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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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Freitag war er auf dem Weg nach Köln. Er hat mir gesagt, dass er das Spiel dort pfeifen wird. Das war alles. Samstagmorgen rief er dann an und sagte nur: Papa, es geht mir nicht so gut! Ich habe ihm geantwortet: Dann sag doch das Spiel ab. Er sagte: Ich werde mich nachher wieder melden. Dann hat er aufgelegt. Seine Freundin und deren Mutter haben mit mir auf den Anruf gewartet. Als er nicht kam, hat sie angefangen zu weinen.
    Was ist dann passiert?
    Die Polizei hat sich gemeldet. Rouja ist mit ihrer Mutter sofort ins Auto gestiegen und hat sich auf den Weg nach Köln in die Klinik gemacht.
    Haben Sie eine Erklärung für das, was geschehen ist?
    Nein! Mit seiner Freundin ist er seit vielen Jahren zusammen und glücklich. Sie macht alles für ihn und ist eine tolle Frau. Mit ihr kann das nichts zu tun haben.
    Gab es Anzeichen für eine Erkrankung?
    Von Depressionen oder Burn-out hat mein Sohn nie etwas erzählt. Wenn er das getan hätte, hätte ich reagiert.
    Hat er schon einmal über den Schiri-Job geschimpft?
    Er war sehr zufrieden. Ich bin selbst vor wenigen Tagen am linken Auge operiert worden und konnte deshalb nicht nach Köln fahren, daher bin ich froh, dass Sie mich informieren können. Ich kann nicht verstehen, warum Babak das getan hat.«
    18:35 Uhr: Beim Reporter klingelt das Telefon.
    Dessen Redaktion, die über den Besuch des Reporters informiert war, hatte inzwischen den Kontakt zur Klinik hergestellt. Das war der Moment, als es bei mir im Krankenzimmer geklingelt hatte. Der Reporter reicht meinem Vater den Hörer. Wir telefonieren. Ich weine in dem mit Ärzten und Pflegepersonal gefüllten Zimmer auf der Intensivstation der Klinik in Köln – mein Vater schluchzt in seiner von Dutzenden Menschen belagerten Wohnung in Hannover. Nach dem Gespräch geht das Interview weiter, mein Vater bedankt sich erleichtert beim Reporter:
    »Vielen Dank, dass Sie mir einen Kontakt in die Klinik hergestellt haben, ich habe mit meinem Sohn gesprochen.
    Was hat er zu Ihnen gesagt?
    Er sagte nur: Papa, verzeih mir, was ich getan habe. Ich habe ihm gesagt: Natürlich, du musst dich jetzt erst einmal erholen.«
    Und genau dieser einzige Satz war dann die Schlagzeile des Tages, nicht nur im Kölner Express, sondern in allen Zeitungen, im Radio, im Fernsehen, in sämtlichen Medien: »Rafati sagte zu seinem Vater: Papa, verzeih mir, was ich getan habe.«
    Mein Vater gab auch der BILD-Zeitung ein Interview. Darin sagte mein Vater unter anderem Folgendes:
    »Als Erstes hat er gesagt: Papa, ich liebe dich! Er hat sich bei mir entschuldigt, mich um Verzeihung gebeten. Ich habe ihm gesagt: Natürlich, mein Sohn. Ich bin so unendlich froh, dass es ihm wieder gut geht.
    Haben Sie gefragt, warum er versucht hat, sich das Leben zu nehmen?
    Nein. Ich kann jetzt nicht sagen, warum, weshalb, wieso das geschehen ist. Es wäre falsch gewesen, ihn das zu fragen. Wir werden darüber sprechen, wenn er wieder in Hannover ist. Ich kenne die Spekulationen aus den Medien. Was wirklich geschah, muss er mir selbst erklären.«
    Ich erzähle diese Geschichte nur, damit man im Folgenden meine an Verfolgungswahn grenzende Angst vor Medienvertretern versteht. Ich befürchtete ständig, sie würden auf jedem Baum, hinter jeder sich bewegenden Gardine oder in meinem Kleiderschrank auf der Jagd nach schlagzeilenträchtigen Bildern, O-Tönen – auf der Jagd nach mir sein.
    Ich bin heute trotzdem noch froh, dass der Kölner Express die Idee mit diesem Telefonat hatte. Dass mein Vater mich nicht fallen ließ, war eine unglaubliche Beruhigung. Ich hatte bis zu diesem Morgen fast nie geweint in meinem Leben. Ich wunderte mich, woher all die Tränen kamen, die ich gar nicht aufhalten konnte, die einfach so aus mir herausströmten. Ich weinte nur noch. Unfähig, meine Tränenflüsse zu stoppen.
    ■ ■ ■
    Als Nächstes beschlich mich die Angst, wie Rouja reagieren würde, wenn sie mich in meinem Zustand sehen würde. Andererseits konnte ich es nicht erwarten, bis sie endlich bei mir war, denn ich brauchte sie in diesem Augenblick mehr denn je und ich spürte meine Liebe zu ihr in einer unglaublichen Intensität.
    Rouja ist die Liebe meines Lebens, niemals hätte ich den Verlust ihrer Zuneigung verkraften können. Sie hat Augen, tief wie ein Meer, und ich kann stundenlang träumen darin. Sie macht mich ruhig, sie ist sanft in ihrer Sprache, weich in all ihren Bewegungen und hart darin, sich selbst Leistung abzufordern in allem, was sie tut, wenn sie sich für

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