Ich knall euch ab!
lag’s daran, dass wir beide Außenseiter waren. Auf jeden Fall hat Brendan dauernd Ärger gehabt. Er war eben so ein Typ, der bei der kleinsten Kleinigkeit an die Decke gegangen ist. Und er konnte nicht nachgeben. Nicht dass er dauernd beweisen wollte, was für ein harter Bursche er war. Nein, da war einfach irgendwas in ihm drin. Und dagegen konnte er sich nicht wehren. Er hat niemals klein beigegeben, auch wenn er ganz furchtbare Angst hatte.
Emily Kirsch
Über die Football-Spieler wird ziemlich viel Schwachsinn verbreitet. Sicher, wir sind im Trikot zur Schule gekommen, wenn wir am selben Tag noch ein Spiel hatten. Na und? Wir wollten doch bloß, dass die anderen zu uns halten. Ich sag Ihnen mal was. Wenn man da draußen auf dem Platz von einem Zweizentnermann umgerannt wird, braucht man einfach ein bisschen Unterstützung von den Zuschauern. Aber wir haben doch keinen dazu gezwungen. Das konnte jeder selbst entscheiden, ob er die Schulmannschaft anfeuern wollte oder nicht. Aber manche sind ja viel weiter gegangen. Die waren richtig gegen uns, gegen die Schule.
Sam Flach
Man muss das realistisch sehen. Der mangelnde Zusammenhalt der Schule ist sicher ein Aspekt, der zu den Spannungen zwischen diesen beiden Schülergruppen beiträgt, aber man stellt das jetzt völlig übertrieben dar. Für die Schachmannschaft braucht man auch keine Cheerleader. Man bekommt nun einmal kein Stadion voll mit Fans, die vor Begeisterung schreien, wenn irgendein Schüler aus Middletown seinem Gegner einen Bauern wegnimmt. Nicht mal die Schachspieler selbst hätten das gern.
Dick Flanagan
Die Leute ändern sich, aber nur langsam. Wenn man viel mit jemandem zusammen ist, bekommt man das oft gar nicht mit. Das war bei uns allen so, aber bei Brendan war es besonders stark. Im Nachhinein wird mir klar, dass er tatsächlich immer seltsamer und verrückter geworden ist. Als ob ihm alles egal gewesen wäre. Er hat nur noch getan, was er wollte.
Ich erinnere mich noch an einen Abend, da war Gary nicht da. Ich glaube, er war mit seiner Mutter bei einem Psychologen oder so. Jedenfalls rief Brendan an, er wolle ausgehen. Ich bin älter als die meisten in meiner Klasse und habe schon den Führerschein, also fahre normalerweise ich. Na ja, ich hatte das Auto, Brendan hatte den Alk. Wodka mit O-Saft, soweit ich mich erinnere. Also, wir fahren in den Park, trinken was und unterhalten uns. Worüber, weiß ich nicht mehr, aber bei Brendan ging es meistens darum, wie sehr er die Schule und die Stadt hasste und so weiter. Manchmal, wenn ich schön einen im Tee hatte, konnte ich seine Stimme einfach ausblenden.
Nach einer Weile wollte Brendan wieder ins Auto. Wir fahren aus dem Park, und ich denke, wir wollen in die Stadt zurück, aber er will in die andere Richtung. In der anderen Richtung ist praktisch gar nichts. Nur dunkle Straßen, ein paar Farmen und Hügel, aber inzwischen war ich ziemlich besoffen, und mir war alles egal.
Jedenfalls fahren wir da nachts durch die Gegend, draußen ist es ziemlich kalt, und ich wundere mich noch, warum Brendan plötzlich das Fenster aufkurbelt.
Irgendwie bekomme ich mit, dass er was aus der Tasche zieht. Als ich den Knall höre, denke ich, da ist ein Reifen geplatzt, oder Brendan hat einen Knallfrosch aus dem Fenster geworfen. So hat sich das angehört. Nicht besonders laut. Dann kommen wir an den Bahnübergang. Die Ampel blinkt rot, die Schranke kommt runter, und aus den Augenwinkeln sehe ich einen hellen Blitz, und es knallt. Peng! Peng! Jetzt aber lauter, weil das Auto steht, und dann höre ich Glas klirren. Erst da kapiere ich, dass Brendan aus dem Fenster schießt.
Peng! Peng! Er schießt die zweite Ampel kaputt. Sie wissen doch, wie Schießpulver riecht? Er dreht sich zu mir um und grinst mich an. Mir war längst alles egal. Die Schranke geht auf, wir fahren weiter. Und Brendan ballert weiter in der Gegend rum. Meistens auf Straßenschilder. Dann macht er das Handschuhfach auf, er braucht Licht, um das Magazin nachzuladen, oder wie das heißt. Die Pistole sah größer und eckiger aus als die, die er uns damals im Park gezeigt hatte.
Ich habe kein Wort gesagt. Habe nicht gesagt, dass er aufhören soll. Bin nicht umgekehrt und in die Stadt zurückgefahren. Um ehrlich zu sein: Es war mir einfach egal. Irgendwie fand ich das sogar ziemlich cool. Kam mir vor, als wären wir zwei so ein Verbrecherpärchen wie die in Natural Born Killers.
Erst ziemlich spät sind wir dann in die Stadt zurückgefahren.
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