Ich muss Sie küssen, Miss Dove
um deine Hand anhalten."
Sie starrte ihn völlig benommen an, außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen. „Aber du wolltest doch nie wieder heiraten. Das hast du mir gesagt. Das hast du jedem gesagt. Du hast sogar Leitartikel darüber geschrieben."
„Das muss ich jetzt wohl über mich ergehen lassen, nicht wahr? Geschieht mir nur recht, nachdem ich all die Jahre so ein zynischer Kerl gewesen bin." Er neigte den Kopf zur Seite. „Sag mir, ist es akzeptabel, wenn die Frau in einer solchen Situation so lange zaudert? Sollte sie den Qualen des armen Mannes nicht lieber ein Ende bereiten und Ja sagen, damit er weiß, dass er sich nicht vollends zum Narren gemacht hat?"
„Nein", stieß sie hervor. „Er verdient es, so lange zu leiden, bis sie gänzlich von der Tiefe und der Aufrichtigkeit seiner Gefühle überzeugt ist.
„Könnte ein Ring vielleicht dazu beitragen?" Er fing an, seine Taschen abzuklopfen.
„Du hast einen Verlobungsring gekauft?"
„Gehört sich das nicht so? Ich hoffe nur, er sitzt", fügte er hinzu und suchte immer noch. „Mrs. Morris hat mir zwar deine Ringgröße verraten, aber ..."
„Mrs. Morris wusste davon?" Emma war fassungslos. „Sie wusste, dass du mir einen Heiratsantrag machen würdest?"
Harry hielt inne und sah Emma mit mitleidigem Kopfschütteln an, als wäre sie ein hoffnungsloser Fall. „Wie sollte ich denn sonst deine Ringgröße in Erfahrung bringen? Du ahnst nicht, wie viel Mühe sie hatte, sich in deine Wohnung zu schleichen und einen deiner Ringe zum Vergleich mitgehen zu lassen. Du hast tagelang deine Wohnung nicht verlassen und Trübsal geblasen, wie mir berichtet wurde."
„Ich habe nicht Trübsal geblasen! Ich habe an meinem Roman gearbeitet."
„Verzeihung, dann habe ich das falsch verstanden. Das hat man davon, wenn man auf Klatsch hört." Er nahm die Suche wieder auf. „Ich kann nur sagen, ich finde es schön, dass du gestern endlich wieder ausgegangen bist und Pralinen gekauft hast. Sie waren bestimmt für Mr. Pigeon, da du ja nicht Trübsal geblasen hast. Da!" Triumphierend zog er einen atemberaubend schönen Platinring mit Smaragden aus der Tasche. „Ich hoffe, er gefällt dir. Mrs. Morris kam ja erst gestern dazu, mich anzurufen und mir deine Ringgröße durchzugeben, aber sie sagte, Smaragde seien deine Lieblingssteine. Und dann habe ich mich den ganzen Nachmittag in der Bond Street herumgetrieben, bin von einem Juwelier zum nächsten gelaufen und habe versucht, einen Verlobungsring mit Smaragden zu finden." Er nahm ihre Hand und streifte ihr den Ring über. „Es war die reinste Qual, Emma. Wie du Einkaufen für einen angenehmen Zeitvertreib halten kannst, ist mir schleierhaft." Er beugte sich prüfend über ihre Hand. „Passt er?"
Er passte wie angegossen, aber als Emma Harry das sagen wollte, brachte sie keinen Ton über die Lippen. Wie im Traum betrachtete sie den wunderschönen Ring an ihrem. Finger, und, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Harry wollte sie heiraten? Sie konnte es immer noch nicht richtig glauben.
Er seufzte schwer. „Wenn der Herr die Dame immer noch nicht überzeugen konnte, ist wohl eine heldenhafte Geste des Gentlemans erforderlich?"
Sie schluckte, sah auf und zwang sich zum Sprechen. „Das wäre schön", brachte sie mühsam hervor. „Ich habe nämlich noch nie einen formvollendeten Heiratsantrag bekommen."
„Grausam, sehr grausam, Emma." Er runzelte eine Weile nachdenklich die Stirn, dann hellte sich seine Miene auf. „Nun gut. Um dir zu beweisen, wie sehr ich dich liebe, nehme ich jetzt das größte Opfer auf mich und erlaube, dass Mr. Pigeon bei uns lebt. In Marlowe Park kann er nach Herzenslust den Vögeln auflauern. Nur in unserem Bett schläft er nicht, ich möchte morgens nicht mit Katzenhaaren im Mund aufwachen."
Sie lachte nicht. „Harry, sei doch bitte einmal ernst."
„Ich weiß, ich rede viel Unsinn. Du hast mich zu Recht einen aalglatten Menschen genannt. Die Sache ist nur ..." Er unterbrach sich, nahm ihre Hände und holte tief Luft. „Ich liebe dich. Ich hätte dir das schon lange sagen sollen, aber es ist so verdammt schwer, das wirklich Wesentliche auszusprechen. Mich in dich zu verlieben ging so leicht, so ganz wie von selbst im Lauf der Zeit, dass ich nicht einmal groß darüber nachgedacht habe. Es ist nicht so, dass ich eines Morgens aufgewacht und plötzlich in dich verliebt gewesen wäre. Und als du unsere Affäre dann beendet hast, hätte ich es spätestens in dem Moment sagen
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