Ich liebe mich
wirken...«
Diese Auffassung, erklärt der Doktor, setze voraus, daß der Partner das Problem darstelle. Dem einen den andern zu erklären, sei jedoch nicht sehr hilfreich. Es gehe darum, daß jeder sich selbst begreife. Dazu könne einmal der Partner gehört werden. Mit ausdrücklichem Einverständnis.
Ein Lächeln, ein Zusatz.
»Das nur zu Ihrer Information. Sie sind ja nicht Patient.«
»Dann könnten Sie meine Frau also nehmen!«
Mit dieser Logik hat der Doktor gerechnet. Manche Kollegen würden mit Ehepaaren arbeiten und auch privat mit ihnen verkehren, erklärt er, in ironischem Plauderton. Das sei jedoch nicht die Regel. Zu leicht werde der Therapeut als Instanz ausgespielt, verantwortlich gemacht, sozusagen als Schiedsrichter.
An der Tür noch eine Frage:
»Finden Sie mich unmöglich mit meinen kleinen Seitensprüngen?«
Der Doktor lächelt:
»Sie sind ein ganz normaler Ehebrecher. Mit ein paar Entschuldigungen mehr.«
Sie waren in Rom, frühstückten auf dem Zimmer, um nicht auf nüchternen Magen den sich von Tisch zu Tisch unterhaltenden amerikanischen Touristen ausgeliefert zu sein, aßen zu Mittag an der Piazza Navone — unter Italienern —, fuhren mit der Kutsche zum Petersdom, im Lift hinauf aufs Dach, wo aus dort errichteten Souvenirbaracken — Penthouses für religiösen Kitsch, wie er sie nannte — sakrale Musik vom Band ihren Blick über die Ewige Stadt begleitete. Sie wanderten durch enge Straßen, von Brunnen zu Brunnen. Er fand nichts, was er Babette oder Stephanie hätte mitbringen wollen. Sie stiegen über die Spanische Treppe hinauf zum Pincio, aßen zu Abend in einem noch unentdeckten Lokal mit Steinboden, kleinen, weiß gedeckten Tischen und fröhlich-flink den gastronomischen Werkstattbetrieb meisternden Kellnern, kehrten frühzeitig ins Hotel zurück, um zu telefonieren, und merkten erst, als sie die Beine unter der Decke streckten und er ihr übrigens viele Grüße von Hilde bestellte, wie viel sie gelaufen waren.
Auch am folgenden Tag wanderten sie, gedankenabwesend, aßen noch italienischer, wechselten im Sightseeingtempo, Übereinstimmungen sammelnd von Kunstwerk zu Kunstwerk. In einer Kirche lächelten sie einander zu, durch den Glassarg eines alten, mit Talmisteinen übersäten Glaubenskämpfers, nackt die Knochen, nur das Becken schamhaft in Tüll gewickelt.
Abends endlich Babettes Stimme. Er sucht nach zärtlichen Worten und findet nur Ermahnungen.
»Fahr vorsichtig mit dem neuen Wagen, Babsilein, hörst du! — Er ist sehr schnell, ich weiß. — Und laß in der Stadt das Verdeck zu! — Ich möchte nicht, daß ein falscher Eindruck entsteht! Nein, mir ist das gar nicht egal. — Wie geht es dir sonst? — Vermißt du mich? — Was vermißt du? — Immer noch nicht? — Wieviel Tage bist du schon drüber? — Warten wir bis morgen! Ich weiß nicht genau, wann ich anrufen kann. Am Abend bist du ja zu Hause — Mein Kleines... adio.«
Seine Frau, die ebenfalls telefoniert hatte, trat aus Zelle 5 und öffnete die Tür von Zelle 7.
»Stephanie möchte dir noch guten Tag sagen.«
Er legt auf, geht in Zelle 5.
»Hallo Steffikind, mein Kleines! Wie geht es dir? — Bist du geritten? — Wir haben einen fabelhaften Reitplatz gesehen, unterhalb der Villa Borghese. Mußte immer an dich denken! — So, die hat ein Auto? — Nett, daß ihr euch angefreundet habt — Aber paßt auf euch auf! — Grüß Golo schön — Also Kleines, adio!«
Schwitzend trat er aus der Zelle. Seine Frau hatte den Schlüssel beim Portier geholt.
»Ich versteh uns nicht. Wir hätten so bequem vom Zimmer aus telefonieren können.«
»Ja, Liebes. Ich versteh uns auch nicht. Laß uns noch einen Whisky trinken.«
»Den aber bitte auf dem Zimmer!«
Sie flogen nach Neapel, bestaunten den amerikanischen Flugzeugträger, der in der Bucht vor Anker lag, und fuhren mit dem Aliscafo nach Capri. Die Freunde aus München, Düsseldorf und Hamburg waren um diese Zeit schon wieder abgereist, die Hotels, im Einmotten begriffen, hielten nur noch wenige Zimmer offen. Der Himmel war verhangen, ein steifer Wind fegte über das Tyrrhenische Meer, zum Baden wenig einladend, aber die Luft war ein Labsal nach dem Auspuffqualm der Ewigen Stadt. Sie füllten die langen Tage mit der kleinen Insel, wandernd vorzugsweise, hinauf nach Anacapri, hinunter nach Marina Piccola, zur Villa Tiberio, zu den Faraglioni, schwiegen lang und atmeten tief, kauften abends deutsche Zeitungen auf der Piazza, lasen die überholten
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