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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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Aussage fühlte sich für mich in meiner offenkundigen Ausnahmesituation an wie das Setzen einer Giftspritze mit Langzeitwirkung. Es war weniger der Gehalt dessen, was Fandel sagte – ich stand ja tatsächlich unter Dauerbeschuss, ich hatte wirklich ein massives Problem und ich verstand auch den Druck, der ihn aus der Liga und vom DFB erreichte. Entscheidend war, wie er es sagte, dass ich keinerlei Mitgefühl spürte und kein Bemühen, mich in dieser an sich schon schwierigen Situation in irgendeiner für mich sichtbaren Form zu unterstützen. Ich hätte mir gewünscht, dass unsere interne Abteilung in den Medien zumindest eine kurze Klarstellung vornahm, dass ich als Schiedsrichter für diese Fehlentscheidung nichts könne, nur eine fachliche und sachliche Darstellung dessen, was passiert war, mit den entsprechenden Handlungsspielräumen und Kompetenzen. Mehr hatte ich doch gar nicht erwartet. Ich verspürte wieder keine Rückendeckung unserer Führung, so wie sie Krug und Fandel damals von Volker Roth erhalten hatten. Sie ließen mich alleine im Regen stehen, und wenig hätte gefehlt, dann hätte ich das Gefühl gehabt, dass sie womöglich noch Gefallen daran fanden. Fandel, so kam es mir damals vor, trat mir Ertrinkendem die Finger von der Reling des Rettungsbootes, in das er mich mit etwas mehr Mitgefühl leicht hätte ziehen können. So habe ich das damals empfunden. Meine Gehirnstrukturen waren nicht in der Lage, das anders zu verarbeiten. Niemals vorher hatte jemand so gefühllos mit mir gesprochen. Ich habe selbst eine jahrelange Erfahrung als Filialleiter einer Bank und war verantwortlich für zehn Angestellte, Männer wie Frauen. Wann jemals wäre ich selbst bei kritischen Vorgängen in so gefühlsloser Weise mit den mir zugeordneten Kollegen umgegangen? Nie. Mein Führungsstil war immer kooperativ, auf Augenhöhe, mein Vorstand schätzte meine bekannt ausgleichende Art. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass mich ein Mensch, mit dem ich mich einst auch noch kameradschaftlich verbunden gefühlt hatte, so behandeln würde. Das war zu allem Schmerz auch noch eine große menschliche Enttäuschung. Wer solche »Freunde« als Chef bekommt, braucht keine Feinde mehr. Für mich jedenfalls war die Welt zusammengebrochen.
    Natürlich bekamen die Schiedsrichterkollegen sukzessive mit, wie sich die Gefühlswelt des Babak Rafati veränderte. Aus dem lustigen Kerl war eine Trauerweide geworden. Jeder wusste inzwischen, wie sehr ich am Eiern war.
    Einige der wichtigen Schiedsrichter, denen ich mein Herz geöffnet hatte, versprachen, auf Fandel einzuwirken. Aber es kam nichts.
    Es wäre vermessen gewesen, von meinen Schiri-Freunden zu erwarten, dass sie wirklich etwas unternehmen würden. Im System Schiedsrichter bist du Einzelkämpfer. Gefühle zeigen gilt nach wie vor als Zeichen von Schwäche in diesem Club der Männer. Fandel selbst hatte mal auf einer Schiedsrichtertagung gesagt, dieser Job sei nichts für Weicheier. Oder um mit Markus Babbel in einem seiner besonders feinfühligen »Permanent-Merk-es-dir-Tattoo« zu sprechen: »Wer das auf dem Platz nicht aushält: Es gilt ja freie Berufswahl.« Angesichts dieses Umfeldes versuchte auch ich den »Harten« zu spielen und keine Gefühle zu zeigen, auch wenn ich in Selbstmitleid verfiel, sobald ich mich unbeobachtet glaubte.
    Nur einmal habe ich deutlich über meinen zerrütteten Zustand gesprochen, als mich ein befreundeter DFB-Funktionär anrief. Ich sagte, dass ich den Druck und die Missachtung durch Krug und Fandel gesundheitlich nicht mehr ertragen könne. Er gab mir den Tipp, ich solle Fandel nicht als Feind betrachten, er meine es wirklich nicht so, wie es ankommen würde bei mir, denn seine sehr schwach ausgeprägte Sozialkompetenz sei bekannt. Ich sollte Fandel verstehen – seinen Mangel an Sozialkompetenz? Dabei war ich es, der Verständnis brauchte, dringender denn je. In meinem zerrütteten Zustand hätte ich jedes Zeichen der Zuwendung und Unterstützung durch Fandel dankend angenommen. Aber es kam nicht. Der Anrufer riet mir weiter, ich solle mich auf meine Stärken zurückbesinnen. Ich sei ein herausragender Schiedsrichter und würde diese Krise sicher überwinden. Ich sagte, dass ich das gesundheitlich nicht mehr schaffen würde. Antwort: Ich dürfe jetzt nur keine Schwäche gegenüber unserem Schiedsrichterobmann zeigen, denn das würde die komplexe Sachlage nur verschlimmern.
    Von einer hochgestellten Person im DFB-Umfeld, dem Fandel ebenfalls

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