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Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit

Titel: Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
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Meine Ahnungen bestätigten sich, als ich eines Nachmittags im Wartezimmer des Tierarztes saß. Ich rutschte nervös auf meinem Sitz hin und her, während eine Frau ihrer triefäugigen Katze aus einer Zeitschrift vorlas, ein zahmer Waschbär in seinem Laufställchen im Kreise wetzte und ein kleiner Terrier mein Bein mit einem Baum verwechselte.
    Schließlich wagte ein gutgekleideter Herr mit einem Zwergpudel mich anzusprechen: »Entschuldigen Sie, aber was für eine Rasse ist Ihr Hund, es würde mich interessieren.«
    »Er ist ein Irischer Setter«, sagte ich.
    Er schaute verblüfft. »Haben Sie Papiere?«
    »Ja, das ganze Haus voll.«
    Ich faßte die zehn Meter lange Plastikwäscheleine, die ich Arlo um den Hals gebunden hatte, fester und fragte: »Was fehlt Ihrem Hund?«
    Er sah seinen Pudel innig an und tätschelte ihn zärtlich.
    »Jessamyn schläft schlecht.«
    »Ich auch«, sagte ich.
    »Sie hat gerade eine komplizierte Schwangerschaft hinter sich.«
    »Ich auch.« Ich wurde ganz lebhaft.
    »Im Grunde ist Jessamyn zu hochgezüchtet und verkrampft für die Mutterschaft.«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, sagte ich mitfühlend.
    »Wir hatten Abtreibung erwogen, doch es wurde ein so starker gesellschaftlicher Druck auf uns ausgeübt, daß wir schließlich einen Psychiater zuzogen. Er hielt es für das beste, Jessamyn die Entbindung hinter sich bringen zu lassen. Dann sollten wir ihr die Jungen möglichst bald wegnehmen, damit sie wieder ganz sich selbst gehöre. In Zukunft wollen wir dann bis zu einem gewissen Grade Geburtenkontrolle ausüben. Und was ist mit Ihrem – Setter?«
    »Er hat Würmer.«
    »Wie ekelhaft«, sagte der Herr und zog die Nase kraus. Er schwieg eine Weile und wechselte dann das Thema: »Wo nur der Tierarzt so lange bleibt? Ich habe Blumen im Wagen, für Jessamyns Mutter.«
    »Für Jessamyns Mutter?« wiederholte ich mit aufgerissenen Augen.
    »Sie ist …« Er beugte sich zu mir und flüsterte mir ins Ohr: »… verblichen. Jessamyn und ich besuchen sie einmal im Monat. Die beiden standen sich so besonders nahe. Sie liegt auf dem Hundefriedhof. Sehr schöne Lage. Apropos, wenn Sie mal auf Urlaub wollen und eine verläßliche Pension brauchen: der Hundeclub Royal ist phantastisch. Sehr exklusiv, wenn Sie wissen, was ich meine. Keine verwahrlosten Gäste. Nur Bürsten mit Gravur. Und sie haben dort einen wirklich hervorragenden Küchenchef.«
    Er wurde aufgerufen. »Alsdann, es war nett, Sie kennenzulernen, Sie und – wie heißt er denn?«
    »Arlo.«
    »Du meine Güte«, sagte er und preßte ein seidenes Taschentuch an die Nase, die er rümpfte.
    Weil ich im Grunde ein rasch begreifender Mensch bin, brauchte ich nicht lang, um zu merken, daß Arlo und ich als Gespann behandelt wurden. Nur ich fütterte ihn, ich sorgte dafür, daß sein Wassernapf gefüllt war, ich ließ ihm Spritzen geben, zahlte die Hundesteuer, bekämpfte seine Flöhe, las ihm Zecken ab und ließ ihn 2.672mal am Tag raus und rein.
    Eines Abends, als mein Mann heimkam, stellte ich die längst fällige Frage: »Sag mir nur das eine: Warum haben wir uns eigentlich einen Hund angeschafft? Falls du dabei an die Kinder gedacht hast, war es ein Schlag ins Wasser. Die schauen ihn nur an, wenn sie gerade über ihn stolpern.«
    Mein Mann packte mich an beiden Schultern und sah mich entgeistert an. »Willst du damit sagen, daß du es nicht weißt?«
    »Jawohl.«
    »Für dich natürlich«, sagte er.
    »Für mich habt ihr einen Hund gekauft?« fragte ich fassungslos.
    »Selbstverständlich! Zu deinem Schutz! Du weißt vielleicht gar nicht, welche Gefahren dir hier draußen in der Einsamkeit drohen. Hier laufen doch alle Arten von Verrückten und Übergeschnappten frei herum.«
    »Stimmt, aber die kennen wir doch alle beim Vornamen.«
    »Du kannst es ja auf die leichte Schulter nehmen, bitte sehr, aber warte nur, wenn eines Tages, während ich in der Stadt in meinem Büro bin, ein Unbekannter mit irrem Blick an die Tür klopft und unter irgendeinem Vorwand dein Telefon benutzen will – dann bist du vielleicht dankbar, daß du Arlo hast.«
    Ich sah Arlo an. Er lag auf dem Rücken vor dem Kamin, alle viere in der Luft – und pupte. Die Vorstellung eines abartig Veranlagten an der Tür, und zwischen mir und ihm nichts als Arlo, jagte mir einen kalten Schauder über den Rücken.
    Einige Wochen später wurde Arlo auf die Probe gestellt. Es läutete, und als ich an die Haustür ging, sah ich draußen zwei Unbekannte stehen, die Arlo

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