, sie sind Lügner, Prätendenten, und doch war mir, als habe sie Lambert Simnels Gesicht allzu lange betrachtet. Sie wünscht es sich, versteht Ihr; sie wünscht sich, ihr Bruder Richard wäre noch am Leben.« Der König sprach mit leiser Stimme; er klang unglücklich. »Deshalb konnte sie nicht kommen und dabei zusehen, wie Heinrich seinen Titel verliehen bekommt. Sie könnte es nicht ertragen. Sie hat ihren Bruder geliebt.«
    »Aber ihren Sohn liebt sie auch.« Es war eine Frage, als Feststellung verkleidet.
    Der König zuckte die Achseln. »Wie eine Mutter ihren Sohn eben liebt.«
    »Nicht mehr?« Morton klang jetzt eifrig.
    »Wenn sie ihn liebt, dann um der Erinnerungen willen, die er in ihr wachruft – an ihren Vater Edward. Heinrich hat Ähnlichkeit mit ihm; das ist Euch sicher nicht entgangen.« Vater nahm noch einen Schluck Wein aus seinem schweren Becher, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte.
    »Recht edel sieht er aus, der Prinz.« Morton nickte, sodass sein Kinn fast seinen Pelzkragen berührte.
    »Er sieht gut aus, das will ich nicht bestreiten. Auch Edward sah gut aus. Wisst Ihr noch, wie das Weib auf dem Marktplatz schrie: ›Meiner Treu, für dein hübsches Lärvchen sollst zwanzig Pfund bekommen!‹ Der hübsche Edward. ›Die Sonne in ihrer Pracht‹, so nannte er sich selbst.«
    »Während wir doch alle wissen, wie es hätte heißen müssen. ›Der König in Mistress Shores Bett‹«, kicherte Morton. »Oder war es Eleanor Butler?«
    »Kommt es darauf an? Er war immer in irgendjemandes Bett. Entsinnt Ihr Euch nicht jener Spottballade, in der er sich ›lümmelt in liederlichem Lotterbett‹? Es war gerissen von Elisabeth Woodville, seine Wollust auszubeuten. Ich will die Königinmutter nicht herabsetzen, aber sie war ein verdrießliches altes Biest. Ich fürchtete schon, sie werde niemals sterben. Doch jetzt sind wir schon seit zwei Jahren von ihr befreit. Gelobt sei der Herr!«
    »Aber Heinrich … ist er nicht …« Morton interessierte sich offensichtlich mehr für die Lebenden als für die Toten.
    Der König blickte in die Runde, um sich zu vergewissern, dass niemand sonst zuhörte. Ich drückte mich tiefer in die Vorhangfalte und wünschte, ich wäre unsichtbar. »Nur ein zweitgeborener Sohn. Gebe Gott, dass er nie gebraucht werde. Sollte er jemals König werden …«, er hielt inne, und dann senkte er die Stimme zu einem Flüstern und sprach das Unaussprechliche aus: »Das Haus Tudor würde es nicht überstehen. Ebenso wie das Haus York diesen Edward nicht überlebt hat. Er sah gut aus und war ein großartiger Soldat – das muss man ihm lassen –, aber im Grunde war er dumm und ohne Empfinden. Und Heinrich ist genauso. Einen Edward könnte England überleben, aber niemals zwei von seiner Sorte.«
    »So weit wird es niemals kommen«, entgegnete Morton geschmeidig. »Wir haben Arthur, und der wird ein großer König werden. Er trägt bereits alle Merkmale der Größe in sich. So gelehrt. So stattlich. So weise – weit über den Stand eines Achtjährigen hinaus.«
    »Arthur der Zweite«, murmelte Vater, und seine Augen blickten verträumt. »Ja, das wird ein großer Tag werden. Und Heinrich wird vielleicht eines Tages Erzbischof von Canterbury. Ja, die Kirche ist ein guter Platz für ihn. Auch wenn ihn das Zölibatsgelübde vielleicht ein wenig hart ankommen wird. Euch nicht auch, Morton?« Er lächelte kalt im Eingeständnis der Komplizenschaft. Morton hatte viele Bastarde.
    »Aber Euer Gnaden …« Morton wandte in gespielter Bescheidenheit das Gesicht ab und hätte mich fast entdeckt.
    Mein Herz pochte. Ich presste mich in die Vorhänge. Sie durften nicht wissen, dass ich neben ihnen stand und alles gehört hatte. Ich hätte gern geweint – ja, ich fühlte schon, wie die Tränen aufwärts und in meine Augen drängten –, aber dazu war ich nicht

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