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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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»Einundzwanzig, zweiundzwanzig. Und aus.« Er blähte
die Backen und blies die Luft langsam durch die gespitzten Lippen
wieder aus. »Siehst du? Ist doch ganz einfach.«
    Flora umklammerte mit beiden Händen ihren Bauch und fing an zu
wimmern, als das Messer erneut zustieß. »Ich kann nicht mehr atmen,
Anton.«
    »Jeder Mensch kann atmen!«
    »Ich nicht.«
    »Aber du musst!«
    »Geht nicht!«
    »Aber wieso denn nicht?«
    »Es tut viel zu weh!«
    Der Ü-Wagen preschte mit Vollgas durch die Dunkelheit. Das
holprige Gelände erschwerte es Anton zusätzlich, sich mit den
ungewohnten Ausmaßen und Eigenheiten des Fahrzeugs vertraut zu machen.
Auf die Konsole mit den zahllosen Reglern, Schaltern und Monitoren im
hinteren Teil des Wagens hatte er kaum einen Blick verschwendet. Er war
zu sehr damit beschäftigt, nicht vom Weg abzukommen. Irgendwo hinten im
Wagen knallte es jedesmal, wenn die Räder auf eines der unzähligen
Schlaglöcher trafen. Endlich erreichten sie die Straße. Doch es waren
immer noch rund dreißig Kilometer bis zur Klinik.
    »Glaubst du, dass du es noch ne viertel Stunde aushältst?« Er
selbst war nicht davon überzeugt. Die Wehen folgten unglaublich dicht
aufeinander.
    Anstelle einer Antwort stöhnte Flora vor sich hin. Sie war
überzeugt, dass sie sterben müsse. Kein Mensch konnte solche Schmerzen
aushalten. Wozu hatte sie überhaupt monatelang diese dämliche Gymnastik
gemacht und all die überflüssigen Atemübungen einstudiert? Wie konnte
sie ihren Beckenboden entspannen, wenn es so scheiß wehtat, dass sie
nicht mal mehr wusste, wo zum Teufel ihr Beckenboden sich befand? Wie,
um alles in der Welt, hatte sie Heiner erlauben können, ihr ein Kind zu
machen? Und welche Frau, die klar bei Verstand war, konnte auf die Idee
verfallen, sich das ein zweites oder sogar ein drittes Mal anzutun? Ihr
war klar, dass die Zahl der Mehrfachmütter in die Abermillionen ging.
Also konnte es bei denen längst nicht so schlimm gewesen sein wie jetzt
bei ihr.
    »Anton?«, fragte sie in der nächsten Wehenpause.
    »Ja?«
    »Warst du schon mal bei 'ner Geburt dabei?«
    »Du lieber Himmel, nein!«
    Er wartete auf die unvermeidliche Frage (die er ohne zu zögern
bejaht hätte), doch sie meinte stattdessen: »Glaubst du, Kleff hat's
gefunden?«
    »Was denn? Das Geld?«
    »Das auch. Und das Video.«
    »Garantiert. Und das Geständnis bestimmt auch.«
    Flora schüttelte den Kopf. »Ich hab gesehen, wie er's
gefressen hat.«
    »Kleff?«
    »Nein, Xavier natürlich.«
    »Wenn schon. Es war sowieso erpresst und zählt daher nicht.
Das Video ist hundertmal so viel wert. Fast so viel wie das Geld.«
    »Wird jetzt alles wieder gut?«
    »Das wird es«, sagte Anton im Brustton der Überzeugung.
    Und er glaubte tatsächlich zuversichtlich daran. Es war, als
hätte das Schicksal sich endgültig zu ihren Gunsten gewendet, und zwar
exakt in dem Moment, da Flora und er in der verräucherten Halle
inmitten des ganzen Durcheinanders unversehrt zueinander gefunden
hatten. Anton hatte ihre Hand genommen und ganz plötzlich auf
geheimnisvolle Weise gewusst, dass sie eine Chance hatten.
    Ziggy hatte mit seiner spektakulären Flucht alle
Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und ihnen damit als ihr unfreiwilliger
Verbündeter ermöglicht, unbemerkt das Gebäude zu verlassen und den
Wagen zu entern, in dem – weitere glückliche Fügung –
sogar der Schlüssel gesteckt hatte.
    Über diesen Autodiebstahl machte Anton sich keine Sorgen. AMS
würde die Fremdnutzung nur zu gern genehmigen. Der Sender würde ihm den
Wagen schenken, wenn er es verlangte. Und noch einiges mehr –
sobald er dazu kam, mit den verantwortlichen Redakteuren über die
Rechte an Floras und seiner Geschichte zu verhandeln.
    Floras nächste Wehe kam. Ihr Gesicht war schweißfeucht, ihr
Kopf fiel von einer Seite zur anderen, und sie biss sich in die
Unterlippe, bis Blut hervortrat.
    »Flora?«, rief er ängstlich, überzeugt davon, dass es
allenfalls noch Sekunden dauern konnte, bis das Kind kam. Doch die Wehe
endete, so wie all die anderen davor, und Flora wurde wieder halbwegs
ansprechbar.
    »Ich kann das nicht mehr aushalten, Anton«, flüsterte sie.
    »Wir sind gleich da«, tröstete er.
    »Das sagst du jedes Mal.«
    Plötzlich stieß sie einen erschreckten Laut aus.
    »Was ist los?«
    »Meine Fruchtblase ist eben geplatzt.«
    »Um Gottes willen!« Anton wich das Blut aus dem Gesicht. »Ist
das schlimm?«
    Flora lächelte schwach. »Nein, das ist völlig normal.

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