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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babak Rafati
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ungewaschen, in Krankenhauskittel und Badelatschen und blutrote Schlagzeilen wie: »So sieht er ohne Trikot aus, Babak Rafati, der erste Schiedsrichter, der ein Bundesligaspiel versenkt hat.«
    Entsprechend panisch und hektisch schilderte ich Rouja das Verhör, dass man mich ins Gefängnis stecken würde, irgendetwas gegen mich im Gang sei, dass man mich in etwas Unüberschaubares hineinzuziehen versuche, was sich mir aus den vielen Fragen der Beamten erschlossen hätte. Ich hatte Angst. Wir hatten schon so viel über uns ergehen lassen müssen, warum kam jetzt diese Sache auch noch hinzu? Ich saß hinten im Auto, völlig aufgelöst, und schnappte schluchzend nach Luft, um überhaupt sprechen zu können. Ich konnte das alles nicht mehr ertragen und schrie lautstark wie ein Geisteskranker meine Verzweiflung heraus und weinte dabei hemmungslos. Rouja und meine Schwiegermutter konnten gar nicht begreifen, was auf dem Revier mit mir geschehen war.
    Jeder kann sich vorstellen, welche Wirkung mein Verhalten auf die beiden einzigen Menschen gehabt haben muss, die mir in dieser Stunde noch beistanden. Ich war voller Selbstzweifel, wie es weitergehen würde, ob ich noch die Kraft finden würde, das alles durchzustehen. Auf meiner Rückbank in meinem Krankenhauskittel wurde mir mein ganzes Elend bewusst und ich sagte plötzlich ganz ruhig aus dem Bauch heraus, dass ich mich am liebsten umbringen würde, um dieses Schauspiel um meine Person nicht miterleben zu müssen. Ich selbst war erschrocken, in dem Augenblick, wo mir dieser Satz über die Lippen gerutscht war. In der Nacht hatte ich in einer Art emotionalem Ausnahmezustand gehandelt – das hier hatte eine neue Qualität. Der Wunsch, mich umzubringen, war jetzt ein Ergebnis von rationalen Abwägungen, welche Chancen mir noch blieben, ein würdevolles Leben zu führen. Wir brachen alle in Tränen aus. Auch die beiden Frauen hatten verstanden, worum es ging. Wir waren zudem alle am Limit nach den Belastungen der vergangenen Stunden, es waren keine Reserven mehr da, noch größeres Leid zu ertragen, so schien uns. Aber es gab noch Steigerungen, wie wir bald erfahren sollten.
    ■ ■ ■
    Rouja fuhr uns mit dem Auto Richtung Hotel, und die Szenen, die sich dabei im Auto abspielten, waren erstickend und schockierend. Meine Schwiegermutter bekam angesichts meiner Tobsuchts- und Verzweiflungsschübe plötzlich keine Luft mehr. Sie flehte mich an, endlich einzuhalten mit meiner Raserei und meine Gesundheit nicht noch mehr zu zerstören. Ihr war als Erster klar, dass in der Nacht etwas zum Ausbruch gekommen war, das mich zu vernichten drohte. Ich stritt alles ab. Ich unterstellte ihr, dass sie gar nicht einschätzen könne, was meine Tat noch für Konsequenzen haben würde. Rouja bat mich, ruhig zu werden, was mich völlig in Wallung brachte. Vor dem Hotel angekommen muss unser Auto ein gespenstisches Bild abgegeben haben. Zwei Frauen und ein Mann, die sich im Wageninneren heftig anschreien, dabei vor Wut oder aus Ver zweiflung mit der Faust gegen die Wagenfenster klopfen, sich die Haare raufen, hemmungslos heulen, sich umarmen und dann nur noch hyperventilierend durchs halb geöffnete Seitenfenster nach Luft schnappen.
    Draußen war es glücklicherweise bereits dunkel, sodass mich die Passanten nicht erkennen konnten. Ich hatte trotzdem sehr stark das Gefühl, dass unser aufsehenerregender Auftritt gnadenlos beobachtet wurde. Mein Zustand spitzte sich deshalb zu. Immer wenn Rouja aussteigen wollte, um meine Sachen aus dem Hotel zu holen, rastete ich aus, weil ich nicht wollte, dass sie den Autoschlüssel mitnahm. Ich weiß nicht warum, aber ich wollte den Autoschlüssel bei mir haben. Rouja weigerte sich, ihn mir auszuhändigen. Nachdem ich Selbstmordabsichten geäußert hatte und aufgrund meines immer seltsameren Verhaltens traute sie sich nicht einmal, das Fenster offen zu lassen. Ich wiederum hatte Angst, dass sie mich über die Zentralverriegelung im Auto einsperren würde. Der Gedanke, eingesperrt zu werden, weitete sich nach dem Verhör auf dem Polizeirevier zu einem ernsten Problem aus. Ich tobte. Ich sah den besorgten Gesichtern von Rouja und meiner Schwiegermutter an, dass ich ihnen mehr und mehr Angst machte. Als meine Schwiegermutter, die jetzt neben mir auf dem Rücksitz saß, einen Erstickungsanfall bekam, wurde ich kurz vernünftig, weil ich erkannte, was ich mit meinen panikartigen Attacken anrichten würde. Sie ist herzkrank und ich musste doch darauf Rücksicht

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