Ich Lieb Dich Nicht, Wenn Du Mich Liebst
sein. Er ist wütend auf den Unterlegenen, weil er oder sie ihn enttäuscht hat, und er ist wütend auf sich, weil er sich in eine Lage gebracht hat, aus der er ohne emotionalen Aufwand nicht mehr herauskommt.
Der Ãberlegene kann gemein sein
Der Ãberlegene kann sehr wohl die Beziehung kontrollieren, aber empfinden, daà er die Situation nicht kontrollieren kann. Das ist ein wichtiger Unterschied und führt gelegentlich zu einer Wendung der emotionalen Vorfälle. Ãberlegene, die sich machtlos vorkommen, schlagen oft auf ihre Partner ein und sind danach von ihrem eigenen Verhalten schockiert und abgestoÃen. Wenn der Ãberlegene gemein ist, sind aus den Gefühlen Verärgerung und Frust Verhaltensweisen geworden. Laura entdeckte, daà ihre wachsende Reizbarkeit sich dadurch äuÃerte, daà sie Paul öfter anschrie.
»Ich reagiere unvernünftig, was Schnarchen angeht, weil icheinen Bruder hatte, der schnarchte wie ein Nebelhorn. Ich habe einen leichten Schlaf, und Pauls Schnarchen ist Weltklasse. In einer Nacht ging ich wirklich die Wände hoch. Ich weckte ihn schlieÃlich und warf ihn nach einem Wutanfall aus dem Bett. Er schlief auf der Couch. Danach fühlte ich mich furchtbar, aber mir fiel auf, daà ich nach diesem Vorfall reizbarer auf viele Dinge reagierte. Es war, als ob sich eine Schleuse geöffnet hätte.«
Der Ãberlegene verlagert seine Verärgerung schnell auf kleinere Probleme, wie beispielsweise Schnarchen, weil er oder sie lieber nicht über das gröÃere Problem â die schwächer werdende Liebe â sprechen will. Wie Laura hackt der Ãberlegene ständig auf dem Unterlegenen herum. Diese Niedertracht drückt nicht nur Verärgerung aus, sondern ist eine unbewuÃte Methode, den Unterlegenen davonzujagen, ohne sich mit den wirklichen Problemen konfrontiert zu haben.
Gut und Böse
Der verärgerte Ãberlegene verwandelt sich anscheinend in einen Bösewicht. Die Mechanismen der paradoxen Leidenschaft erlauben ihm oder ihr die Verärgerung loszuwerden, ohne befürchten zu müssen, daà der unterwürfige Partner negative Reaktionen zeigt. Wie wir sehen werden, empfindet der Unterlegene ebenfalls Wut, weil seine Bedürfnisse in der Beziehung nicht befriedigt werden. Aber er kann seine Wut nicht loswerden, denn seine Angst vor Zurückweisung verurteilt ihn dazu, zu schweigen.
Daher schlüpft der wütende Ãberlegene in die Rolle des gemeinen, aggressiven Bösewichts, während der Unterlegene den Part des ergebenen, opferbereiten Guten spielt. Diese besondere Kombination des Paradoxon fördert auf hinterhältige Art und Weise das Ungleichgewicht. Es veranlaÃt den Ãberlegenen dazu, immer schlechter über sich zu denken und dem Unterlegenen immer gröÃere Schuld daran zu geben, daà es sich in einen Unmenschen verwandelt hat. Und es verwandelt den Unterlegenenin einen »Beziehungs-Märtyrer«, dessen gröÃte Tugend darin besteht, das lieblose Verhalten des Ãberlegenen zu ertragen. Aber indem man den Ãberlegenen als »böse« kennzeichnet, macht man ihn allein für die Beziehungsprobleme verantwortlich und vergiÃt die in Wirklichkeit vorhandene Mitverantwortung des Unterlegenen.
Der Ãberlegene kann miÃhandeln
Ãrgerlich zu sein und es auch auszudrücken â sogar, wenn das indirekt geschieht â ist die normale Reaktion des Ãberlegenen auf das Gefühl, eingeengt zu sein. Ich sage meinen Klienten immer, daà man durch diese Reaktionen noch nicht der Böse wird. Aber unglücklicherweise äuÃern manche Leute ihre Wut auf eine zerstörerische Art und Weise.
Eine Anzahl von Klienten kamen auf Anweisung eines Gerichts zu mir. Die meisten waren überlegene Männer, die ihre Ehefrauen seelisch und körperlich miÃhandelt hatten. Obwohl in diesen Fällen die Behandlung sehr schwierig ist und nicht immer Erfolg hat, werden die Klienten, die am besten darauf ansprechen, in dem Glauben bestärkt, daà ihre Gefühle der Frustration und der Wut oft berechtigt waren. Doch gewalttätige Reaktionen auf diese Gefühle sind niemals berechtigt.
Wenn man ihren Frust und ihre Wut würdigt, bedeutet das für diese Menschen eine riesige Stärkung des Egos. Sofort denken sie besser über sich, was wiederum die Wahrscheinlichkeit, daà sie lernen, mit ihrer Wut effektiv umzugehen und niemanden zu
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