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Ich übe für den Himmel

Ich übe für den Himmel

Titel: Ich übe für den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patmos
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Sommerferien nicht mehr zur Schule zu kommen, hat Mama von meiner Klassenlehrerin gehört. Die Einschulung lohnt sich nicht mehr und deshalb sind sie freigestellt. An deren Stelle wäre ich aber für die paar Tage noch eher freiwillig in die Schule gegangen, als in diesem goldenen Käfig vom Wüterich-Vater eingeschlossen zu sein.
    In meiner Klasse erzähle ich lieber noch nichts von den neuen Nachbarn. Auch meiner Freundin Jana nicht. Die ist sowieso halb taub auf beiden Ohren, weil sie sich in Joris aus der Siebten verknallt und außerdem auch noch einen kleinen Bruder bekommen hat, der Nico heißt. Nein, Jana ist vorläufig ganz woanders.
    Heute habe ich es mir nach der Schule richtig gemütlich gemacht auf Tante Antje. Mama und Papa sind in der Kinderklinik, Eddie ist bei einem Freund und ich habe mir einen leckeren Nudelauflauf in der Mikrowelle aufgewärmt, den Mama mir hingestellt hat.
    Esmeralda liegt schnurrend neben mir und ich mampfe genüsslich vor mich hin. Heute ist ein schöner Tag, finde ich. Ich fühle mich sehr erwachsen, so allein zu Hause. Ich will nachdenken über die guten Nachrichten, die Mama und Papa gestern von ihrer Arbeit mit nach Hause brachten.
    »Du, Isha, stell dir mal vor: Annalena ist wieder gesund! Sie wurde entlassen und die Ärzte haben ihr gesagt, dass sie richtig gesund ist, auch wenn sie noch viele Pillen schlucken muss.«
    Annalena hatte Blutkrebs, Leukämie heißt das. Sie hat es mir selbst erzählt. »Müssen alle Kinder, die einen Krebs in sich haben, sterben?«, fragte Eddie irgendwann meine Eltern.
    »Nein, Eddie, viele werden geheilt. Die Ärzte kämpfen für sie, zusammen mit allen Menschen, die den Kindern in der Klinik helfen. Sie kämpfen gemeinsam dafür, dass diese Kinder wieder möglichst schnell nach Hause und wieder in die Schule gehen können.«
    Manchmal musste Annalena eine Rückenmarkpunktion machen lassen, die höllisch wehtut. Sie hatte tierische Angst vor Spritzen und dieser Untersuchung.
    »Papapipo und Mamamoma sollen bei mir sein!«, hat sie vor der ersten Untersuchung immer wieder geschrien. »Ich will aber keine Spritze haben!«
    Mama und Papa haben Annalena lange begleitet, bei fast allen Untersuchungen. Sie durften sogar bis kurz vor einer Operation bei ihr bleiben. Annalena war ganz ruhig und glaubte fest an die Zauberkraft meiner Eltern. Ich bin richtig stolz auf Mama und Papa, wenn ich höre, wie die Kinder sie lieb haben und an sie glauben. Ich durfte Annalena auch besuchen, genauso wie Tommy. Sie hat versprochen mir zu schreiben. Mama und Papa haben mir eine bemalte Karte von Annalena mitgebracht.
    »Du, Isha, ich schreibe dir bald mehr. Hurra, ich bin gesund, haben die Ärzte gesagt! Jetzt wird erst mal gefeiert! Ich melde mich, deine neue Annalena.«
    Ich klappe mein geheimes Notizbuch schon mal auf, weil ich darüber schreiben will, wenn ich die Nudeln aufgegessen habe.
    Plötzlich höre ich aus Nachbars Garten Männergeschrei. Das klingt nach Herrn Bellmann.
    »Seht ihr dort hinten das große Loch in der Hecke?«
    Irgendwer murmelt: »Ja, sehen wir.«
    »Gut, dann pflanzt genau dort die neuen Büsche hin und zwar so, dass wir von denen da drüben nichts mehr sehen, verstanden?«
    Erschrocken fahre ich hoch. Ich stelle meinen Teller mit dem Nudelrest auf Tante Antjes Ladebauch ab und sage zu Esmeralda: »Pfoten weg von meinem Essen. Sonst setzt es was.« Das habe ich von Herrn Bellman gelernt: »Sonst setzt es was!« Ich hatte diesen Ausdruck vorher noch nie gehört. Aber ich kann mir vieles vorstellen, was damit gemeint ist.
    Vielleicht fallen von seiner Wut die Mauern um oder die Bilder von der Wand und die Bücher aus dem Regal. Oder er schmeißt mit Torten, platsch, seiner Frau ins Gesicht.
    Esmeralda blinzelt, ich verstecke mein geheimes Notizbuch noch schnell unter einem Strauch und schleiche mich an die Hecke heran.
    Zwei Männer stellen stachelige Büsche hin, die von der Höhe her genau in das Loch passen.
    »Hallo«, sage ich mit gedämpfter Stimme. »Was sind das für Büsche?«
    »Stechpalmen, Ilex«, antwortet der Dickere von den beiden. »Scheißarbeit, die einzupflanzen. Dafür bräuchten wir eigentlich eine Ritterrüstung. Aber die stellt der Schreihals uns garantiert nicht zur Verfügung. Wieso gibt es überhaupt das Loch hier?«
    »Haben mein Bruder und ich reingeschnitten. Das Haus da drüben stand leer.« Mehr brauche ich denen nicht auf die Nase zu binden.
    »Saubere Arbeit. Und warum habt ihr das gemacht?«
    Na gut,

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