Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich übe für den Himmel

Ich übe für den Himmel

Titel: Ich übe für den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patmos
Vom Netzwerk:
böse.«
    Es wird unheimlich still im Garten. Keiner mag etwas sagen.
    »Papa ist eigentlich Tischler und Zimmermann von Beruf«, versucht Jonathan die Situation zu retten, verstummt aber gleich wieder.
    »Unser Vater hat richtig Krach mit Opa«, quiekt Larissa. »Und darum dürfen wir Oma und Opa nicht mehr besuchen«, ergänzt sie energisch. »Und sie uns auch nicht.«
    »Das ist aber sehr traurig«, stellt Eddie fest. »Dann kann deine Oma für euch keine Pfannkuchen backen. Wenn ihr so reich seid, dann habt ihr sicher die Villa gekauft, oder?« Eddie ist gut in Form.
    Wieder weiß Larissa genau Bescheid.
    »Papa sagte: So eine alte Hütte kaufe ich nicht. Ich möchte nicht wissen, was da alles nicht repariert wurde. Da ziehen wir erst mal als Mieter ein.«
    Opa fängt an, schallend zu lachen. Ich sehe, dass Jonathan irgendwie erlöst ist.
    »Jonathan! Was macht ihr da?«, schreit Herr Bellman plötzlich durch das Loch in der Hecke. »Kommt sofort nach Hause!«
    »Tach auch, Herr Nachbar!«, schreit Opa zurück. »Möchten Sie auch einen von Omas köstlichen Pfannkuchen mit Beeren?«

Neun
    Herr Bellmann kam für das verlockende Pfannkuchenangebot nicht durch das Loch in der Hecke zu uns in den Garten. Im Gegenteil, er blieb steif wie ein Spazierstock auf der anderen Seite stehen. Ich sah ihn mir genau an, weil er direkt im gelben Licht einer brennenden Fackel stand. Der steht unter Strom, dachte ich noch. Wenn ich den anfasse, krieg ich garantiert so einen gewischt, dass mir sofort sämtliche Körperhaare senkrecht stehen. Oder, wenn ich ihm zwei Glühbirnen in die aufgeblähten Nasenlöcher stecke, bin ich sicher, die brennen ganz von allein. Dann noch zack eine bunte Lichterkette rechts und links in die Ohren einstöpseln und fertig ist der blinkende, lebende Flipperkasten.
    Ich kriegte einen Lachanfall und machte mir fast in die Hose. Alle starrten mich erschrocken an.
    »Isha«, brüllte Opa barsch, »was gibt’s da zu gackern?«
    »Eine Menge«, hätte ich gern geantwortet, aber das ging gar nicht. Ich saß auf einem Lachpferd und wir sausten über hügelige Berge und Wiesen und waren nicht mehr zu stoppen. Bis ein Gatter uns den Weg versperrte, mein rasendes Pferd scharf bremste, mich abwarf und ich in einem großen Bogen unsanft auf dem Boden landete …
    Eddie hatte mir mit seinen Holzpantinen auf die nackten Füße getreten. Mein stiller, ruhiger Bruder Eddie, und zwar mit solch einer Wucht, dass ich glaubte, ich hätte mir sämtliche Zehen gebrochen.
    Mein Lachen verkroch sich irgendwo zwischen den vielen Blumen auf unserer Wiese und niemand sagte etwas. Nur die Schiffe. Die tuteten dumpf und dunkel unten auf der Elbe, weit, weit weg.
    Jonathan und Larissa standen wortlos auf und schlichen mit hängenden Köpfen auf ihren Vater zu, der immer noch regungslos auf der anderen Seite der Hecke neben der brennenden Fackel stocksteif wartete. Als sie vor ihm standen, drohte er ihnen mit erhobenem Zeigefinger:
    »Wenn ich euch noch einmal dabei erwische, dass ihr zu diesem verrückten Zirkus da drüben geht, setzt es was! Ihr habt vorläufig Hausarrest, haben wir uns verstanden?«
    »Warum wolltest du meine Füße zermatschen?«, habe ich Eddie später gefragt.
    »Weil Jonathan und Larissa fast heulten. Hast du das nicht gemerkt? Und sie schämten sich, weil ihr Papa sie so … ja, weil, stell dir mal vor, wenn unser Papa uns so anschreien würde, wo andere Leute dabei sind, und wir hätten das gar nicht verdient? Und dann hast du angefangen zu lachen. Die dachten bestimmt, du verarschst sie. Jonathan hatte doch gerade gesagt, dass er hier von den Leuten ausgelacht wird.«
    Isha, nach dem Pfannkuchenfest beim Kerzenschein mit unsichtbarer Tinte aufgeschrieben, immer noch am Sonntag .
    Ja, das schrieb ich nachts in mein Notizbuch und malte den mit brennenden Birnen geschmückten Herrn Bellmann als Flipperkasten dazu, mit sämtlichen Farben meiner Buntstifte.
    Jonathan und Larissa habe ich seit ihrem kläglichen Abgang nicht mehr gesehen, obwohl ich oft durch das Spionageloch gucke. Will ich sie denn überhaupt sehen? Vielleicht doch. Wenigstens möchte ich wissen, ob ihr Wüterich-Vater sie eingesperrt hat, irgendwo in einem der sechzehn Zimmer. Oder sogar im Keller. Wer weiß? Dem traue ich einiges zu. Mann, hat der gruselig-böse ausgesehen an dem Abend. Fast wie ein Vampir, kurz vor dem Anspringen seiner Opfer. Vor so einem Vater würde ich mich auch fürchten.
    Jonathan und Larissa brauchen vor den

Weitere Kostenlose Bücher