Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)
Erfolgsgeheimnis Nummer eins in der Kriminalistik ist deshalb das ernste und aufrichtige Interesse für das Gegenüber. Wenn der Kriminalist bei seinen Ermittlungen von sich ausgeht, boykottiert er seine Chance auf Erfolg von Anfang an. Sowohl in der Kriminalistik als auch in der Kommunikation geht es nicht allein um Opfer und Täter, Sender und Empfänger, sondern um Beziehung, Emotion und Werte. Solange alles reibungslos läuft, kommen wir alle prima miteinander zurecht. Spannend wird es, wenn es hart auf hart geht, wenn die Dinge anders laufen als erwartet. Da zeigt sich sehr schnell, wie gut eine Beziehung ist, wie viel sie aushält, auf welchen Glaubenssätzen sie basiert, wie tief das Vertrauen ist.
Aus dem Agentenhandbuch
Entwickeln Sie ein Bewusstsein dafür, dass das, was Sie wahrnehmen, niemals eine originalgetreue Abbildung der Wirklichkeit ist, sondern ein gefilterter Ausschnitt.
Erkennen Sie die Glaubenssätze, die Sie hemmen.
Bestärken Sie sich in Ihren positiven Glaubenssätzen.
Verwandeln Sie Ihre negativen in positive Glaubenssätze.
Machen Sie den Krim-Ego-Transfer.
Die Route
Die rote Mappe, die Sabine mir überreicht hatte, enthielt mehrere Dokumente. Ganz oben lag der Bericht mit dem Aktenzeichen 51018-307-S-52007-01/2008 VS — vertraulich — mit den tagesaktuellen Informationen zum Fall Schneesturm von V-Mann Nr. 1807, Deckname Nord. Dieser erprobte, sehr erfahrene V-Mann wurde in den vergangenen Jahren von uns regelmäßig in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt. Er sprach fließend Russisch, Tschetschenisch, Slowakisch und sogar ein paar Brocken Dari und Paschtu, die wichtigsten der sechzehn in Afghanistan gebräuchlichen Sprachen. Nord durchlief unser Ausbildungsprogramm als einer der Besten und entwickelte ein faszinierendes Geschick darin, sich unverzichtbar zu machen. Zu jeder der Zielpersonen, auf die er in der Vergangenheit angesetzt worden war, hatte er in kürzester Zeit einen tragfähigen Kontakt aufgebaut. Zu diesem Zeitpunkt bestand sein Auftrag darin, uns über die Heroinlieferungen auf der Merw-Strecke zu berichten. Dieser erste Bericht in der Mappe, verfasst von Nords Beschaffer, enthielt die aktuellsten Ergebnisse seiner Arbeit bezüglich der jüngsten Drogenlieferung aus Afghanistan über die Merw-Route nach Hamburg. Dieses Mal war einiges schiefgegangen oder zumindest anders verlaufen als geplant, wie ich beim Überfliegen der Zeilen erkannte. Ich widmete mich dem Bericht der Analyse, der die bisherigen Geschehnisse auf der Merw-Route zusammenfasste. Mein Blick blieb an zwei Fotos hängen, die dem Bericht beigeheftet waren. Ich konnte den Ärger förmlich riechen, der an ihnen klebte. Zwar sind Fotos für die Analyse extrem hilfreich, aber sie bergen auch enorme Gefahren. Wäre Nord beim Fotografieren ertappt worden, hätten er und somit die gesamte Operation auffliegen können. Ein Risiko, das in
dieser Phase der Ermittlungen niemand eingehen darf. Der verantwortliche Agent hatte garantiert eine Abmahnung bekommen, denn sein V-Mann hatte, trotz klarer Anweisungen, Fotos geschossen. In solchen Dingen versteht die Abteilung für operative Sicherheit keinen Spaß. Dieses Mal war Nord allerdings wohl ungeschoren davongekommen, sonst hätten es seine Aufnahmen nicht bis zu meinem Schreibtisch geschafft.
Auf dem ersten Foto stand: Turkmenistan, Murgab Binnendelta, in der Nähe von Merw. Darauf waren einige Männer zu sehen, die in glühender Mittagshitze Heroin verluden. Zwei Afghanen reichten die gut verschnürten Bündel aus einem alten UAZ-Lastwagen heraus, ein paar Turkmenen verstauten sie in einem Toyota-Pick-up-Truck mit doppelter Rückwand.
Auf dem nächsten Foto stand: Georgien, Hafen von Batumi. Der Industriehafen lag im Dunkeln und war nur vereinzelt beleuchtet; er wirkte verlassen, die Kräne standen still. Zwei der Turkmenen, die in Merw ebenfalls dabei waren, und ein Georgier sahen zu, wie ein vierter Mann, der nicht auszumachen war, den Toyota an die Auffahrtsrampe fuhr. Der Wagen wurde auf ein Containerschiff verladen.
Dem Bericht entnahm ich, dass die Transporte seit langem immer nach dem gleichen Schema abliefen. Die Strecke, die Stopps, selbst die Fahrer waren dieselben, nur die verwendeten Fahrzeuge wechselten; meistens gebrauchte Lkw, manchmal ein Kombi oder ein Pick-up. Die Ladung wurde jedes Mal aufwendig verbaut: in einem doppelten Boden, einem abgetrennten Teil des Tanks, im Reserverad, dem Fahrzeughimmel oder einer Seitentür. Mal fuhren
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