Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit
noch wohler bei der Regelung ›bitte jede für sich‹.
Irgendwann im Leben war jede Frau einmal in einem Restaurant, in dem der Ober, ohne Rücksicht auf die flehenden Bitten, getrennt abzurechnen, alles auf eine Rechnung setzt. Diese legt er wie eine Handgranate in die Mitte des Tisches und weicht zurück, damit sie hin- und hergeworfen wird mit Ausrufen wie: »Also, ich hatte den Eistee und den gedeckten Apfelkuchen! Kostet die Sahne extra?«
»Wieviel macht bitte die Portion Tee und das Schaumgebäck?«
»Wenn jemand das Trinkgeld übernimmt, bezahl' ich die Parkgebühr.«
»Nein, ich hab nur diesen Zehner, dann schuldest du mir eben 3 Dollar 26.«
»Kommt nicht in Frage – nimm dein Geld zurück. Ruths Lunch zahle ich. Sie ist gefahren.«
»Also, ich geb' kein dickes Trinkgeld. Als ich nach der Toilette gefragt habe, hat er nur geknurrt.«
Männer finden so was kleinlich. Neulich führte mein Mann mich zum Essen aus, und als die Rechnung kam, streckte ich instinktiv die Hand danach aus – eine natürliche Reaktion, wenn man drei Teenager großgezogen hat. »Was denkst du dir eigentlich?« rief er. »Solang du mit mir ißt, darf ich ja wohl noch die Rechnung zahlen. Ich empfinde es offengestanden immer noch als Anschlag auf mein Selbstbewußtsein, wenn eine Frau die Rechnung verlangt. Sitz gefälligst still, sei weiblich und dafür dankbar, daß ich so nobel und gastfrei bin. Übrigens: Hast du zwei Dollar für's Trinkgeld?«
So was finde nun ich kleinlich.
3. Hunde von heute
Wo immer städtische Hunde sich unterhalten, kommt unweigerlich die Rede auf die Villenvororte.
Es ist der Traum jedes Vierbeiners, eines Tages im Grünen zu leben, wo jeder Hund seinen eigenen Baum hat und die Flöhe polizeilich angemeldet sein müssen und immer ihren Ausweis bei sich tragen.
Der Villenvororthund hat das Große Los gezogen. Sein Herrchen verwöhnt ihn zu Tode mit Diätnahrung, zahnärztlicher Betreuung, gestrickten Schals für kühle Abende, herzförmigen Hundebetten, Hundekuchen zum Knabbern vorm Fernseher und spezialgefertigten Autositzen.
Ich persönlich gedachte ohne einen lebendigen, hauseigenen Rasensprenkler auszukommen, doch mein Mann wußte mich davon zu überzeugen, daß die Kinder ohne Schutz und Liebe eines Hundes später Radkappen stehlen würden.
In einem schwachen Augenblick erstanden wir Arlo. An seinem ersten Tag bei uns berührte Arlo nie mit den Füßen den Boden. Er wurde in zwölf Stunden achtmal gefüttert, mußte fünfmal Bäuerchen machen, tanzte auf dem Fernsehapparat, rutschte das Treppengeländer hinunter, wurde gebadet und mit meinem Föhn getrocknet, machte Besuch in zwölf Nachbarhäusern, fuhr mit auf dem Fahrrad und mußte beim Ferngespräch mit Oma in den Hörer bellen. Die erste Nacht schlief er unter meiner automatisch gesteuerten Heizdecke.
Auch am zweiten Tag regierte Arlo das ganze Haus. Man brauchte acht Kochtöpfe, um sein Dinner zu wärmen, er sah sich ein Kasperltheater an, das die Kinder ihm zu Ehren veranstalteten, und wenn er zur Tür lief, haute eins der Kinder seinem Bruder eine runter, und das dritte sprang hin und öffnete ihm.
Am dritten Tag äußerten die Kinder bereits einige Klagen: Sie hätten nachts kein Auge zugetan, weil Arlo so heulte. Als ich daran erinnerte, er müsse nun wohl sein Futter haben, sagte der eine Sohn, das habe der andere übernommen, und der wiederum schwor, seine Schwester hätte es zu tun, und diese sagte: »Nein, heute bin ich nicht dran.«
Am vierten Tag nahm eins der Kinder ihn mit zu Freunden, wo das Spiel ›Zeig, was du kannst‹ gespielt wurde. Aber Arlo verdarb die Schau, weil er zu vieles zeigte, und keiner hinterher aufputzen wollte. Ein Kind kündigte an, wenn der Hund ihm noch mal in die Schule folge und er ihn heimbringen müsse, würde er ihm einen Fußtritt verpassen.
Am fünften Tag mußte ich mit Nachdruck darauf hinweisen, daß der erste, der eine Pfütze oder Schlimmeres bemerkte, automatisch für die Säuberung verantwortlich sei. Von Stund' an war die ganze Familie mit einer Art Zimmerblindheit geschlagen.
Am sechsten Tag fragte ich: »Hat einer von euch Arlo gesehen?«
Eines der Kinder fragte zurück: »Was'n für'n Arlo?«
Soviel über Schutz und Liebe.
Der Verdacht, Arlo sei gar kein reinrassiger Irischer Setter, kam mir, als seine Haare weiß nachwuchsen und seine Nase sich nach innen wölbte. Binnen sechs Wochen konnte er bereits den Küchentisch überblicken, ohne sich aufzurichten.
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