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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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festgestellt, dass wir noch nicht lange genug zusammen sind, um uns ganz eigene und persönliche Kosenamen zu geben. Also solche Kosenamen, die aus der Geschichte entstanden sind, die man gemeinsam erlebt hat, aus Situationen, aus gemeinsamen Momenten. Die müssen zwar nicht unbedingt schöner sein als die gängigen Modelle, haben aber immerhin einen gewissen Erinnerungswert und sind deswegen meistens erlaubt. Wir haben uns auf ein basisdemokratisches » Liebling« geeinigt, bis uns geeignete, personifizierte Kosenamen vor die Flinte laufen.
    Konrad. Mein Liebling. Mein Liebster von allen. Das war lange nicht klar. Also mir war lange nicht klar, dass ich Konrad am liebsten haben sollte. Nicht nur während der neun Jahre Gymnasium, sondern auch danach nicht. Gut, das fiel nicht besonders schwer, immerhin haben wir uns nach dem Abi in unsere jeweiligen Leben gestürzt und einander zielstrebig aus den Augen verloren. Ich ging studieren, Konrad zum Bund. Da fing er auch zwangsläufig mit Sport an, nahm fünfzehn Kilo ab und hörte auf, sich ausschließlich in Nullen und Einsen auszudrücken. Er legte seine Nerdigkeit ab und ein paar neue Angewohnheiten zu, fing mit dem Wirtschaftsinformatikstudium an, trat in die Hockeymannschaft der Uni ein, lernte coole Leute kennen und begann irgendwann, sich auch wie sie zu kleiden. Das bekam ihm allem Anschein nach recht gut, denn plötzlich standen die Pferdeschwanzmädchen bei ihm Schlange. Für eine ebensolche entschied er sich am Ende auch: Nadine.
    Nadine sieht aus wie ein Supermodel und hat den Charakter einer Schmeißfliege, soweit ich das beurteilen kann, aber vielleicht bin ich auch nur voreingenommen.
    Sie umwarb Konrad so konsequent, säuselnd und– das verriet er mir im Vertrauen– fast schon furchteinflößend ergebnisorientiert, dass Konrad am Ende all seine Bedenken über Bord warf und sich dem Weibe hingab. Das Ganze hielt dann ein paar Jahre, bis Nadine ihn wegen eines anderen verließ. Und nach ein paar Monaten zurück in die gemeinsame Wohnung gekrochen kam. Konrad hatte in der Zwischenzeit allerdings jemand anderen kennengelernt. Jemanden, der ihn nicht nur wegen seines phänomenalen Äußeren und seines dicken Bankkontos liebte. Jemanden, der ihn schon sehr lange kannte und in der Unterstufe immer seinen Turnbeutel versteckt hat.
    Mich.
    » Juli!«
    Ich wälze mich auf die andere Seite. Es ist ein schönes Gefühl, Teil einer Beziehung zu sein. Kurt Tucholsky, von dem ich eigentlich sehr viel halte, schrieb einmal: Es wird nach einem Happy End im Film jewöhnlich abjeblendt. Kann ich gar nicht verstehen. Da fängt die wirklich aufregende Zeit doch überhaupt erst an! Dann wird’s romantisch, vertraut, intim und im besten Fall auch sexuell. Der erste Kuss (bei uns sehr romantisch: im Zoo vor dem Affengehege), der erste Sex (ein bisschen weniger romantisch: Währenddessen sprach meine Mutter fünfzehn Minuten lang auf den Anrufbeantworter), das erste gemeinsame Einschlafen miteinander (zugegeben, so gut wie gar nicht romantisch: Ich hatte eine Erkältung und habe schlimm geschnarcht).
    Konrad und ich haben den Oktober weitestgehend im Bett verbracht. Das gehört sich auch so für ein frischgebackenes Paar. Im Bett harmonieren wir sehr gut miteinander, ganz gleich ob kopulierend, kuschelnd oder schlafend. Und sogar außerhalb des Bettes verstehen wir uns wirklich gut, auch wenn sich das bislang auf gemeinsames Einkaufen und die schnelle Nahrungszubereitung beschränkt. Weiter als bis zum REWE um die Ecke sind wir noch nicht gekommen. Wir waren ja ganz und gar damit beschäftigt, verliebt ineinander zu sein. Ich kann mich also nur wiederholen: Es hat wirklich überhaupt keinen Sinn, nach einem schönen und vielversprechenden Happy End abzublenden!
    » Juuuli!«
    Jetzt reicht’s mir aber gleich. Wieso schreit er denn so? Kann er nicht einfach herkommen?
    Ich setze mich im Bett auf. » Was ist denn los?«
    » Na endlich! Kannst du mal bitte kommen? Klopapier ist alle!«
    Ach so. Deswegen wird in der Regel nach dem Happy End abgeblendet.

Der Richtige
    Mittwoch, 10 . November, um 19 : 03 Uhr
    Konrad und ich verbringen wirklich sehr viel Zeit miteinander, vorrangig in der Horizontalen. Ich weiß nicht genau, wie unsere Körper das schaffen, ohne zusammenzubrechen: Wir nehmen nur einen Bruchteil der üblichen Nahrungsmengen zu uns und verbrennen mindestens doppelt so viele Kalorien wie normalerweise, weil wir wirklich sehr, sehr viel Sex haben. Wenn wir gerade mal

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