Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
esoterischen Ansichten nicht sonderlich viel hältst. Aber trotzdem denke ich, dass es dir helfen würde, wenn du dir eine eher fatalistische Grundeinstellung zulegst.«
»Fatalistische Grundeinstellung?«
»Mehr auf das Schicksal vertrauen, meine ich. Darauf, dass es dich schon richtig lenken wird.«
»Ha!« Ich muss sarkastisch auflachen. »Das hat man ja gesehen, wie das Schicksal bisher immer den optimalen Weg für mich gefunden hat.«
»Das konnte es auch gar nicht, weil du es nie zugelassen hast.«
Ich starre Luzie mit offenem Mund an, auf welchem Trip ist sie denn jetzt schon wieder?
»Du solltest versuchen, gelassener zu werden, und erkennen, dass man manche Dinge einfach nicht in der Hand hat. Also muss man sich zurücklehnen und abwarten, was passiert.«
»Tut mir leid, aber ich verstehe nur Bahnhof.«
»Nehmen wir zum Beispiel Tom. Okay, du hoffst, dass er wieder zur dir zurückkommt. Und vielleicht tut er das ja auch. Vielleicht aber auch nicht, das hast du nicht in der Hand. Selbst wenn du ihn in zwei Wochen weinend anrufst – was du mit Sicherheit tun wirst, denn so verhältst du dich immer …«
Ich will empört widersprechen. Aber dann muss ich mir eingestehen, dass Luzie recht hat, bisher habe ich jeden Verflossenen nach ein paar Wochen selbstauferlegter Kontaktsperre mit tränenreichen Anrufen bombardiert. Die nie etwas gebracht haben, höchstens das Gegenteil von dem, was ich wollte. Nur mit viel Glück bin ich bislang einer einstweiligen Verfügung entgangen. Also lasse ich Luzie weiterreden.
»Jedenfalls wäre es für dein Seelenheil meiner Meinung nach wesentlich gesünder, wenn du einfach mal abwarten, nichts tun und dann schauen würdest, was passiert. Wenn er wirklich noch Interesse an dir hat, wird er sich melden.«
»Und wenn nicht?«, will ich mit Kleinmädchenstimme –herrje, ich bin wieder fünfzehn! – wissen.
»Dann ist er tatsächlich nicht mehr interessiert. Und dann ist es auch besser, wenn du nichts mehr von ihm hörst.«
»Das sagst du!«
»Ja, das sage ich. Weil ich weiß, dass du nur jemanden verdient hast, der dich auch will.«
»Tja«, stelle ich seufzend fest. »Bleibt nur die Frage, wo wir diesen jemand, der mich auch will, finden.«
»Der wird schon noch auftauchen«, meint Luzie. »Und zwar dann, wenn du aufhörst, dir Gedanken über Männer zu machen, die dich nicht wollen, und anfängst, die zu sehen, die es tun.«
»Aha«, kommentiere ich. »Klingt ja nach der leichtesten Übung.«
Luzie grinst. »Wenn man es erst einmal verstanden hat, ist es auch ganz leicht.« Dann wirft sie mir einen Blick zu, der so viel besagt wie: Sieh mich an! Ja, da hat Luzie gut reden. Mit ihren blauen Augen, die wie zwei Halogenscheinwerfer leuchten, ihrem zierlichen Figürchen in Größe sechsunddreißig und der wallenden kastanienbraunen Mähne ist es für sie sicher schon ein Kunststück, überhaupt irgendwo einen Kerl zu finden, der sie nicht will.
Ich bin da mehr das Standardmodell: Figur irgendwas zwischen vierzig (vor Weihnachten) und zweiundvierzig (nach Weihnachten, also jetzt gerade). Fisselige, mittellange Haare in Straßenköterblond, Augen irgendein Mischmasch aus Grau und Grün, und das einzige, was in meinem Gesicht leuchtet, ist momentan ein signalroter Pickel direkt neben der Nase. Allein die Grundvoraussetzungen sind bei mir und Luzie vollkommen andere.
Aber trotzdem finde ich es süß, dass sie versucht, mich an diesem trüben Tag etwas aufzubauen. Und genau genommen hat sie mit ihrer Hausfrauenphilosophie auch gar nicht Unrecht, man kann nun einmal niemanden in eine Beziehung zwingen. Oder quatschen. Wer nicht will, der hat schon. Und Tom hat eben leider schon.
Die Türglocke klingelt, jetzt geht es also los, das Valentinstaggeschäft. Ich bedeute Luzie, dass ich den Kunden übernehme, und gehe nach vorne.
»Guten Tag«, werde ich von einem jungen Mann im grünen Parka begrüßt, »ich möchte gern zwanzig Stück Ihrer schönsten roten Rosen!« Ich wusste es.
Um kurz nach acht lasse ich mich erschöpft auf mein Sofa sinken. Meine Füße schmerzen vom langen Stehen, die Haut an meinen Händen fühlt sich an, als könne ich sie komplett abziehen, und außerdem bin ich blöderweise auf den nassen Blättern, die im Vorbereitungsraum auf dem Boden liegen, bis wir sie zusammenfegen und in die Biotonne werfen, ausgerutscht und hingefallen. Am Knie spüre ich eine dicke Beule wachsen, hoffentlich kann ich mein Bein morgen überhaupt richtig
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