Ich komme von Charlie!
nun
hat mich dieser Mann in acht kurzen Monaten zum Bolschewiken gemacht .«
»Keine Sorge, Towarisch «, sagte ich heiter. »Die Revolution ist demnächst
fällig — beste Grüße von Charlie .«
Der Sketch näherte sich wieder
dem Höhepunkt. Frieda, die nymphomane Sekretärin, machte erneut Avancen, und
das Blutunterlaufene Auge verpfuschte das Ganze. Neil LeFoe als Polizeilieutenant gab
zu, daß er in der Mordsache am Ende seiner Weisheit sei — und dann demaskierte
das Blutunterlaufene Auge auf seine tollpatschige, verquere Weise die
Mörderin. Dreimal dürfen Sie raten, wer es war — kein anderer als die
hinreißende Nachtklubsängerin Kate Dunne.
Mit ihm allein in ihrer Wohnung
brach sie zusammen und gestand, bat dann unter Tränen um eine Zigarette (die
Marke war jeweils die des derzeitigen Auftraggebers für die Werbesendung), und
das Blutunterlaufene Auge leerte seine Taschen, um nach einer Zigarette
zu fahnden. Er häufte eine Menge Zeug auf die Tischplatte, einschließlich
seiner Pistole, während er immer noch nach einer Zigarette suchte. Mit einem
bösartigen Triumphgeheul stürzte sich Kate auf die Pistole, zielte auf den
Detektiv und drückte ab.
Die Pistole funktionierte
blendend, aber das Blutunterlaufene Auge stand, wo es zuvor gestanden
hatte, offensichtlich ohne Schaden genommen zu haben.
»Sie sind doch tot! Ich habe
Sie erschossen !« kreischte Kate.
»Echte Kugeln erschrecken mich
immer so«, gestand das Blutunterlaufene Auge beschämt. »Deshalb lade ich
die Pistole immer mit Platzpatronen .«
Kate bekam einen hysterischen
Anfall, und in diesem Augenblick stürmte der Polizeilieutenant in die Wohnung.
»Ich habe den Schuß gehört«,
sagte Neil LeFoe atemlos. »Wieso sind Sie nicht tot ?«
»Die Waffe war mit
Platzpatronen geladen .« Das Blutunterlaufene Auge hob die Pistole auf und zielte, noch immer vergnügt lächelnd, auf den
Lieutenant und drückte ab. »Sehen Sie ?«
Der Körper des Lieutenants
zuckte krampfhaft. Seine Augen weiteten sich plötzlich, seine Knie gaben nach,
und er fiel unbeholfen mit einer langsamen, taumelnden Bewegung auf den Boden.
Das Blutunterlaufene Auge kniete neben ihm nieder, und ich wartete auf
den Schlußgag : »Ich muß vorsichtiger sein, ich
habe schon wieder die Patronen verwechselt! «
Aber Eddie blieb stumm.
Boris zuckte neben mir gereizt
die Schultern. »Eine Pause ist gut«, sagte er laut, »aber das hier ist nur der Schlußgag , keine erste Ankündigung des dritten Weltkriegs !«
Eddie hob langsam den Kopf und
starrte ihn an, als käme Boris aus dem Weltall. »Er ist tot !«
»Der Text lautet anders !« knurrte Boris.
»Wirklich!« Ein Wimmern lag in
Eddies Stimme. »Sehen Sie ihn an !«
Boris sagte etwas auf russisch , was in jeder Sprache
unhöflich geklungen hätte, blieb dann abrupt stehen und starrte auf Neil LeFoes regungslos auf dem Boden ausgestreckten Körper. Kate
stieß einen dünnen Schrei aus; und der schrille, scharfe Laut bohrte sich
unangenehm in meine Trommelfelle. Mit zunehmendem Entsetzen starrte ich auf den
glänzenden feuchten Fleck auf LeFoes Jacke, der sich
ständig vergrößerte.
»Er ist tot«, wimmerte Eddie
und starrte dann auf den Tisch hinüber, wo die verschiedenen im Sketch
benötigten Requisiten unordentlich herumlagen.
»Jemand muß die Platzpatronen
mit echten Patronen vertauscht haben !« Sein Körper
zitterte, als ob er einen schlimmen Malariaanfall hätte. »Was hat dieses
verdammte Gerippe noch gesagt? >Ich soll Ihnen von Charlie Lebewohl sagen
Er muß vorher schon alles arrangiert haben, noch bevor er hereinkam und von mir
eine Antwort haben wollte. So daß er, wenn ich nein sagte, nur alles so zu
lassen brauchte, wie es war. Aber irgendwie muß Kate mich beim ersten Schuß
verfehlt haben, und dann...«
Er blickte in armseliger
Verzweiflung auf LeFoes Leiche hinab und schluchzte
dann unverhohlen und gequält wie ein Kind, das soeben auf eins seiner
Lieblingsspielzeuge getreten ist und es erst bemerkt hat, als es zu spät war.
»Um Himmels willen«, blubberte
Eddie, »ich hab’ ihn umgebracht !«
DRITTES KAPITEL
G egen elf Uhr an diesem Abend
saßen wir alle wieder im Konferenzraum, so als wollten wir Totenwache für den
verstorbenen Neil LeFoe halten, nur war niemand auf
die Idee gekommen, für Alkohol zu sorgen. Irgendwie hatten wir die Show
planmäßig hinter uns gebracht, indem wir einen alten Sketch für das
unglückliche Blutunterlaufene Auge eingeschoben hatten — und nun
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