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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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ich das alles nicht mitbekommen hätte.
    In der Nacht schlief Anne zwischen Mine und mir und immer wieder drückte meine Anne uns ganz fest an sich. Ich spürte ihre kalten Hände auf meinem Bauch. Annem weinte noch ganz lange. Sie weinte bestimmt wegen mir. Ich war an allem schuld. Wie konnte ich nur sterben? Einfach tot sein, oder weg. Dann müsste Annem wegen uns nicht bei Baba bleiben.
    Am nächsten Morgen hatte Baba bereits das Frühstück vorbereitet und hatte sogar frische Brötchen geholt. Anne sprach nur das Nötigste, und Baba tat so, als ob nichts gewesen wäre. Nach dem Frühstück badeten wir, wie jedes Wochenende, und Anne machte meiner Abla zwei Zöpfe. |70| „Pamuk Kızım, lass ja nicht zu, dass man deine schönen langen Haare abschneidet, und bevor sie an deinen Hüften sind, komme ich euch abholen, das verspreche ich euch“, sagte Anne.
    „Und wo müssen meine Haare sein, Anne, damit du uns holen kommst?“
    Meine Anne lachte und wischte sich die Tränen vom Gesicht.
    „Kara Kızım, bei deinen wunderschönen Locken würden wir eine unendlich lange Zeit warten müssen, bis sie an deinen zarten Hüften sind.“ Anne strich mir liebevoll über meine Locken.
    Annem wollte ganz viel arbeiten und uns ein Haus in Istanbul kaufen, und danach wollte sie uns nie wieder weggeben. Sie würde dann auch nie wieder arbeiten gehen müssen.
    Der Gedanke, dass wir bald ein Haus besitzen würden und meine Anne nicht mehr arbeiten musste, gefiel mir gut. Ich war mir auch sicher, dass meine Anne uns nicht lange bei Babaanne lassen würde. Außerdem waren die Haare von meiner Abla schon über den Schultern, und bis zu den Hüften war es nicht weit.
    Ein paar Tage später standen wir mit Baba, Anne und Ali Amca am Flughafen. Ali Amca war schon oft geflogen, weil er doch so gute Geschäfte mit alten Kleidern in seinem Dorf machte. Ablam und ich hatten noch nie in einem Flugzeug gesessen.
    Leider hatte ich mich nicht mal von meiner Freundin Helene verabschieden können, weil sie gerade bei ihrer Oma zu Besuch war. Wir konnten nur Paola und Giuseppe Lebewohl sagen. Die waren so traurig, dass sie weinen mussten. Aber sie hatten versprochen, uns zu schreiben.
    |71| Meine Anne hatte uns noch Kleider genäht und neue Schuhe gekauft. Mine bekam sogar ein neues Schulmäppchen und eine neue Schultasche, damit Babaanne sich um diese Dinge nicht zu kümmern brauchte.
    Baba hatte sich in den letzten Tagen sehr verändert. Plötzlich war er fast so lieb zu uns wie meine Anne. Auch zu ihr war er freundlich und schrie sie gar nicht mehr an. Er hatte ihr versprochen, nie wieder um Geld zu spielen und nicht mehr so viel Raki zu trinken. Anne sagte nur: „Inşallah.“
    Baba gab Ali Amca einen Briefumschlag für die Babaanne: „Bruder Ali, bring meine Kinder gesund zu meiner Mutter. Allah segne euren Weg“, sagte Baba.
    Er küsste mich und anschließend meine Schwester auf die Stirn, dann sah er Annem an und sagte: „Mach es kurz und reiß dich zusammen!“ Nach diesen Worten ging er einfach weg.
    Plötzlich bekam ich große Angst, denn mir wurde klar, dass meine Anne auch gleich gehen und ich sie ganz lange nicht sehen würde.
    Ich klammerte mich an ihr fest und war mir sicher, dass niemand so stark sein könnte, mich von ihr wegzureißen. Ich wickelte eine Haarsträhne meiner Anne um meine Hand, mit der anderen Hand hielt ich mich an ihrer rosa Bluse fest. Mein Herz klopfte ganz laut, und ich konnte nicht mal schlucken. Ich hätte so gern geschrieen, aber da war ein furchtbar dicker Kloß in meinem Hals.
    Ich würde sie nicht loslassen, ich wollte nur bei meiner Anne sein. Ich würde mit ihr weglaufen. „Kızım, hör auf, schämst du dich nicht?“, hörte ich Ali Amca immer wieder sagen, der versuchte, mich von meiner Anne wegzuziehen.
    „Anne, bring mich um, aber schick mich nicht weg, bitte Anne. Vallaha, billaha, ich werde nie wieder etwas anstellen, |72| und wenn du willst, bleibe ich sogar bei Ünser Teyze, ohne mich einzusperren, und esse bei Yildiz. Bitte Anne, schick mich nicht weg! Ne olur Annem!“
    Anne versuchte, sich von mir zu lösen, und sagte mir immer und immer wieder, dass sie uns ganz schnell holen würde. Ich klammerte mich noch fester an meine Anne, aber dann hatte es Ali Amca, dieser Teufel, geschafft, mich von meiner Anne wegzureißen. Anne weinte auch. Sie gab Mine einen Kuss und rannte einfach weg. Sie ließ uns zurück und sah sich nicht mal um. Sie hatte mich gar nicht geküsst. Annem hatte mich

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