Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)
folglich relativ wenig Gewicht. Sie geben mit Ihrem Körper und dem Klang Ihrer Stimme Emotionen bekannt. Sie legen fest, wer zu Ihnen gehört, wer zur Gruppe passt und wer ausgeschlossen wird. Sie entscheiden in einhundert Millisekunden, in einem Wimpernschlag, ob Sie einen Menschen für vertrauenswürdig und fähig halten. Erst danach schaltet sich Ihr Gehirn ein und sucht die entsprechenden Argumente für oder gegen diesen Menschen zusammen.
Berufliche Beziehungen aufgrund logischer Argumente existieren nicht.
Caroline arbeitet seit 15 Jahren für einen US-amerikanischen Multinational und verantworte mit Mitte vierzig den Bereich Business Services im europäischen Leitungsgremium eines der drei weltweiten Geschäftsbereiche. Die Belgierin hat Betriebswirtschaft in den Niederlanden studiert und nach einigen Jahren einen MBA in Chicago draufgesattelt. Caroline spricht fünf Sprachen fließend, hat in mehreren Ländern gearbeitet und in den Bereichen Finanzen und Strategie jeweils zu Beginn schwierigste Herausforderungen für den Konzern in Erfolge verwandelt. Caroline ist intelligent, fleißig und denkt in Möglichkeiten, statt in Problemen. Sie handelt, um dem Unternehmen zu dienen. Ihr eigener Vorteil oder ihr eigenes Fortkommen spielen in ihren Gedanken, Worten und Taten keine Rolle. Caroline steht für gelebte Werte wie Respekt, Fürsorge, Leistungsbereitschaft, die Emotionen Begeisterung, Freude, Vertrauen und Mut sowie ein feines Gespür für Menschen. Kaum jemand kann dem Funkeln in ihren Augen widerstehen, wenn sie leidenschaftlich und engagiert Fachliches präsentiert und so immer aufs Neue Menschen dazu bewegt, über sich hinauszuwachsen. Caroline innoviert ständig, treibt Veränderungen voran, ist fokussiert auf Teamarbeit, liebt und nutzt die Vielfalt von Menschen, Ideen, Kulturen und Prozessen. Kurzum, sie hat Spaß bei dem, was sie tut. Caroline konzentriert sich ganz auf die Teile der Arbeit, die sie durch ihren eigenen Einsatz beeinflussen kann. Sie lamentiert nicht, sie klagt nicht. Weder über andere noch über unerwartete Hindernisse.
Der Konzern, für den sie tätig war, vertritt ein bestimmtes Credo mit einer Hierarchie zu lebender Werte, was für Caroline bedeutete, dass sie in einer Wohlfühlumgebung arbeiten konnte. Caroline erkannte die Werte in genau der vorgegebenen Reihenfolge als Handlungsmaxime an und verstand es gleichzeitig, sie im Kontext der europäischen Kultur zu interpretieren. Den Freiraum dafür ließ ihr das amerikanische Mutterhaus. Es kam über die Jahre aber auch regelmäßig zu Situationen, in denen sie aus der Haut hätte fahren können und sich fragte, ob ihr Einsatz im Beruf nicht zu sehr auf Kosten der beiden Kinder und des Ehemannes ging. Auslöser dieser emotionalen Tiefs war stets das egoistische Führungsverhalten einzelner Vorgesetzter oder das Überbordwerfen des Wertekanons, in dem das Wohl der Gesellschafter an letzter Stelle steht, um des kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolges willen. Aus Loyalität und Liebe zum Unternehmen schluckte sie ihre Frustration hinunter und fing sich stets wieder. Um den körperlichen Stress abzubauen, trieb sie in diesen Phasen mehr Sport. Es gelangt ihr stets erstaunlich schnell, die negativen Emotionen wieder einzudämmen, weil sie spürte, dass sie ihr nicht weiterhalfen.
Dann bediente sich ihr neuer Vorgesetzter plötzlich ihrer Fähigkeit, eine Vision zu entwickeln und sie in eine gut umsetzbare Strategie zu übersetzen, und zwar für seinen eigenen Verantwortungsbereich und den von anderen Mitgliedern des Management-Teams. Ohne kenntlich zu machen, wer tatsächlich der schlaue Kopf war und die ganze Arbeit geleistet hatte. Obwohl Caroline gegenüber Dritten nie ein klagendes Wort darüber verlor, flüsterte man sich in den Fluren Europas zu, dass ihr Chef sich gegenüber seinem Vorgesetzten mit fremden Federn schmücke. Zu offensichtlich war, was sich hier abspielte. Die »atmosphärischen Störungen« zwischen Caroline und ihrem Chef waren nicht mehr zu übersehen und auch nicht zu überhören, denn er attackierte sie immer öfter in Anwesenheit Dritter. War sie ihm zu gefährlich geworden? Wollte er sich für irgendetwas rächen? Sie kam nicht dahinter. Dann kündigte er ihr unvermittelt an, sie aus dem europäischen Führungsteam zu entfernen und ihr einen neuen Verantwortungsbereich zu geben, in dem sie »garantiert scheitern würde«. Das war der Tropfen, der Carolines emotionales Fass zum Überlaufen brachte. Sie
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