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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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machte mir keine Vorwürfe und stellte ihre Empfindungen und Zweifel hintenan. Die Frage nach dem »Warum« fiel bis heute nicht.
    Trotzdem schämte ich mich für meine Tat und empfand Schuldgefühle. Wie sollte eine junge Frau mit 29 Jahren das alles überstehen und verkraften? Was würden die kommenden Tage bringen? Würde sie die ganze Medienpräsenz mit der entsprechenden Berichterstattung schadlos über sich ergehen lassen und aushalten? Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nichts von ihrer Begegnung mit der Kripo bei uns zu Hause. Heute kann ich von unermesslichem Glück sprechen, dass ihre Mutter die ganze Zeit bei ihr war, sonst wäre es für sie noch gefahrvoller gewesen, die Begegnung mit den Kripobeamten, die Fahrt ins Ungewisse nach Köln heil zu überstehen.
    Meine Angst, dass Rouja mich verlassen würde, nach all dem, was ich ihr angetan hatte, erwies sich zu meinem großen Glück als unbegründet. Meine Annahme, eine Frau würde ihren Partner einfach zurücklassen, nur weil er Schwäche zeigte, war die zweite große Fehleinschätzung meines Lebens. Stattdessen entwickelte Rouja noch mehr Liebe und Nähe zu mir. Sie würde mir in den kommenden Monaten noch eindrucksvoll beweisen, wie tapfer und aufopferungsvoll sie ist, denn sie meisterte alle Prüfungen perfekt und zehnmal entschlossener als ich. Sie war tapfer und tröstete und verteidigte mich immer wieder und zeigte mir ihre uneingeschränkte Liebe und nie sah ich auch nur das kleinste Anzeichen von Vorwürfen. Bald stellte sich heraus, dass der »starke« Babak es war, der ihre Hilfe brauchte. Nicht umgekehrt.
    ■ ■ ■
    Während wir in der Klinik versuchten, uns wiederzufinden, betrat am Ende dieses aufregenden Spieltages ein sichtlich bewegter Theo Zwanziger den Medienraum des Kölner Stadions und suchte nach den passenden Worten, um die Ereignisse des Tages zu ordnen. Alle Medienvertreter warteten gespannt darauf, was nun genau in der vorausgegangenen Nacht in diesem Hotelzimmer geschehen war und vor allem: warum ich es getan hatte. Zwanziger hatte damals bei der Trauerfeier für Robert Enke im Stadion seine Abschiedsrede ohne Manuskript, wie aus dem Stegreif gehalten. Auch hier zeigte Zwanziger, dem immer eine Wankelmütigkeit gegenüber den Medien und ein jedes Risiko minimierendes Lavieren nachgesagt wird, so viel Mitgefühl, dass ich den Wortlaut seiner Schilderung wörtlich wiedergeben möchte. Als Zeitdokument und weil ich heute ein Jahr danach mit meinem Buch aufzuarbeiten versuche, was genau geschehen ist, nachdem ich bewusstlos zusammengebrochen war, und weil ich mich erinnern will, wie viel Leid und Unverständnis ich auch bei anderen Menschen, zum Beispiel bei meinen drei Assistenten, ausgelöst habe, die mir durch ihr schnelles und überlegtes Eingreifen das Leben gerettet haben. Für mich besonders interessant war, dass keiner so klar wie Zwanziger schon an diesem Abend die Ursachen meiner Verzweiflungstat allein in den Anfeindungen und den Belastungen durch meine Tätigkeit als Schiedsrichter sah. Und dass er versprach, Konsequenzen folgen zu lassen. All die noch folgenden verletzenden Versuche einiger Personen, abzulenken und das »Warum?« meiner Tat im rein privaten Bereich zu verorten, hätten an diesem Abend mit dieser Erklärung eigentlich erledigt sein sollen.
    Zwanziger sagte: »Es ist nicht so einfach zu beschreiben, wenn Sie hören, dass Menschen, die in diesem Spitzensport so eine wichtige Rolle haben, plötzlich in die Situation der Ausweglosigkeit kommen. Das heißt, du siehst keine Alternative mehr zum Leben. Das ist etwas ganz Schreckliches. Es ist nicht erklärbar. Ich denke, die wichtigste Nachricht ist, dass der Gesundheitszustand von Babak Rafati stabil ist. Die zweite Nachricht: Die drei Assistenten Patrick Ittrich, Holger Henschel und Frank Willenborg haben mit dieser Situation schwer zu schaffen. Ich habe mit den drei Assistenten gesprochen, die natürlich fix und fertig sind. Sie saßen am Vorabend noch mit ihm zusammen und haben nichts gemerkt«, begann der 66-jährige Zwanziger zunächst zögernd. »Sie hinterlassen aber einen stabilen Eindruck. Sie werden im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen durch den Notfalldienst seelsorgerisch betreut. Was ist passiert, was haben wir erfahren? Ich bin gegen 13:45 Uhr von Herbert Fandel telefonisch informiert worden, es ist etwas ganz Schreckliches passiert. Er ist soeben von Patrick Ittrich unterrichtet worden, dass man soeben Babak Rafati in seinem Zimmer

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