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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Arbeiteten sie etwa selbst schon daran, diese Wende zu bewerkstelligen?
    Ich ging hinauf in die königlichen Gemächer. Ich musste jetzt anklopfen; es gab keinen freundlichen König mehr, der mich eintreten ließ. Der Kommandant der Garde packte und durchsuchte mich.
    »Welcher Wahnsinnige würde mit einer Waffe zum Leichnam des Königs kommen?«, fragte ich, mehr erstaunt als erbost.
    »Es gibt Leute, die den königlichen Leichnam schänden möchten«, erklärte er. »In der vergangenen Stunde habe ich schon Lampenöl und sogar silberne Nägel bei einigen gefunden, die hier Einlass suchten, außerdem Messer und Instrumente zum Herausschneiden des Herzens. Etliche davon waren Hexen – wie sonst hätten sie wissen können, dass der König tot ist? Verkündet ist es noch nicht, damit die Franzosen nicht Verwirrung und Unordnung ausnutzen und uns überfallen. Der Staatsrat kommt heute Abend zusammen.«
    »Worüber soll er entscheiden?«
    »Über die Einzelheiten der Bestattung. Die Veröffentlichung des Testaments.«
    »Dann haben sie es gefunden?«
    Er sah mich verblüfft an. »Wieso – ist es weg?«
    Das war es, was sie bekannt geben würden. Es sei verschwunden. Oder der König habe keines hinterlassen. Dann hätten sie Zeit, es zu ändern. O gütiger Jesus, es herrschte das Chaos!
    »Ich weiß nichts von Testamenten und Staatsräten«, sagte ich in meiner unterwürfigsten Art. »Ich habe nichts weiter im Sinn, als meinem verstorbenen König die Ehre zu erweisen. Sagt mir, wo ist er?«
    »Im Staatsgemach. Die Kapelle ist noch nicht bereit, ihn aufzunehmen. Während man dort alles vorbereitet, muss er in seinem eigenen Gemach aufgebahrt liegen.« Er winkte mich herein.
    Sie hatten in der Nacht schon etwas mit ihm getan: Man hatte ihn mit Weingeist abgerieben, ausgeweidet und in Spezereien und konservierende Substanzen getaucht. Jetzt lag der Leichnam in orientalische Teertücher gewickelt in einem zerbrechlichen Sarg, der mit schwerem schwarzen Samt verhangen war. Die Ständer, die ihn trugen, bogen sich. Niemand war für diesen Fall gerüstet gewesen. Es war Verrat, »sich den Tod des Königs vorzustellen«, und deshalb konnte niemand auch nur die notwendigsten Requisiten in Bereitschaft halten. Das Sarggestell war unzureichend, aber bis jetzt hätte niemand es ersetzen können, ohne bei den Überresten von Cromwells Geheimpolizei unangenehm aufzufallen.
    Die Sonne strahlte zum Fenster herein. Ich kam mir töricht vor, als ich an die Totenbahre trat. Das alles hier war so behelfsmäßig, so unköniglich. Ich hatte hier nichts zu sagen, nichts zu schaffen. Ich hatte mich der Horde von Leuten zugesellt, die »nur gucken« wollten. Ich ekelte mich selber an.
    Ich ging.

    Später erfuhr ich, dass Beamte (welche »Beamten«?) alles ein wenig genießbarer und schicklicher hatten richten lassen. So wurde der Sarg mit achtzig Kerzen umstellt, es wurden Messen gelesen, Exequien, und die Kapläne und die Kammerherren der Privatgemächer hielten beständig Totenwache.
    Von diesen wohl geordneten Dingen abgesehen, bebte das Reich, und die Soldaten würfelten um das nahtlose Gewand. Nein – eigentlich ist das doch allzu zynisch gesprochen. Es stimmte ja, Ämter waren zu besetzen, und ein neunjähriger »König« musste geschützt werden … vor allem vor seinen älteren Schwestern, die selbst beträchtliche Ansprüche auf den Thron vorbringen konnten.
    Hier muss ich abschweifen und einen Kommentar zu den beiden widersprüchlichen Beschreibungen der Todesszene geben, die von »Zeugen« vorgebracht wurden, die allesamt zum entscheidenden Zeitpunkt nicht zugegen gewesen waren. Der protestantischen Version zufolge hatte Heinrich eine Vision von einem großartigen, erleuchteten Staat gehabt, in dem der reformierte Glaube den Sieg davongetragen hätte. Weiter hieß es, Heinrich habe Edward mit Absicht von protestantischen Lehrern erziehen lassen und Maria die protestantische Sache ans Herz gelegt, indem er sie an sein Sterbebett rief und zu ihr sprach: »Sei Edward eine Mutter, denn siehe, er ist noch klein.« Im Zustand der Gnade sterbend, habe er Maria beauftragt, ihren Bruder zu schützen; er habe die Howards niedergemäht als ein katholisches Unkraut, welches sonst die Sonne des Evangeliums über Edward verdeckt hätte, und mit dem Regentschaftsrat habe er einen sicheren Schutz für Edward geschaffen, auf dass dieser unversehrt zum Manne reifen könnte. Gardiner habe er mit Bedacht von der Liste und aus seinem Vermächtnis

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