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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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Frau und sagte: »Fußball, toll – ich mach dir noch schnell was zu essen – dann können wir noch in Ruhe die Sportschau schauen!« Ich musste mich wirklich oft kneifen, ob ich träume.
    Ich habe bei ihr all die Dinge erfahren, die mir in meiner Kindheit und meiner ersten Ehe oft so sehr gefehlt hatten: absolute Zuneigung, Verständnis, die Bereitschaft, alles für mich zu tun – als Ehefrau und gleichberechtigte Partnerin da zu sein. Es gab kein Gegeneinander. Stattdessen entdeckten wir, wie ähnlich unsere Einstellungen zum Beruf und zum Leben waren. Rouja ist ein Mensch, der wie Rosenduft meine Seele weitete. Das war ein ganz anderes Leben und plötzlich spürte ich, dass es noch viel mehr gibt als nur Fußball. Mit einem Mal hatte ich wieder Lust, etwas gemeinsam zu unternehmen, abends auszugehen, zu reisen, einfach mit ihr unterwegs zu sein. Roujas Eltern sind Künstler, Kalligraf, Maler und Musiker. Der Vater war im Iran Dozent an der Universität und die Mutter Gymnasiallehrerin. Rouja und ihre Familie weckten in mir das Interesse für Kunst und Musik. Ich hatte plötzlich eine Partnerin, mit der ich neue Gesprächsthemen entdeckte, die fern vom Fußball lagen. Wir freuten uns auf jeden Tag, an dem wir zusammen sein konnten. Ich war völlig hin und weg von dieser Frau – und bin es heute noch.
    ■ ■ ■
    Ich liebte sie über alles, aber würde sie mich noch lieben können, nach allem, was ich getan hatte? Zweifellos, dachte ich, hatte ich sie tief verletzt, weil ich ihre Hilfe nicht gesucht und sie in der Nacht nicht angerufen hatte, sondern meinen Vater. Ich würde ihr erklären können, wie sehr ich mich über meinen Zustand geschämt hatte, dass ich stark sein wollte und wie ich vergeblich stundenlang mit mir gerungen hatte, die Nacht doch noch heil zu überstehen. Aber würde sie mir verzeihen? Mich in ihre Arme schließen? Was war ich noch wert?
    In diesem Bett der Intensivstation lag ein Mann, der sich bewusst war, dass er sein Leben zerstört hatte und einen aussichtslosen Kampf um die Wiederherstellung seines Rufs führen würde. Vermutlich ist es so, dass man erst ganz unten ankommen muss, um zu erkennen, dass sich das Alte nicht halten lässt und dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: sich aufgeben oder wieder den Mut fassen, alles neu aufzubauen. Heute tritt alles, woran ich vor meiner Tat glaubte, hinter der bedingungslosen Liebe zu Rouja zurück: Karriere- und Statusdenken, der Kampf um Anerkennung, Geld, Macht, Ansehen. Früher hätte ich gesagt: Ich muss existieren, mein Auskommen, meinen Platz in der Gesellschaft finden – heute sage ich, egal was kommt, ich möchte bewusst leben und nie wieder in meinem Leben dem eigenen Schatten hinterherlaufen. Aber zu dieser Erkenntnis musste ich von jenem Tag des 19. November 2011 bis heute einen sehr langwierigen und schmerzhaften Weg zurücklegen.
    Rouja würde in den folgenden Stunden, den folgenden Wochen und Monaten gar das ganze Leben durch mich sehr viel leiden und ertragen müssen. Sie hat so viel mitgemacht, dass ich sie heute, ein Jahr danach, oft lange anschaue und mich staunend frage, woher diese so anmutige und zerbrechlich wirkende Frau nur die Kraft genommen hat, meine Krankheit auszuhalten und mich zu retten. Ich sage mir dann oft, Mensch, das gibt es gar nicht, dass dich dieser Mensch so liebt. Dass sie mal mein Leben retten würde, hätte ich damals nie geahnt. Sie ist ein Engel und hat mich in all ihrer Anmut mit nur einem Arm aus dem Grab zu sich emporgehoben, in das ich mich selbst gestürzt hatte.
    Und auf genau diese Frau wartete ich jetzt sehnsüchtigst. Mein Leben, das fühlte ich, lag in ihrer Hand, ihre Zu- oder Ablehnung würde für mich entscheidend sein, wie es weiterging – ob ich es weitergehen lassen würde. Als Rouja mein Krankenzimmer betrat, hatte sie, völlig aufgewühlt von ihren Gefühlen, eine lange Reise hinter sich.
    Im Kölner Express steht am nächsten Tag: »Um 19.20 Uhr kommt Rafatis Freundin zur Klinik. Eine Stunde später fährt seine Mutter mit drei weiteren Verwandten vor, um nach ihrem Sohn zu sehen. Rafatis Bruder Jafar nach dem Besuch: › Es geht Babak den Umständen entsprechend. ‹ «
    Als Rouja und meine Schwiegermutter endlich in Köln ankamen, sahen sie die vielen neugierigen Journalisten vor dem Eingang der Klinik. Sie versuchten Rouja abzulichten, was sie jedoch sofort ablehnte. Sie kämpfte sich durch die bedrohlich wirkende Schar der Journalisten durch. Was hätte sie in der

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