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Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist

Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist

Titel: Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Gungui
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Mal, ihn anzurufen, aber seines ist immer noch ausgeschaltet. Da fällt mir ein, dass ich auf der Liste der eingegangenen Anrufe die Nummer haben müsste, von der er mich heute Morgen angerufen hat. Ich sehe nach, und da ist sie tatsächlich.
    Ich zögere kurz, bevor ich mich entschließe, diese Nummer zu wählen, aus Angst vor dem, was ich herausfinden könnte. Aber dann rufe ich doch an.
    Das Telefon klingelt: einmal, zweimal. Dann nimmt jemand ab.
    »Police station« , meldet sich eine Frauenstimme.
    Ich sage nichts.
    »Police station« , wiederholt sie.
    Ich lege auf.
    Wie gelähmt bleibe ich sitzen und starre mein Handy an, während ich schon eine Entscheidung getroffen habe. Ich muss sofort Dalila treffen, und dazu muss ich in dieses verdammte Lilly Restaurant.

55  Luca
    Es ist acht Uhr abends und wir sind gerade mit dem Essen fertig. Paolo hat ebenfalls seinen Anruf machen dürfen und er meint, wenn alles gut geht, holt ihn heute Abend noch jemand hier raus. Er hat mir von seinem Leben in Italien erzählt, von dem Zeitpunkt, als er gemerkt hat, dass er schwul ist, und von all den Problemen, die er gehabt hat, weil er in einem kleinen Ort im Veneto mit vielen Vorurteilen und Ängsten aufgewachsen ist. Das Thema Der-Grund-aus-dem-wir-hier-sind hat er jedoch geschickt umgangen. Irgendwie haben seine Erzählungen, all diese Geschichten mich abgelenkt und ich habe nicht mehr an meine aktuelle Lage gedacht.
    »Weißt du«, erklärt er mir, »ich bin zwar schwul, aber ich bin auch katholisch. Und wie du weißt, geht das nicht gut zusammen. Ratzinger und Co. sagen zwar, Gott liebt alle Menschen, aber wir Schwulen werden trotzdem in der Hölle landen. Ich weiß ja nicht, wie du das siehst, ob du katholisch bist oder was …«
    »Nein, ich bin gar nichts, erzähl ruhig weiter.«
    »Okay, also ich glaube jedenfalls an Gott und an die Familie. Darf ich das etwa nicht, nur weil ich schwul bin? Ich frage mich …«
    Paolo zögert einen Moment, man könnte denken, er wollte meine Meinung dazu ergründen.
    »Na ja, ich glaube schon, aber das ist bestimmt schrecklich kompliziert.«
    »Das kannst du laut sagen. Ich bin mit meinem festen Freund nach San Francisco gekommen in der Hoffnung, wir könnten hier heiraten, so richtig auf dem Standesamt. Und auch, weil man hier, wie gesagt, als Hetero fast mehr auffällt als als Schwuler. Doch sobald wir hier waren, hat mein Freund begonnen sich zu verändern. Er hat sich umgesehen, wollte seinen Spaß haben und hat eine Welt entdeckt, in der alles viel einfacher für uns Schwule ist. Ich habe von Heirat gesprochen und er hat gemeint, damit sollten wir besser noch warten. Ich wollte mit ihm essen gehen und er wollte in die Disco, andere Männer kennenlernen …«
    Paolo verstummt. Man sieht ihm an, dass es ihm schwerfällt, diese Geschichte zu erzählen. Und ich frage mich langsam, worauf er hinauswill.
    »Was denkst du über jemanden, der sich so verhält?«, fragt er mich ganz plötzlich.
    »Keine Ahnung, vielleicht dass er unsicher ist, dass er seine Meinung geändert hat. Wie alt ist er denn?«
    Paolo lacht und schüttelt den Kopf.
    »Komisch«, sagt er zu mir. »Das fragt mich jeder, wenn ich es erzähle. So verhält sich nur ein unreifer Junge, stimmt’s? Aber er ist neununddreißig, ein Jahr jünger als ich …«
    »Und was meinst du damit, wenn du sagst, du glaubst an die Familie …?«
    »Nein, ich will keine Kinder. Oder besser gesagt, sicher, ich hätte gern welche, aber dafür ist unsere Gesellschaft noch nicht bereit. Was genau genommen schon seltsam ist. Sie ist reif genug für eine Familie, in der die Partner sich getrennt haben, während zwei gleichgeschlechtliche Elternteile, die sich lieben, immer noch eine Gotteslästerung darstellen. Wie auch immer, mein Freund hat also angefangen, wild durch die Gegend zu vögeln, das ist die Geschichte, und ich hab ihm das eines Tages auf den Kopf zu gesagt. Wir hatten einen furchtbaren Streit. Er hat sich entschuldigt, hat geantwortet, er brauche Zeit und die habe ich ihm auch gegeben. Nur dass ich ihn dann eines Abends mit einem anderen Mann auf der Straße erwischt habe. Und da habe ich den Kopf verloren.«
    An dieser Stelle schweigt Paolo. Sein Blick wird hart, er starrt vor sich hin. Er hat glänzende Augen bekommen und presst die Lippen zusammen. Ich unterbreche sein Schweigen nicht und lasse ihm Zeit, sich zu erinnern, denn man sieht ganz klar, dass er den Moment noch einmal an sich vorüberziehen lässt, in dem er

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