Ich Tarzan Du Jane Verfuehrung kann so einfach sein
der SMS-Tor-Service des favorisierten Vereins verleiht dem Handy mehr Sinn: Schließlich sieht Mann die wirklich wichtigen (also alle) Spiele live und im Stadion. Tor-SMS sind bestenfalls für Weicheier, die am Spieltag ihrer Frau den Haushalt schmeißen wollen, um dann, ausgerüstet mit Schürzchen und Heizungsstaubwedel, einen kurzen, unterdrückten Jubelschrei ausstoßen, wenn das Handy in der Hose vibriert und einen kurzen Moment des Glücks verspricht. Anschließend widmet er sich wieder demütig verschämt dem angeblich gesichteten Mikrogramm Staub zwischen den Heizungsrippen.
Solche Typen kennt Mann ja: Die gehören sicher zu jenen, die sich bei den Flussfeten erst in die nebeligen Niederungen wagen, nachdem sie von einer sicheren Brücke herab und mit dem Handy am Ohr unten im Grill-Gewimmel einen hochgereckten Arm ausmachen, der dem Gesprächspartner zuzuordnen ist. In der guten alten Zeit, im letzten Jahrtausend, war es noch üblich, bepackt mit Kohle, Fleisch und einer Fünfliterdose Bier (okay, die gibt’s auch in Deutschlands Norden) an der verabredeten Brücke hinabzusteigen und so lange flussauf- oder abwärts zu gehen, bis Mann eine nette Party oder sogar die eigenen Freunde gefunden hatte. Wilde Feten wurden gefeiert, lebenslange Freundschaften und Ehen gestiftet, sogar Kinder in den feuchten Seitentälern des Flusses gezeugt. So passierte einfach, was Tarzan in seinem Dreisatz lehrt und er auch begehrt: Futter + Liebe = Sex. Keine Spur von überkandidelter Technik. Deshalb schlägt da das Tarzan-Herz höher. Wir erinnern uns an die Zeiten, als Männer, den Tiger quer über die Schulter geworfen, mit Siegesgeheul auf den Lippen durch den Urwald zogen, um die Beute nach Hause zu schleppen. Traf man unterwegs eine befreundete Sippe, hat Mann schon mal eine Keule springen lassen, die dann an Ort und Stelle roh verspeist wurde.
Doch zurück zum Grillfest: Vermutlich findet Jane den Parkplatz an der Brücke, von der aus nun also das verlorene Weibchen ihre feiernde Herde in den Flussauen sucht, sowieso nur mithilfe des Navigationsgerätes im Auto. Und das eigene Fahrzeug – womöglich ein Kleinwagen, wie sie zu Tausenden herumkurven, ausgewählt anhand der Scheinwerfergröße – ist nur durch das auf die Hand gemalte Nummernschild zu identifizieren. Keine kleinen, unauffälligen Hinweise, die am Innenspiegel aufgehängt sind, keine längst verspachtelten Dellen, an denen Tarzan seinen Wagen erkennen könnte. Deshalb muss für Jane das Nummernschild auch leicht zu merken sein. Zum Beispiel EE-NN 99. Vermutlich heißt die Halterin Nana Nordlicht und wurde 1999 geboren. Oder sie hat, weil ihr sogar schon einmal der eigene Name entfallen war, dass berühmte NN aus den Organigrammen verwendet, das irgendetwas wie „No Name“ oder „noch nicht“, „nanu nana“ oder „Scheiße, wir haben eine Stelle übersehen“ bedeutet. Und die 99 steht für die Zahl der Versuche, dieses Nummernschild zu bekommen. Wie soll sich solch eine Tropfin nur eine furchtbare Kombination wie EE-KR 45 merken?
Schnell wie der Blitz
Tarzan ist die ganze Handy-Telefoniererei ohnehin suspekt: Er ist an Stille und Schweigen gewöhnt und weiß auch gar nicht, was er in dieses Gerät immer wieder hineinsprechen soll: Bestenfalls die Verabredung zum Billard am Abend bedarf eines kurzen Anrufs (aber eigentlich auch nicht):
T1: „Wie immer?“
T2: „Ja.“
T1: „Bis dann.“
Bei Jane hört sich das anders an:
J1: „Sigi, bisst duuuuuuuu es? Ich MUSSS dir was erzählen. Also heute hat der Ernst, also das ist der Yoga-Lehrer, du weißt schon, bei dem ich doch … Neeneeneenee … also bei dem ich immer in der … Jetzt hör mir doch mal zu …“
Aus Platzgründen wird hier auf den Gesprächsbeitrag von J2 verzichtet: Selbst das 47-seitige Protokoll der Telefonüberwachung gibt nur ungenügend Auskunft über dieses einzige Gespräch, das nötig ist, um eine Verabredung zwischen zwei Frauen hinzubekommen. Es geschehen doch auch gar nicht permanent Dinge, die wildes Herumtelefonieren nötig machen. Sollte wirklich mal etwas Unvorhergesehenes passieren, worüber auf der Stelle die Männergruppe informiert werden muss, gibt’s eh keinen Empfang. Außerdem ist ein geselliger Männerabend mit Auftaupizza, Ravioli und rohen Eiern viel netter als das Verschicken einer Sammel-SMS, die an fünf Freunde gleichzeitig geht und zu der Jane dir rät: Weil sie eben die Alternative fürchtet. Schließlich versammeln sich
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