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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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ein zweites Eis.
    Annem nahm zwei Wochen Urlaub und war die ganze Zeit bei uns. Es war großartig! Morgens frische Brötchen, mittags warmes Essen, und nie war ich alleine. So hätte es immer sein können, mein Leben lang!
    Einmal hatte Annem Dürüm gemacht und gerade, als ich anfangen wollte zu essen, musste ich ganz stark an meine Babaanne und an Yalcin denken. Ich hatte den beiden so oft Bilder gemalt und Baba hatte alle zur Post gebracht, aber sie hatten mir noch nie zurückgeschrieben. Yalcin hätte mir doch auch mal ein Bild malen können. Aber vielleicht hatte er kein Geld für die Post. Vielleicht hatte er auch kein Papier und keine Stifte oder er war böse auf mich. Ich hatte ihm schließlich versprochen, dass er mit nach Deutschland dürfe, und dann hatte ich mich nicht mal von ihm verabschiedet. Er war bestimmt böse auf mich, und ich wusste nicht, wie ich das wiedergutmachen konnte. Ich vermisste meinen Yalcin so sehr.
    Kurz vor Schulbeginn ging Annem mit mir einkaufen, und ich bekam einen grünen Schulranzen mit einer Schildkröte darauf und ein rotes Mäppchen mit vielen bunten Stiften. Baba hatte mir, bevor wir in die Türkei gingen, einen Schulranzen gekauft, aber den hatte ich vor lauter Aufregung bei Babaanne vergessen. Meine Schultüte war rosa und bis oben hin gefüllt mit Süßigkeiten und ein paar Malstiften.
    Ich wollte für den ersten Schultag auch neue Kleider haben. Anne kaufte mir eine weiße Hose, ein rotes T-Shirt und rote Sandalen.
    |130| Meine Freundin Helene kam schon in die dritte Klasse. Sie konnte bereits lesen und schreiben.
    Ich war schrecklich aufgeregt und konnte die Nacht vorher kaum schlafen. Immer wieder sah ich mir meine neuen Kleider und meine große Schultüte an.
    Plötzlich schrie Baba wieder meine Anne an. Ich hielt mir ganz fest die Ohren zu. Mine sprang aus dem Bett und versuchte dazwischenzugehen. Anne hatte in letzter Zeit öfter Überstunden gemacht und Baba glaubte nun, dass sie wegen ihrem reichen Chef länger in der Firma bleiben würde. Beide schrieen sich so laut an, dass ich es unter meiner Bettdecke hören konnte. Es krachte ganz laut, und ich drückte mir noch fester die Ohren zu. Als ich am nächsten Morgen in unserem Wohnzimmer stand, blieb mir vor Schreck fast die Luft weg. Unsere Stühle, der Esstisch, der kleine Schrank in der Ecke, die Gläser darin, alles war kaputt. Annem und Ablam waren auf dem Sofa eingeschlafen. Tekir saß auf einem Stuhl, der keine Lehne mehr hatte und Baba war gar nicht zu Hause.
    Ich fing an zu weinen, und meine Anne wachte gleich auf.
    „Ağlama, Yavrum, komm her zu mir, es ist alles in Ordnung. Hör auf zu weinen“, sagte Annem und drückte mich fest an sich.
    „Ne oldu, Anne, was ist passiert? Hat dich Baba wieder geschlagen?“
    „Nein, nichts ist passiert. Heute ist dein erster Schultag, Kızım. Da darfst du nicht traurig sein“, sagte Annem und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. Annem gab mir meine neuen Kleider und machte uns Frühstück.
    „Abla, musst du nicht in die Schule gehen?“
    „Hayır, ich darf zu Hause bleiben, weil ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe“, sagte Ablam. Mine hatte einen |131| blauen Fleck auf der Wange und ihre Augen waren geschwollen.
    Anne kämmte mir weinend die Haare, gab mir meine schöne Schultüte und wir gingen los.
    „Kommt Baba nicht mit in die Schule?“
    Annem schüttelte nur den Kopf und sagte kein Wort.
    Als ich den Schulhof sah, klopfte mein Herz wieder ganz laut und ganz schnell. Alle Kinder waren mit ihren Eltern gekommen, aber das war nicht so schlimm. Ich hatte ja meine Anne.
    Unser Klassenzimmer war groß und an den Fenstern hingen dunkelgrüne Vorhänge. Ich saß mit meiner Anne ganz vorne.
    Unsere Lehrerin, Frau Mayer, war sehr nett. Sie hatte hennagefärbte Haare, grüne Augen und war fast so groß wie mein Baba.
    Sie begrüßte uns alle, und ich musste meiner Anne übersetzen, was Frau Mayer sagte. Meine Anne freute sich, dass ich noch so gut deutsch sprechen konnte. Die Lehrerin schickte die Eltern nach der Begrüßung nach Hause. Wir Kinder mussten sitzen bleiben.
    Kaum waren die Eltern weg, fingen ein paar Kinder an zu weinen. Aber Frau Mayer tröstete sie und erlaubte uns allen, aus der Schultüte zu naschen. Sie gab jedem von uns einen kleinen goldenen Stern. Eigentlich bekamen nur die braven und fleißigen Kinder einen Stern, aber weil es der erste Schultag war, durften alle einen haben. Wer fünf Sterne hatte, durfte zehn Minuten auf dem

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