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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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einfach weggedrückt.
    „Komm Kızım, wir verpassen sonst das Flugzeug“, sagte Ali Amca und wir stiegen in einen Bus ein und fuhren zum Flugzeug. Ich weinte immer noch, und als ich die Haare von Annem in meiner Hand sah, wurde ich noch trauriger. Ich hatte Annem bestimmt sehr weh getan. Kein Wunder, dass sie mich nicht mal geküsst hatte.
    Im Flugzeug arbeiteten viele hübsche Frauen, und wir bekamen etwas zu essen, zu trinken und ein Kopfkissen. Fliegen gefiel mir sehr gut, vor allem als wir nach oben flogen, grummelte und rumpelte es in meinem Bauch. Das war ein schönes Gefühl.
    „Abla, wie ist es in Alaca? Ist die Babaanne lieb?“
    „Türkiye ist immer schön und Babaanne ist auch sehr lieb. Du wirst sehen, es wird dir gefallen!“, sagte meine Schwester und gab mir einen Kuss auf die Wange.
    Der Himmel war so schön! Die Wolken waren kuschelig weiß und sahen aus wie Zuckerwatte.
    Ich hüpfte von einer Wolke auf die andere.
    „Abla, wohnt da Allah?“
    „Ja! Jetzt sind wir Allah sicher ganz nah.“
    „Und Gott? Wohnt Gott auch hier im Himmel?“
    |73| Mine zeigte mir einen Vogel und schüttelte den Kopf: „Es gibt nur Allah!“
    Mine hatte keine Ahnung. Die hatte ja auch keine deutsche Freundin, woher sollte sie denn wissen, wo Gott wohnt.
    Ich sah zwar genau hin, konnte aber weder Gott noch Allah sehen. Vielleicht waren beide gerade beschäftigt oder so.

Alaca heißt bunt
    „Kizim, Hadi, Uyan, los, wacht auf, wir sind in Ankara.“
    Ali Amca nahm uns an der Hand, und nachdem wir die Koffer abgeholt hatten, fuhren wir mit einem Taxi zum Busbahnhof.
    In Ankara war es laut, und alle Menschen hatten es ganz eilig. Die Autos hupten und Ali Amca fluchte die ganze Zeit.
    „Dieses Land wird nie zu etwas kommen. Die Menschen sind so unzivilisiert. Sie sollten sich ein Beispiel an den Ungläubigen nehmen!“, schimpfte er.
    Wir fuhren die ganze Nacht, und ein Mann verteilte immer wieder Erfrischungstücher, damit sich die Fahrgäste frisch machen konnten.
    „A-la-ca. Geldik! Ali Amca wir sind da!“, schrie Mine, nachdem sie das Schild am Ortseingang gelesen hatte.
    „Alaca? Warum heißt das hier,bunt‘?“, wollte ich wissen.
    Ali Amca schüttelte nur den Kopf und zuckte mit den Schultern.
    Als wir aus dem Bus ausstiegen, war es draußen fast hell, und unsere Babaanne stand bereits an der Haltestelle und wartete auf uns.
    |74| Babaanne bewegte sich gar nicht. Sie stand da wie ein Soldat.
    „Herzlich willkommen“, sagte sie und streckte uns ihre Hand zum Küssen hin. Danach beugte sie sich herunter und gab uns jedem einen Kuss auf die Stirn. Ali Amca drückte ihr den Brief von Baba in die Hand und stellte unsere Koffer neben Babaanne auf den Boden.
    Er fuhr mit dem gleichen Bus weiter. Ali Amca verabschiedete sich nicht mal von uns. Er sah uns nur an, machte ein trauriges Gesicht und ging einfach weg.
    Zwei Männer trugen unsere Koffer in das Haus von Babaanne. Ich war sehr müde und konnte kaum laufen. Als Babaanne das sah, nahm sie mich auf ihren Rücken.
     
    Ich schlief ganz lange und als ich meine Augen wieder öffnete, saßen Ablam und Babaanne auf den Kissen im Wohnzimmer und unterhielten sich. Ich lag auf einer Matratze unter einem großen Fenster.
    „Oh du Tochter des Sultans, bist du auch schon wach? Geh und wasch dein Gesicht“, sagte Babaanne.
    Ablam ging mit mir raus in den Innenhof, denn wir mussten einen Eimer Wasser aus dem Brunnen holen.
    „Aaah, uuh, aaah! Hörst du, Nilgün, wie das hallt? Der Brunnen ist so tief und so dunkel. Wer weiß, wie viel Leichen da unten liegen“, sagte Mine.
    „Blöde Kuh, warum sollen im Brunnen von Babaanne Leichen liegen?“
    Mine war manchmal richtig dumm. Aber es war wirklich so dunkel und so tief, dass man gar nicht sah, wie weit dieser Schacht nach unten ging.
    „Ich will mein Gesicht hier nicht waschen. Gibt es denn kein Waschbecken in der Küche?“
    |75| „Das ist doch Günah! Man wäscht sein Gesicht nicht in der Küche. Babaanne will das nicht!“
    Mine schnürte ein dickes Seil um ihren Bauch, ließ dann den Eimer in den Brunnen herunter und zog das Wasser hoch.
    „Du bist noch zu klein, das darfst du auf keinen Fall alleine machen“, sagte sie und brüllte immer wieder in den Brunnenschacht.
    Das hätte ich sowieso nicht gemacht. Ich hatte zwar keine Angst, aber schön fand ich den Brunnen auch nicht.
    Weit weg von diesem Brunnen wusch ich mein Gesicht und Ablam zeigte mir noch die Toilette, die genauso tief war, wie der Brunnen.

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