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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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Uhr
    Die Sache mit dem Fernsehen haben wir relativ schnell wieder aufgegeben. Unglaublich, was an einem Dienstagabend so alles im Fernsehen läuft! Zum Glück zahle ich keine GEZ -Gebühren, sonst würde ich mich gleich noch mehr aufregen.
    Ein bisschen ratlos sitzen wir am zweiten Abend unserer unfreiwilligen Askese auf dem Sofa.
    Konrad gibt sein Bestes. » Wir müssen ja auch nicht fernsehen.«
    » Nein«, antworte ich einsilbig.
    » Wir könnten uns ja auch unterhalten.«
    Das klingt nach einem guten Vorschlag. Das Problem ist nur: Wenn man sich unterhalten will, klappt das meistens viel weniger gut, als wenn man sich ganz einfach unterhält, ohne darüber nachzudenken. Dementsprechend mühselig wirkt unser Versuch.
    » Wie war denn deine Woche so?«, startet Konrad enthusiastisch.
    » Gut!«, erwidere ich frohen Mutes. » Und bei dir so?«
    » Auch gut. Danke der Nachfrage.«
    Wir schweigen. Also, seien wir ehrlich: Die nonverbale Kommunikation klappt bei uns dann doch erheblich besser.
    » Äh«, sagt Konrad.
    » Hm, hm«, antworte ich. Unser Schlagabtausch geht in die nächste Runde. » Hast du Lust zu scrabbeln?« Was Blöderes fällt mir aber auch nicht ein.
    Konrad sieht mich zweifelnd an. » Nee. Nicht so. Aber weißt du was? Ich hab eine Idee!« Hoffentlich ist sie besser als meine. » Mein Vater sagt immer, Essen ist der Sex des Alters. Was hältst du davon, wenn wir einkaufen gehen und uns dann was richtig Feines kochen? So mit allem Pipapo? Drei Gänge?« Er sieht begeistert aus.
    Ich kann der Nahrungsaufnahme im Allgemeinen und im Speziellen auch eine Menge abgewinnen, daher machen wir uns über meine Kochbücher her und haben bald schon ein vielversprechendes und ungemein aufwendiges Menü zusammengestellt. (Ich glaube, Konrad sucht sich absichtlich die komplizierten Gerichte aus, damit wir länger beschäftigt sind.)
    Konrad flitzt zum Supermarkt. Ich entstaube schon einmal die Nudelmaschine. Konrad will nämlich Agnolotti mit Blattspinat-Ricotta-Füllung machen. Ich wusste bis gerade eben noch nicht einmal, was Agnolotti sind. Umso mehr freue ich mich auf die selbst gemachten Antipasti vorab sowie die anschließende Zabaglione, die Konrad selbstverständlich ebenfalls eigenhändig zubereiten wird. Die Waldbeeren, die er dazu kredenzen möchte, sammelt er vermutlich gerade im Stadtpark. Und wahrscheinlich wird er sogar die Eier selbst legen, die er für die Zabaglione braucht. Freak.

Ein Mops kam in die Küche
    Freitag, 26 . November, um 16 : 54 Uhr
    Ich kann nicht mehr. Nicht mehr essen, meine ich. Ich hätte niemals gedacht, dass dieser Zustand bei mir möglich ist. Seitdem Konrad und ich keinen Sex mehr haben, also seit ziemlich genau fünf Tagen, habe ich drei Kilo zugenommen. Drei Kilo! Ich habe vier Wochen gebraucht, um zwei Komma acht Kilo abzunehmen, und da habe ich mich wirklich nur von Luft und Liebe ernährt, das muss man sich mal vorstellen!
    Ich fühle mich so unglaublich fett und unattraktiv wie Sydney, Konrads und Nadines Beziehungskatze. Sofern der Klops so etwas wie ein ästhetisches Selbstwertgefühl hat.
    Ich jedenfalls ertrage mich kaum noch selbst. Immer, wenn Konrad oder ich Lust auf den anderen bekommen– das wird aber immer weniger, jedenfalls bei mir, weil ich mittlerweile so behäbig und aufgebläht bin, dass ich selbst den Gedanken an Sex schon als körperliche Anstrengung empfinde–, essen wir. Beide. Also: gemeinsam. Das bedeutet, dass wir richtig viel essen.
    Zugegeben, wir essen hervorragend. Konrad schleppt jeden Abend Nahrungsmittel in die Wohnung und zaubert die herrlichsten Gerichte. Wir hatten in der letzten Woche Kohlrouladen, Apfelstrudel mit Vanilleeis, Hähnchenbrustfilets mit Feigen-Chutney, Lachs-Carpaccio mit Sahne-Dill-Soße und Rosmarinkartoffeln, Kartoffelpuffer mit Apfelkompott, Schwarzwälderkirsch und Wiener Schnitzel, und immer, wirklich immer, hat Konrad alles selbst zubereitet, hat geschnippelt, gedünstet, gegrillt und gewickelt, blanchiert, sautiert, pochiert und noch einige andere französische Dinge getan, von denen ich vorher nie gehört und deren Sinn ich bis heute nicht verstanden habe.
    Doch. Den Sinn schon: Es sollte lecker werden. Und das wurde es auch. Nur bin ich jetzt so satt, ich mag kein Blatt. Mäh, mäh, mäh.
    Als ich meine stark vergrößerte Leibesfülle Konrad gegenüber anspreche, nimmt der mich nur in den Arm: » Ach, so ein Quatsch! Das kommt dir nur so vor, weil bald Weihnachten ist. Da fühlt man sich doch immer so.

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