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Ich muss Sie küssen, Miss Dove

Titel: Ich muss Sie küssen, Miss Dove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lee
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wiederzusehen."
    „Eine solche Vereinbarung hat es nicht gegeben. Du hast dich dafür entschieden. Ich ... hab etwas anderes beschlossen." Sie raffte ihren nassen Rock und tat einen Schritt auf ihn zu. „Harry, ich muss mit dir reden."
    Er musterte sie von Kopf bis Fuß, als sie näher kam. „Mein Gott, du bist ja vollkommen durchnässt!"
    „Ich musste fünf Häuserblocks weit laufen, bis ich eine Droschke fand. Nachdem du gegangen warst, habe ich über das nachgedacht, was du gesagt hast. Über alles."
    Er blickte zur Seite auf seine Hand, die sich um den Knauf des Treppenpfostens öffnete und schloss. „Du solltest nicht hier sein, Emma. Mein Butler, ein Lakai und ich sind die einzigen Personen im Haus. Die meisten der Bediensteten sind schon in Marlowe Park, die übrigen sind mit meiner Familie nach Torquay gefahren."
    Jetzt, da sie sich die Sache einmal in den Kopf gesetzt hatte, wollte sie ihr Vorhaben auch zu Ende bringen, aber sie wusste nicht so recht wie. „Ja, das mag sein, aber es ist wichtig." Sie sah zu dem Lakaien, der ganz in der Nähe mit irgendetwas beschäftigt schien. „Können wir irgendwo unter vier Augen miteinander sprechen?"
    Harry rieb sich mit der Hand über das Gesicht. „Gott, wir wollen doch bloß nicht, dass heute etwas unkompliziert verläuft, nicht wahr?" Seufzend drehte er sich um und zeigte auf die Treppe. „Komm."
    Er führte sie nach oben in den Salon. Sobald sie eingetreten waren, griff er nach dem Glockenstrang. „Ich werde von Garrett Feuer im Kamin machen lassen."
    „Nein, nein. Ich brauche kein Feuer, mir ist nicht kalt. Wir haben August. Und außerdem, wie könnte mir kalt sein, nach allem, was du mir an den Kopf geworfen hast? Ich habe eher das Gefühl, in Flammen zu stehen."
    Er betrachtete sie eine Weile, dann schloss er die Tür, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Worüber möchtest du dich mit mir unterhalten? Ich finde, wir haben beide heute Abend schon eine ganze Menge diskutiert. Was gibt es da noch zu sagen?"
    „Ich möchte dir eine Geschichte erzählen."
    Ungeduldig verlagerte er sein Gewicht von einem Bein aufs andere. „Du bist um diese Uhrzeit im strömenden Regen hergekommen, um mir eine Geschichte zu erzählen?"
    Sie nickte und fing zu lachen an. „Ja. Verrückt, nicht wahr?"
    „Emma ..."
    „Angefangen hat alles mit diesem Fächer aus Pfauenfedern. Diesem großen, ausgefallenen Fächer. Er war so teuer und so unpraktisch, aber auch so wunderschön und exotisch — ich wollte ihn unbedingt haben. Ich habe Tage lang geschwankt, bin immer wieder in den Laden gegangen, aber ich brachte es nie über mich, ihn zu kaufen. Er kostete zwei Guineas, Harry, zwei! Du weißt ja, wie ich bin."
    Das brachte ihn fast zum Lächeln. Fast. „Knauserig."
    „Sparsam."
    „Wie du meinst."
    „Jedenfalls, an dem Tag, als du mir mitgeteilt hast, du würdest mein neues Manuskript nicht veröffentlichen, hatte ich Geburtstag und ..."
    „Dein Geburtstag? Das wusste ich nicht. Du hättest es mir sagen sollen."
    „Ich habe nie erwartet, dass du weißt, wann ich Geburtstag habe. Ich weiß doch, wie viel du mit solchen Dingen anfangen kannst. Außerdem kennt kein Arbeitgeber die Geburtstage seiner Angestellten. Auf jeden Fall war ich so wütend auf dich, weil du nicht wusstest, wer Mrs. Bartleby ist und weil du keins meiner Manuskripte gelesen hattest, dass ich kündigen wollte. Doch auf dem Nachhauseweg hatte ich mir das schon wieder ausgeredet. Ich tue so etwas, ich rede mir Dinge aus, weil sie unvernünftig, frivol oder unschicklich sind."
    „Ja, und wenn mich mein Erinnerungsvermögen nicht gänzlich trügt, haben wir uns über genau dieses Thema heute früher am Abend gestritten."
    Emma ließ sich nicht beirren. „Ich beschloss, mir den Fächer selbst zum Geburtstag zu schenken, also ging ich in diesen Laden. Doch als ich dort ankam, erstand ihn gerade eine andere Frau. Sie war eher noch ein Mädchen, ein junges, hübsches Mädchen in seiner ersten Ballsaison, und es wollte den Fächern auf einen Ball mitnehmen. Siehst du, ich hatte zu lange gewartet und die Chance vertan, ihn mir selbst zu kaufen. Und genau da, in diesem Laden, breitete sich plötzlich vor mir die ganze Geschichte meines Lebens aus. Mir wurde schlagartig deutlich, dass ich immer wieder die gleichen Entscheidungen getroffen habe, Entscheidungen, die gut, sicher, vernünftig und schicklich waren. Ich wartete darauf, dass Mr. Parker mir einen Antrag machte; ich wartete

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