Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
und schüttelt langsam den Kopf.
»Schlimme Dinge«, flüstert er.
54 Alice
Nachdem die Althippiefrau mir gesagt hat, ich solle mich mit meiner wundervollen Frage befassen (nebenbei bemerkt, ich finde nicht, dass Fragen für sich allein genommen schön sind, oder sagen wir lieber, für mich gehört zumindest eine vernünftige Antwort dazu), hat sie mich auf dem Sofa allein gelassen und mir bedeutet, ich solle dort sitzen bleiben.
Und das tue ich auch, eine halbe Stunde lang schaue ich mich um und versuche zu begreifen, was es heißt, sich mit einer Frage zu befassen. Aber irgendwann muss ich dann ganz dringend auf die Toilette und stehe auf, wobei ich hoffe, dass die alte Frau nichts dagegen hat. Sie begegnet meinem Blick und lächelt.
Als ich kurz darauf in den Raum zurückkehre, ist das Sofa, auf dem ich gesessen habe, von drei Mädchen besetzt, die mir bekannt vorkommen. Ich bleibe kurz stehen, um sie zu beobachten und mich zu erinnern, wer sie sind, als eine der drei auf mich aufmerksam wird. Sie hat einen auffälligen schwarzen Pony, der ihr das halbe Gesicht verdeckt, trägt grobe schwarze Stiefel und lila Strumpfhosen, die ihre Figur nicht gerade optimal zur Geltung bringen.
Da wird mir klar, dass es die drei Mädchen sind, die ich in Lucas Haus getroffen habe.
»Hallo«, sagt Schwarzer Pony zu mir und lächelt mich einigermaßen freundlich an, aus ihrem Blick spricht allerdings noch ein gewisses Misstrauen.
Ich nähere mich vorsichtig und grüße zurück.
»Entschuldigung, aber ich hab eben hier gesessen«, erkläre ich schüchtern.
»Bitte«, sagt eines der Mädchen und bedeutet mir, ich solle mich zu ihnen setzen.
Ich drehe mich kurz um, um sicherzugehen, dass diese Aufforderung wirklich mir gilt, und begegne den lächelnden Augen der alten Frau, die mir entschieden, ja geradezu begeistert zunickt.
»Hast du Dalila schon sehen können?«, fragt mich eins der Mädchen.
»Nein, noch nicht.«
»Eine böse Geschichte«, sagt eine andere. »Und dieser Italiener, Luca, ist ein richtiger Scheißkerl. Kennst du den etwa?«
»Nein«, antworte ich hastig. »Ich glaube nicht. Was hat er denn getan?«
»Es geht ja wohl eher darum, was er nicht getan hat«, sagt eine andere, und mir wird immer klarer, dass die anderen über ein bestimmtes Ereignis sprechen und davon ausgehen, dass ich darüber Bescheid weiß.
»Er hat sich seit dieser Sache nicht mehr blicken und nichts von sich hören lassen. Dalila ist heute Morgen aus dem Krankenhaus gekommen, sie hat ihm eine SMS geschickt, aber er … nichts. So verhält sich doch nur ein echter Scheißkerl, oder?«
»Aber es ist schon hirnrissig, in der Badewanne einen Joint zu rauchen«, erklärt eine andere.
»Wenn sie es mal nicht absichtlich getan hat.«
»Aber nein, das glaube ich nicht. Sie wollte sich nicht umbringen. Sie hat daran gedacht, sicher, aber wer tut das nicht?«
»Und heute Abend geht sie schon wieder zur Arbeit!«, mischt sich die Dritte ins Gespräch. »Sofern man das im Lilly Restaurant als Arbeit bezeichnen kann … Der Name ist genauso beschissen wie das Lokal!«
»Okay, aber sie verdient dort einen Haufen Kohle. Wenn ich dreißig Kilos weniger auf den Rippen hätte, würde ich es auch machen!«
»Ich mein ja nur, das hat sie nicht nötig, unser nächstes Konzert wird ein Erfolg, ihr werdet schon sehen …«
Ich mische mich nicht in das Gespräch der drei Mädchen ein, denn sie fügen nach und nach kleine Teile zu dem Mosaik hinzu, das sich allmählich immer deutlicher in meinem Kopf zusammensetzt.
»Wo ist denn dieses Restaurant?«, frage ich schließlich.
Nachdem es mir mit dieser beiläufigen Frage gelungen ist, die Adresse zu erfahren, ziehe ich mich unter einem Vorwand in meinen »Pink room« zurück. Kaum öffne ich die Tür, schießt ein Schatten an mir vorbei. Erschreckt schreie ich auf und weiche zurück, doch dann merke ich, dass es nur die Katze von heute Morgen ist.
Sie sitzt auf dem Bett und starrt mich an.
»Musst du dir ausgerechnet mein Zimmer aussuchen?«
Die Katze miaut, und auch diesmal scheint es so etwas wie eine Antwort zu sein. Es klingt nicht wie das »Guten Morgen« von heute früh, sondern mehr wie ein »Ich habe meine Gründe«. Und sie bleibt unbeirrt dort sitzen.
Ich denke an das Gespräch mit den drei Mädchen zurück und versuche, daraus eine logische Geschichte zu rekonstruieren, die vielleicht erklärt, warum Luca verschwunden ist. Dann nehme ich mein Handy und versuche zum tausendsten
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