Ich Lieb Dich Nicht, Wenn Du Mich Liebst
den Schmerz beider Partner zu erkennen und zu respektieren. Wenn man nicht verdammt, sondern versteht, warum sich ein Ãberlegener distanziert hat, fühlt er/sie sich besser â und sieht auch die Beziehung besser. Dann kann man darauf hoffen, daà die Liebe wiederkehrt.
Fatalistisches Pathologisieren
Ich möchte gegenwärtig nur das behandeln, was ich die »Kernprobleme« einer Beziehung nenne â die Dynamismen, die ein Ungleichgewicht schaffen. Ich konzentriere mich weniger auf den Hintergrund â Themenbereiche aus der Kindheit, die einen Einfluà auf die Gegenwart haben könnten, eingeschlossen. Für mich hat es sich als wirkungsvoller erwiesen, nur vordergründige Dynamismen zu behandeln â extreme Fälle einmal ausgenommen.
Natürlich riskiere ich meinen guten Ruf in der Vereinigung der amerikanischen Psychologen, wenn ich behaupte, daà Kindheitserlebnisse die Beziehungen von Erwachsenen nicht sehr beeinflussen. Doch ich glaube, daà der therapeutische Nutzen der Analyse von Kindheitserlebnissen stark durch sehr traditionell arbeitende Therapeuten und Selbsthilfebücher entwertet wurde. Es kann unsere Energien davon ablenken, in der Gegenwart unsere Probleme zu lösen, wenn wir in der Vergangenheit nach Lösungen suchen. Und was noch schlimmer ist â der Vergangenheit so viel Schuld zu geben kann in beiden Partnern ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit erzeugen. Ich nenne diesen Ansatz fatalistisches Pathologisieren.
Fatalistisches Pathologisieren geht etwa so vor sich: Wenn Sie Beziehungsprobleme haben, dann sind Sie in einer kaputten Familie mit Eltern aufgewachsen, die Ihnen ein verzerrtes Bildeiner »liebevollen« Beziehung vorlebten. Für den Rest Ihres Lebens ist es Ihr Schicksal, Partner zu finden, die Sie elend behandeln. Wenn Sie dann schlieÃlich in der Lage sind, sich von einem dieser Partner freizumachen, dann werden Sie â so leid es mir tut â stracks dem nächsten in die Arme laufen. Ihr neuer Partner mag ja wie das genaue Gegenteil des alten wirken, aber nach einer Weile werden Sie merken, daà er sich nur hinter einer cleveren Maske versteckt hat. (Das genau war ja Ihr Fehler, daà Sie sich das Gegenteil ausgesucht haben!)
Klingt das vertraut?
In Sodbrennen vermittelt Nora Ephron uns ein gutes Beispiel für einen Therapeuten, der fatalistisches Pathologisieren praktiziert. Der Heldin des Buches, Rachel, wird von ihrer Therapeutin, Vera, erklärt, warum sie sich mit einem Ehemann einlieÃ, der sie mit tödlicher Sicherheit enttäuschen würde.
»Du hast ihn dir ausgesucht«, sagte Vera, »weil seine Neurosen perfekt zu deinen paÃten.« Ich mag dich, Vera, wirklich, aber ist dir noch nie etwas zugestoÃen, das du nicht beabsichtigt hast? »Du hast ihn dir ausgesucht, weil du wuÃtest, daà es nicht klappen würde.« »Du hast ihn dir ausgesucht, weil seine Neurosen perfekt zu deinen paÃten.« »Du hast ihn dir ausgesucht, weil du wuÃtest, daà er dich genauso entwürdigen würde, wie deine Mutter oder dein Vater es taten.« Das sagen sie dir immer auf die eine oder andere Art, aber in Wahrheit ist es ganz egal, wen du dir aussuchst â eure Neurosen passen immer vollkommen und fürchterlich zusammen; in Wahrheit ist es ganz egal, wen du dir aussuchst â er wird dich immer so entwürdigen, wie deine Mutter oder dein Vater es taten. »Du hast dir genau die Person herausgesucht, mit der du dich nicht einlassen solltest.« Das ist nicht besonders schwierig â so ist das Leben. Jedesmal wenn du dich umdrehst, läÃt du dich mit der einzigen Person auf Erden ein, mit der du nichts zu tun haben solltest ⦠Wir wollen den Tatsachen ins Gesicht sehen: Jeder ist die Person, mit der man sich nicht einlassen sollte.
Während wir uns dabei amüsieren, bringt diese Passage aus Nora Ephrons Buch auf den Punkt, wie eine Ãberbetonung von Kindheitserlebnissen eine pessimistische Einstellung in der Liebezur Folge haben kann. Und diese Sichtweise lenkt uns von den normalen, vorhersehbaren Problemen in der Liebe, die verstanden und überwunden werden können, ab.
Das soll nicht heiÃen, daà ich Kindheitserlebnisse automatisch von der Paartherapie ausschlieÃe. Manche Probleme bei Paaren sind ganz klar durch fehlende oder falsche Beziehungsmuster verursacht. Die meisten dieser Verhaltensmuster werden in
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