Ich leg dir die Welt zu Fuessen
es ganz sicher nicht auf sein Geld abgesehen hatte, was am ehesten gewährleistet war, wenn sie aus denselben Kreisen stammte wie er.
Die junge Frau, die hier vor ihm stand und ihr leeres Weinglas zwischen den Fingern drehte, passte in keine dieser Kategorien. Eine begeisterte Motorradfahrerin, die selbst im Abendkleid noch einen Hauch ungezähmter Wildheit versprühte.
„Tanzen Sie nicht?“
„Doch, aber ich suche mir meine Tanzpartner gern selbst aus.“
Louis sah sich demonstrativ um. „Und, gefällt Ihnen hier jemand? Oder stehen da alte Geschichten im Weg? Ich wette, in dieser Kleinstadtidylle brodelt die Gerüchteküche. Sind Sie deshalb nach London geflohen?“
„Können wir nicht wie ganz normale Menschen über das Wetter reden?“, rief Lizzy erbost.
Er lächelte. Ein offenes, freundliches Lächeln, das nach all den Feindseligkeiten wie ein Friedensangebot wirkte. Der Mann sah wirklich ausnehmend gut aus, stellte sie wieder einmal verwirrt fest. Sündhaft gut.
„Ich glaube, ich sollte mich unter die Gäste mischen, bevor noch jemand auf falsche Gedanken kommt“, sagte sie rasch. „Rose sucht bestimmt schon nach mir, und außerdem …“ Sie trat einen Schritt vor, und er machte bereitwillig Platz. Offenbar wollte er sie genauso schnell loswerden wie sie ihn.
„Außerdem?“ Interessiert musterte er ihre geröteten Wangen und die vorwitzigen braunen Locken, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten.
„Außerdem wird Nicholas’ Schwester langsam ungeduldig, wie mir scheint. Sie starrt pausenlos zu uns herüber.“ Die langbeinige Blondine hatte sich noch immer nicht von der Stelle gerührt, vielleicht ja aus purer Langeweile.
Louis runzelte die Stirn und warf einen Blick über die Schulter.
„Ich glaube, sie ist eifersüchtig. Haben Sie etwas mit ihr?“, fragte Lizzy mit unschuldigem Augenaufschlag. Wie gefiel es ihm wohl, wenn man in seinem Privatleben herumschnüffelte? Nicht besonders, seinem finsteren Blick nach zu urteilen.
„Wenn Sie wissen wollen, ob ich derzeit liiert bin – nein, bin ich nicht. Aber ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“
„Danach habe ich auch nicht gefragt. Ich wollte nur sagen …“
„Ich hatte keine Ahnung, dass ich Nicholas’ Schwestern hier treffen würde.“
„Tja, die beiden scheinen Ihre geringe Meinung von uns Kleinstädtern jedenfalls zu teilen. Sie haben es nicht mal für nötig befunden, sich angemessen zu kleiden.“
Louis schwieg. Jessicas Anwesenheit in Crossfeld kam ihm äußerst ungelegen. Während der letzten zwei Jahre hatte sie immer aufdringlicher mit ihm geflirtet, obwohl er sie keineswegs dazu ermuntert hatte. Und das deutliche Missfallen, das sie hier zur Schau stellte, fand er mehr als peinlich.
Sich selbst hätte er nicht als Snob bezeichnet. Er war reich, er war vorsichtig, und er war auf der Hut vor geldgierigen Frauen, das stimmte. Aber Jessica und Eloise gehörten zu der Sorte reicher, verwöhnter Mädchen, die hochmütig auf andere herabsahen. Nein, er hatte keine Lust, sich mit ihnen abzugeben. Selbst Nicholas, nach außen hin ganz der loyale Bruder, hatte seine Probleme mit den Allüren der beiden.
„Sie haben ganz recht“, hörte er sich sagen. „Jessicas Verhalten ist unhöflich, verächtlich und absolut unverzeihlich.“
Lizzy sah ihn überrascht an. „Sie stimmen mir zu?“
„Warum so schockiert? Ich bin ein erwachsener Mann. Vielleicht passe ich ja nicht in die Schublade, in die Sie mich stecken wollen.“
Was hatte er doch gleich über ihre Familie gesagt? „Ich denke doch. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.“
Der Saal hatte sich gefüllt, die Stimmung stieg. Lizzy wurde ganz mulmig zumute, wenn sie sich vorstellte, welche pikanten Details ihre Mutter nach dem Genuss von ein paar Gläsern Wein noch ausplaudern würde.
Irgendwo am Rand der Menge entdeckte sie Rose, die nervös an ihrem Weinglas nippte und sich mit Eloise zu unterhalten versuchte, während Jessica gerade von Louis in die Mangel genommen wurde. Ihrem Schmollmund nach zu urteilen, schien er ihr eine gehörige Standpauke zu halten. Und das, nachdem Lizzy ihn gerade ultimativ als Snob bezeichnet hatte!
Beschämt ertappte sie sich dabei, wie sie Nicholas’ Schwestern ebenso kritisch beäugte, wie Louis es mit ihrer Familie getan hatte. Für den Rest des Abends bemühte sie sich, angeregt mit allen möglichen Leuten zu plaudern, ohne auch nur noch einen einzigen Blick in seine, Jessicas oder Eloises Richtung zu werfen. Auch Rose
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