Ich uebe das Sterben
schaffe, auf die Bremse zu treten, die Tür zu öffnen und bei noch laufendem Motor mitten auf dem Parkplatz zu erbrechen. Und auch der Weg vom Parkplatz in die Klinik erweist sich als fast unüberwindliches Hindernis. Ich habe nur eine kleine Tasche dabei, doch sie scheint über Nacht ein Gewicht von mehreren Tonnen erlangt zu haben. Zudem habe ich mit vielen Treppen zu kämpfen. Obwohl es nur ungefähr fünfhundert Meter bis zur Eingangspforte sind, erscheint mir die Entfernung schier endlos, und ich bleibe unterwegs mindestens zehnmal völlig erschöpft stehen. Als ich endlich das Klinikum betrete, zittere ich am ganzen Körper.
Im Aufnahmebereich ziehe ich eine Nummer und warte – abwechselnd schwitzend und frierend –, bis meine Nummer an einem der Aufnahmezimmer aufleuchtet. Die Formalitäten sind zügig erledigt, und ich mache mich auf den Weg zur Station. Als ich diese erreiche, herrscht dort der übliche Tumult des Krankenhausalltags. Gestresst wirkende Menschen mit weißen Kleidern huschen über die Gänge. In ihren Händen tragen sie Zeichen der Vielfalt ihrer Tätigkeit: Bettpfannen, Verbandsmaterial, Spritzen, Essenstabletts – immer im Dienste des Patienten. In dieses geschäftige Treiben platze ich hinein.
Der Krankenschwester, die mir mein Zimmer zeigt, erzähle ich, dass ich heute Morgen mehrmals bewusstlos war und erbrochen habe. Mit ihrer Vermutung, die Ursache dafür könnte die Nervosität wegen der bevorstehenden elektrophysiologischen Untersuchung sein, kann sie mich nicht beruhigen. Ich spüre immer noch pure Angst in mir. Außerdem habe ich das Gefühl, dass sie meine Aussagen nicht ernst nimmt.
Mühsam packe ich meine Tasche aus, rede ein paar kurze Sätze mit meinen zwei Zimmergenossinnen und lasse mich auf das Bett fallen. Mit den Kopfhörern meines Discman rette ich mich in eine entspannende Welt der Musik hinüber.
Wenig später kommt der Stationsarzt und bespricht mit mir die Prozedur der Untersuchung. Meine Erlebnisse vom Morgen lasse ich unerwähnt. Ich habe keine Lust, noch mal als Simulantin oder hysterische Zicke hingestellt zu werden, so wie es die Schwester vorher getan hat.
Während ich anschließend darauf warte, dass man mich ins Katheterlabor bringt, stelle ich überrascht und auch entsetzt fest, dass mein Kopfkissen einem Pelz gleicht. Ein Griff auf meinen Kopf und eine Hand mit Büscheln von Haaren bestätigen es: Ich verliere überdimensional viele Haare an diesem Tag. Ich bin jedoch zu schlapp, um mir darüber ernsthafte Gedanken zu machen. Und noch mehr Beunruhigung kann ich an diesem Morgen auch nicht ertragen.
Der Weg zur elektrophysiologischen Untersuchung führt quer durch das Klinikum. Endlich angekommen, treffe ich lauter nette Menschen, und wir plaudern während der Vorbereitungen ganz entspannt über Sport. Schließlich ist mir die Prozedur bereits bekannt und regt mich daher nicht sonderlich auf.
Leider hält die Entspannung nicht die komplette Dauer der Untersuchung – ungefähr vier Stunden – an. Zwar erklären mir die Ärzte immer, was sie in jedem Moment tun – wenigstens so viel, wie ich als Laie begreifen kann. Aber die Liege ist schmal und hart und bereits nach weniger als einer Stunde richtig unbequem. Nach einer weiteren Stunde wünsche ich mir nichts sehnlicher als eine Toilette. Zu diesem Zeitpunkt beginnen die Ärzte gerade, nach der rechten auch die linke Leiste zu punktieren. Es werden rechts und links Katheter eingeführt und wieder rausgezogen, Medikamente verabreicht, die Herzfrequenz erhöht und gesenkt. Trotz meines persönlichen wissenschaftlichen Interesses an der ganzen Prozedur bin ich nach drei Stunden doch ziemlich mürbe. Rücken und Ellbogen schmerzen, die Blase drückt, und ich habe einfach keine Lust mehr zu liegen.
Meine Gedanken machen einen Ausflug mit dem Fahrrad an einen See, und die Sonne scheint in mein Herz. Auf dem Röntgenschirm sind zwar weiterhin nur Katheter zu sehen, aber die schönen Erinnerungen erleichtern mir die Situation.
Die Ärzte teilen mir endlich mit, dass nun fast das ganze Repertoire an Tests und Untersuchungen erschöpft ist und ich beginnen kann, mich auf eine bequemere Liege – das Bett – zu freuen.
Als ich auf dem Flur vor dem Katheterlabor mit zwei riesigen Druckverbänden an den Leisten im bequemen Bett liege, rekapituliere ich das Erlebte. Eigentlich war das alles sehr interessant und informativ.
Kurze Zeit später spricht ein Arzt mit mir und teilt mir mit, dass nichts
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