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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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haben – weil mir alles noch zu nahe ging. Ich hatte viele Anfragen von diversen Medienanstalten, Anfragen, dieses tabuisierte Thema »Depression« und seine Ursachen in meinem Fall aufzugreifen. Doch ich bat um Verständnis, da ich nicht mehr im Fokus stehen und auch meine Privatsphäre schützen wollte. Außerdem wollte ich meiner Familie nicht zumuten, dass sie von diesem schrecklichen und hässlichen Szenario wieder eingeholt und die Vergangenheit wieder »belebt« wird.
    In den vergangenen Monaten habe ich zunehmend erkannt, dass ich noch etwas aufarbeiten muss, dass ich die Erlebnisse nicht einfach wegsperren darf – sondern sie in mein Leben integrieren muss. Ich glaube, man bekommt keine zweite und oftmals bessere Chance für ein neues, harmonischeres Leben, wenn man nicht noch eine Aufgabe hat, die zu erledigen ist.
    Außerdem wäre es für mich und meine Familie sehr hilfreich gewesen, wenn jemand ähnliche und persönliche Erfahrungen geschildert hätte, damit uns durch eine Vorwarnung ein derartig schreckliches Szenario evtl. nicht widerfahren wäre.
    Auch haben viele hohe Persönlichkeiten, wie z. B. auch beim DFB, dazu aufgerufen, dass man die Geschehnisse aufarbeiten und diese transparent machen muss, damit zukünftig auch anderen Menschen geholfen und diese heimtückische Krankheit Depression bekämpft werden kann. Diesen öffentlichen Aufruf habe ich aufgegriffen. Herr Zwanziger sagte dazu auch in seiner Rede nach Robert Enkes Tod: »Ihr könnt unglaublich viel dazu tun, wenn ihr bereit seid, aufzustehen gegen Böses.« Daher habe ich mich mit meiner Familie entschieden nicht einfach wegzuschauen.
    Ich will an meinem Beispiel zeigen, was wir anrichten können, wenn wir unsere Mitmenschen in ihrem Leid nicht ernst nehmen und sie aus Machtstreben an den Rand unserer menschlichen Gemeinschaft drängen. Ich will, dass es sich jeder gut überlegt, bevor er andere Menschen erniedrigt, sich über sie stellt – das gilt vor allem für unsere Berufswelt. Wo Effizienz und der Zwang zu funktionieren eine immer größere Rolle spielten. Ich will meine tiefe Depression schildern, weil ich anderen Menschen helfen will, sich aus so einer Zwangslage, wie ich sie erlebt habe, zu befreien, bevor es zu spät ist.
    Persönliche Verletzungen, Öffentliche Diffamierungen, Selbstzweifel, panische Ängste, eine schreckliche innere Antriebslosigkeit, eine alles lähmende Resignation, Schuldgefühle, psychischer Verfolgungswahn bis hin zur emotionalen Falle der Ausweglosigkeit hatten mich in den Wahnsinn getrieben und mich sukzessive mit der Depression infiziert.
    In unserer Schein-Gesellschaft habe ich Stärke demonstrieren wollen. Wenn ich frühzeitig auf meine körperlichen Warnsignale gehört hätte, wäre es viel einfacher gewesen loszulassen und nicht um jeden Preis gegen eine übermächtige Gegnerschaft anzukämpfen. Durch die beschriebenen Ereignisse fühlte ich mich verstoßen, gedemütigt und persönlich zutiefst verletzt. Ich hätte akzeptieren müssen, dass ich Schwächen und Grenzen habe und somit Fehler machen darf. Ich vernachlässigte, dass ich auch lieben, fühlen und leiden darf.
    Ich möchte mich nie mehr von anderen Menschen in Frage stellen lassen, sonst erreiche ich wieder das gleiche furchtbare Stadium wie vor meinem Suizidversuch. Und ich will andere Menschen dazu aufrufen, sich von der Meinung anderer nicht abhängig zu machen, sondern zu seinem eigenen Ich mit all seinen Stärken und Schwächen zu stehen. Nicht die Gesellschaft darf uns unser Gesicht geben, da sie dann das aus uns macht, was wir glauben zu sein.
    Und weil ich das alles so erlebt habe, möchte ich anderen Menschen meine Erfahrungen gerne weitergeben. Sie sollen sehen, dass diese Krankheit für jeden heilbar ist und es Hoffnung gibt. Ich möchte sie motivieren, dass sie das Leben, wie ich in meiner aussichtslosen Zeit, nicht als Bedrohung sehen, sondern wieder als ein Wunder unserer Natur entdecken. Das Leben gibt denen am meisten, die das Meiste aus dem machen, was ihnen das Lebens gibt!
    Als ich diesen Satz verinnerlichte, habe ich mein wahres ICH mit all meinen Grenzen und Möglichkeiten gefunden.
    Ich bin kein Philosoph. Meine Weisheiten schrieb mir das Leben, ich erhielt sie auf dem Fußballplatz, in einem Kölner Hotelzimmer, einer Kölner Polizeistation und drei psychiatrischen Kliniken. Also Erfahrung. Meine Erfahrung. Ich habe sie aufgeschrieben – weil sie eben Teil meines neuen Lebens sind.
    Rouja und ich hatten während

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