Ich Lieb Dich Nicht, Wenn Du Mich Liebst
verblüffte, weil ich so lieb zu ihr gewesen war).
Dann erlebte ich die Paartherapie als Ãberlegener. Was für ein Unterschied! Ich war von den ersten Sitzungen begeistert, weil die Therapeutin unsere Probleme sondierte und Mitgefühl zeigte. Aber dann, als sie Vorschläge machte, wie man die Beziehung retten könnte, änderte sich etwas für mich. Ich hatte das Gefühl, daà die Therapeutin sanften, aber permanenten Druck auf mich ausübte, liebevoller und intimer mit meiner Partnerin umzugehen. Es war genau der gleiche Druck, den meine Partnerin nach meinem Gefühl auf mich ausgeübt hatte. Paradoxerweise zog ich mich, je mehr Druck auf mich ausgeübt wurde, immer mehr zurück â von meiner Partnerin und der Therapie.
Bald praktizierte ich selbst als Paartherapeut. Und ich erkannte das gleiche Verhaltensmuster bei den meisten meiner Klienten â frühe Durchbrüche, gefolgt vom Widerstand durch den Partner, der weniger liebte. Ich erkannte, warum meine eigenen Erfahrungen mit der Therapie fehlgeschlagen waren, und daraus entwickelte sich meine Theorie.
Vorurteile dem Ãberlegenen gegenüber
Sehen Sie sich einmal eine Ãbung an, die von vielen Eheberatern angewandt wird â ich nenne sie die Schaumbad-und-Champagner-Lösung. Das Paar wird dort gebeten, sich mehr »Zeit für die Liebe« zu nehmen. Der Unterlegene ist darüber hocherfreut. Endlich wird er die Nähe bekommen, nach der er sich so sehnt und die er so sehr braucht. Seine Hoffnungen steigen. Das wird all die unterschwellige Liebe zutage treten lassen, die seine Partnerin nicht ausdrücken kann.
In der Zwischenzeit ist die Ãberlegene höchstwahrscheinlich skeptisch eingestellt. Ich habe herausgefunden, daà die meisten Ãberlegenen solche Ãbungen als gezwungen und künstlich empfinden, obwohl sie aufrichtig hoffen, daà sie etwas verändern und die Ambivalenz beenden. Doch es ist typisch, daà sie sie einfachdurchspielen â sie nehmen eine intime Handlung vor, fühlen sich aber verlogen, als Heuchler und unter Zwang. Das ist nicht therapeutisch.
Ich glaube, daà diese einseitigen »Liebesübungen« gewöhnlich das Falsche bewirken, weil sie den Paaren drei unausgesprochene, aber schmerzliche Botschaften übermitteln. Sie beinhalten,
daà das Hauptproblem in der Beziehung die Weigerung des distanzierten Partners zu mehr Nähe ist,
daà dieses Problem nur gelöst werden kann, wenn der distanzierte Partner seine Gefühle ändert und offen für die Liebe wird,
daà der bedürftige Partner »der Gute« in der Beziehung ist, weil er/sie für die Liebe ist. Deshalb sollte er/sie bekommen, was er/sie möchte â Nähe â, ohne selbst dafür emotionale Arbeit leisten zu müssen.
Selbst wenn das nur unterschwellig übermittelt wird, kann sich der Ãberlegene durch diese Botschaften schlecht, frustriert, ausgeschlossen und aufgebracht, weil man ihn/sie nicht versteht, fühlen. Natürlich sabotiert das sogar ernstgemeinte Versuche des Ãberlegenen, den Partner wieder zu lieben.
Solche Ãbungen verlangen auch, daà die Ãberlegenen die härteste emotionale Arbeit leisten. Sie sind diejenigen, die ängstlich, blockiert, feindselig sind, müssen sich »arrangieren« und bekommen vom Therapeuten und dem Unterlegenen zu hören, daà sie mehr Liebe empfinden sollten, wodurch es ihnen noch schwerer fällt, Liebe zu empfinden. Traditionelle Paartherapie kann dazu führen, daà sich die Ãberlegenen belasteter und eingeengter vorkommen als vorher.
Durch meine klinische Arbeit und meine persönlichen Erfahrungen lernte ich eine lebenswichtige Lektion: Der distanzierte Partner ist ebenso ein Opfer schmerzlicher Beziehungsdynamismen wie der andere Partner; therapeutischer Druck, um ihm/ihr den anderen nahezubringen, vergröÃert noch sein/ihr Leiden.
Mein Ansatz ist aber auch nicht nur für Ãberlegene. Doch es ist eine Tatsache, daà der Ãberlegene der Partner ist, der am ehesten eine Therapie abbricht. In meiner Praxis habe ich herausgefunden,daà sich Ãberlegene wesentlich besser fühlen, wenn ich die Probleme des Paares neutral in Begriffen der Beziehungsdynamik darlege. Und Ãberlegene bleiben dabei, wenn ich verschiedene Ãbungskombinationen für Paare verordne. Ich bitte beide, emotionale Arbeit zu leisten. Ich entwerfe diese Ãbungen, um
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