Ich mag dich wie du bist
wollte Luca sehen, nicht Daniele. Und ich habe gute Miene zum bösen Spiel gemacht, obwohl ich lieber erst mal unter vier Augen mit Daniele gesprochen hätte, ehe ich plötzlich ohne Vorwarnung mit ihm und meiner ganzen Familie am Tisch sitze.
»Ich musste ein wenig allein sein.«
»Ja, das habe ich begriffen. Aber das hättest du mir auch sagen können.«
»Ja, du hast recht, entschuldige.«
»Ali, so geht das nicht.«
»Ich weiß.«
»Du bist so anders, und das schon seit einer ganzen Weile.«
»Du auch.«
»Nein, das stimmt nicht. Ich bin immer noch derselbe, wenn es zwischen uns jetzt so aussieht, dann liegt das nicht an mir, und das weißt du.«
»Wie sieht es denn bei uns aus?«
»Du bist kühl, und das nicht erst seit heute. Ich habe darüber nachgedacht, meiner Meinung nach bist du so anders, seit Luca da ist.«
»Was hat Luca damit zu tun?«
»Was glaubst du denn? Seit vier Tagen rührst du dich nicht mehr, sag du mir, was Luca damit zu tun hat.«
»Nein, es liegt daran, dass die Ferien zu Ende gehen und ich wieder nach Mailand zurückmuss, dass ich das Schuljahr wiederholen muss und ich keine Lust darauf habe, noch mal ganz von vorn anzufangen. Ich bin nicht glücklich, und das hat nichts mit dir zu tun. Ich habe dich in diesen Stress hineingezogen, und das tut mir leid, aber du musst das auch verstehen.«
»Was muss ich denn verstehen? Ich war immer für dich da. Habe ich dir nicht zugehört? War ich etwa egoistisch? Wenn du mit mir hättest reden wollen, ich war da, ich hätte dir zugehört. Das ist nicht das Problem. Du bist nicht erst vor einer Woche sitzen geblieben. Auch in der ersten Woche, in der wir zusammen waren, warst du schon sitzen geblieben und trotzdem war alles gut. Was ist jetzt anders? Was ist passiert?«
»Nichts ist passiert.«
»Aber da muss doch etwas gewesen sein.«
»Da war nichts.«
»Dann kann ich ja genauso gut wieder gehen. Ich bin gekommen, um mit dir zu reden, um irgendwie zu versuchen, etwas zu verstehen. Ich habe dir in den letzten Tagen SMS geschickt, aber ich war nicht aufdringlich. Du wolltest allein sein und ich habe mich zurückgehalten. Aber jetzt hat es keinen Zweck mehr, so weiterzumachen.«
»Willst du Schluss machen?«
»Ali, du kannst mich mal, verfluchte Scheiße! Was habe ich dir denn getan? Was habe ich getan, dass du mich so behandelst? Ich war immer für dich da, ich habe so getan, als sähe ich es nicht, wenn du dich zwischen Luca und Rosa gestellt hast, weil, das sage ich dir jetzt, weil du nämlich eifersüchtig warst. Ich war nicht beleidigt, als du mich beiseitegeschoben hast und auch nicht die vielen Male, als du gereizt warst, und jetzt fragst du mich, ob ich Schluss machen will?«
»Was soll ich denn sagen? Was soll ich deiner Meinung nach sagen?«
»Was willst du eigentlich von mir? Was willst du von Luca? Das sollst du mir sagen!«
»Luca und ich, wir waren mal zusammen.«
»Wie bitte?«
»Das stimmt, Luca und ich waren mal zusammen.«
»Und warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Warum hätte ich dir das sagen sollen?«
»Weil wir beide zusammen waren, verdammt noch mal, und wir die Ferien gemeinsam verbracht haben, und wenn dann dein Ex aufkreuzt und sein Zelt neben meinem aufbaut, kannst du mir das gefälligst sagen!«
»Daniele, ich will nicht mehr reden, ich habe nichts zu sagen, lass mich allein, hau ab!«
»Nein, ich haue nicht ab! Warum hast du das getan? Warst du nicht glücklich mit mir? Wir beide hatten eine wunderschöne Zeit zusammen. Ich habe ja nicht erwartet, dass wir dann auch gleich in Mailand zusammen sein würden, aber ich habe gehofft, zumindest eine schöne Erinnerung daran zu bewahren, und jetzt versaut mir unsere verdammte kleine Affäre den ganzen Urlaub.«
»Warum?«
»Warum? Du hörst mir ja nicht einmal zu. Du denkst nur an dich. Du bist wie Martina, ganz genauso, die Leute sind nur zu was gut, solange sie dir in den Kram passen.«
»Was hat Martina damit zu tun?«
»Die hat schon was damit zu tun, sie ist wie du. Sie denkt auch nur an sich.«
»Okay, schon gut, glaub, was du willst.«
»Ich wollte mit dir reden, dir zuhören, aber offensichtlich habe ich dich überschätzt. Alice, du kannst mich mal!«
Sechsundsiebzig
Ich muss nicht einmal weinen. Dieser Strand hat mich schon zu oft weinen sehen.
Ich bleibe auf einem umgedrehten Boot sitzen und betrachte die Sterne. Aber ich fühle bloß eine große Leere im Kopf, da ist kein Gedanke, kein Gefühl, nicht einmal Angst.
In der Ferne
Weitere Kostenlose Bücher