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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Schlange dort platziert hat?«
    In Marens Gesicht spiegelte sich Unglauben. »Wozu denn?«
    Lydia legte ihren Zeigefinger auf das Handy. »Um mir den Mord an Großmann in die Schuhe zu schieben. Nimm das Handy hier zum Beispiel. Liegt es bei mir, geht jeder, der an den Tisch kommt, davon aus, es sei meines.« Sie schob es zu Maren hinüber. »Jetzt würde man es für deines halten, oder?«
    Maren nickte bedächtig, dann verfinsterte sich ihr Gesichtsausdruck, rote Flecken glühten wie aus dem Nichts auf ihren Wangen. »Aber das musst du den Bullen doch sagen!«, rief sie laut.
    Lydia legte den Finger auf den Mund. Wenn die Polizei nach ihr fahndete, konnte sie kein Geld mehr holen, nichts von dem erledigen, was auf ihrer Liste stand, und musste alles in der Wohnung zurücklassen. München sofort verlassen. Ohne Habe. Ohne sich zu verabschieden.
    Sie zog ein zusammengefaltetes Papier aus ihrer Jeanstasche und schob es zu Maren.
    »Wenn du morgen Mittag nichts von mir hörst, gibst du das dem König.«
    Marens Hand lag plötzlich auf ihrer. »Es war keine Schlange in der Wohnung. Ich kann das bezeugen. Ich bin doch nicht blind! Die hätte ich gesehen, als ich bei dir war.«
    »Danke. Aber heute war eine Schlange in der Wohnung. Da kannst du Gift drauf nehmen.« Sie nahm sich zusammen und lächelte Maren an, wieder ganz die starke Kriegerin. »Und keiner wird uns glauben. Nicht mit der Folterkammer im Rücken … Was willst du trinken?«
    Maren griff nach der Karte und studierte sie. »Johannisbeerschorle. Nein, schwarzer Tee mit heißer Zitrone und ein Stück Kuchen.«
    Sie streckte ihren Arm aus. »Darf ich?«
    Ohne abzuwarten, fuhr sie mit den Fingern über Lydias kaum mehr als fünf Millimeter kurze, wasserstoffblonde Haarstoppel. »Das sieht echt krass aus. Ich hätte dich vorhin fast nicht erkannt.«
    Lydia strich sich über den Kopf. Die Haare fühlten sich wie ein Teppich an, dicht, stachelig und doch weich. »Das ist der Sinn der Sache.«
    Sie erhob sich und ging zur Bar. Dort wechselte sie ein paar Worte mit der Bedienung, bestellte zwei Tassen Tee mit Zitrone und wählte ein Stück Kuchen aus der Auslage. Mit dem Teller in der Hand ging sie zu Maren zurück. Plötzlich blieb sie stehen. Der Mann, der sich vor Maren aufgebaut hatte, wirkte autoritär und fordernd.
    »Sie sind sich sicher, dass Sie nicht wissen, wo Frau Liebig ist?« Der Mann sah sich suchend im Lokal um. »Ich glaube Ihnen nicht. Ich glaube, Sie warten hier auf sie. Wissen Sie was, ich warte mit Ihnen.«
    Lydia näherte sich, hörte, wie Maren laut und deutlich sagte: »Nein, Herr König. Das tun Sie nicht.«
    Lydia stellte das Gebäck auf den Tisch. »Der Tee kommt gleich. Kann ich die Tasse mitnehmen?«
    Saras Handy läutete. Vibrierend rutschte es über den Tisch, als wolle es sie herausfordern. König fixierte Maren. Lydia starrte auf das Telefon.
    »Gehen Sie ruhig dran.« Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Maren schnappte sich das tanzende Handy und drückte den Anrufer weg.
    »Nein, danke.« Sie steckte es in ihre Jackentasche und wandte sich an Lydia. »Könnte ich den Tee abbestellen? Hier stinkt es plötzlich.«
    Demonstrativ schnupperte sie in Königs Richtung.
    »Kein Problem.« Lydia ging zum Tresen. Hinter sich hörte sie, wie ein Stuhl gerückt wurde.
    »He, hallo, kann ich gleich zahlen?« Sie drehte sich um und sah, wie Maren sich ihren Schal umwarf und in ihre Jacke schlüpfte. Dann kam sie auf sie zu. Lydia stellte die Tasse ab.
    »Vier achtzig, bitte.«
    Maren nestelte in ihrer Jackentasche, legte das Handy auf dem Tresen ab und zog schließlich einen Geldbeutel heraus. Sie entnahm ihm einen Fünfeuroschein.
    »Stimmt so.«
    Dann steckte sie ihren Geldbeutel wieder ein, warf Lydia einen langen Blick zu und formte den Mund zu einem angedeuteten Kuss. Abrupt wandte sie sich ab und verließ das Lokal, dicht gefolgt von dem Kommissar.
    Lydia nahm das Handy und fügte dem Fünfeuroschein einen weiteren hinzu. Die Bedienung trocknete stumm Gläser. Dann grinste sie. »Das war cool.«
    Lydia nickte. »Cool. Ja.«
    Langsam, als zerre ein unsichtbarer Geist an ihr und versuche, sie aufzuhalten, ging sie zu dem Kleiderständer am Eingang, zog ihre Jacke an und wusste, dass sie nie wieder einen Fuß in ihre Stammkneipe setzen würde.

75
    Er saß vor dem Computer und durchsuchte hektisch seine Ordner und Unterordner, um sich ein Bild davon zu machen, wie viel belastendes Material die Polizei darauf finden könnte. Er wusste, es

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